Century Love - Tödliches Fieber: Roman (German Edition)
Mittagessen gehen sollen … doch genau das tat ich nicht.
Halluzination
Londinium
152 n. Chr.
Dieser Duft. Er hatte ihn sofort erkannt. Sethos atmete tief ein, drehte sein Gesicht dorthin und öffnete die Augen.
Sie war da. Sie saß neben ihm auf einem Stuhl. Doch sie hatte das Gesicht abgewandt und schaute mit besorgter Miene aus dem Fenster in den Mond.
»Livia?«, flüsterte er.
Rasch sah sie ihn an und schenkte ihm ihr allerschönstes Lächeln.
»Sethos«, sagte sie leise und schaute dabei ängstlich zur Tür. Dann neigte sie den Kopf, bis ihre Lippen beinahe sein Ohr berührten. »Vibia hat uns kurz allein gelassen …«
»Deine Überzeugungskünste möchte ich haben …«, scherzte er und wollte ihre Hand nehmen.
»Ehrlich gesagt, tut sie es mehr, um Flavia zu ärgern, als für mich. Sie missbilligt Flavias … äh, Interesse.«
Er schloss die Augen und schluckte die Übelkeit hinunter, die ihn bei der Erinnerung an Flavias morgendliche Annäherung überkam.
»Hast du Durst?«, fragte Livia, die diese Regung missverstand.Sie nahm den Becher vom Tisch, hob sanft seinen Kopf an und half ihm beim Trinken. Er sah sie unverwandt an.
»Flavia ist gefährlich, Seth. Wenn sie etwas will, dann bekommt sie es auch.«
»Livia«, sagte er mit erstickter Stimme. »Ich will nur dich, ich werde nie eine andere begehren.«
»Seth«, flüsterte sie, als sie den Becher an seinen Mund führte, »die Schmerzen und das Fieber haben dich geschwächt. Du weißt nicht, ob du wach bist oder träumst. Und du kennst mich doch gar nicht …«
Mit wildem Blick schluckte er das Wasser. »Livia … dann sag mir, dass du meine Gefühle nicht erwiderst …«
Er hielt sie mit seinem Blick fest und fand die Antwort in ihren Augen. Doch er merkte auch, dass sie dagegen ankämpfte.
»Livia«, drängte er. »Wir dürfen nicht zulassen, dass die Angst uns auseinanderbringt.«
Vorsichtig ließ Livia seinen Kopf wieder aufs Kissen sinken und stellte den Becher auf den Tisch zurück. Als sie sich ihm entzog, spürte er sogleich einen schrecklichen Verlust. Instinktiv streckte er die Hand nach ihr aus und wie durch ein Wunder schloss sie sie in ihre Hände. Er seufzte zufrieden und hob sie an seine Wange. Von ihrem Duft wurde ihm schwindelig. Er streifte mit den Lippen über ihre Finger, hob den Blick und sah, dass sie weinte.
»Seth«, schluchzte sie. »Das geht nicht …«
»Psst – nein! Sag das nicht …« Er küsste ihre Finger. »Wir sind füreinander bestimmt.« Seth zog die Stirn kraus, als er diese Worte laut aussprach. Woher kam diese plötzliche Überzeugung? Er konnte Gefühlsduseligkeit nicht ausstehen,doch das hier war etwas ganz anderes. Dieses Mädchen hatte sein Universum vollkommen neu ausgerichtet. Jahrelang war es in seinem Leben einzig und allein darum gegangen zu überleben. Er hatte alles unternommen, um störende Gedanken und Gefühle abzutöten. Hoffnung, Vertrauen, Liebe – weg damit. Er wusste genau, dass er ohne diese radikale Verdrängung nicht überlebt hätte, doch jetzt ließ er auf einmal los und ging eine Verbindung mit einem anderen Menschen ein. Und statt um sein Leben zu fürchten, fühlte es sich an, als hinge es nun davon ab. Er konnte nicht ohne sie sein.
Doch Livia blickte in die Ferne und schüttelte den Kopf. »Das darf alles nicht sein«, sagte sie leise.
»Ich wusste es sofort, als ich dich gesehen habe«, flüsterte er und erinnerte sich an ihr Gesicht in der Arena.
»Aber, Sethos, alles hat sich gegen uns verschworen … mehr als du überhaupt wissen kannst.«
»Wir finden einen Weg. Wir brauchen nur ein wenig Zeit.«
»Aber wir haben keine Zeit. Ich muss fortgehen. Wenn ich hierbleibe, verheiraten sie mich …«
Er zuckte zusammen. »Wann?«
Ihre Stimme war ausdruckslos. »Der Tag steht fest. Bis zur Hochzeit werden keine zwei Wochen mehr vergehen.«
»Zwei Wochen?«, wiederholte er stumpf.
»Cassius Malchus will nicht warten.«
Cassius Malchus. Der Name kam ihm bekannt vor.
»Niemand wagt es, sich ihm zu widersetzen. Er ist sehr mächtig.«
»Wie mächtig?«
»Er ist Prokurator.«
»Ich fürchte mich nicht vor dem Prokurator«, sagte Sethos mit rauer Stimme. »Ich fürchte mich nur davor, dich zu verlieren.«
»Für dich bin ich schon verloren«, flüsterte Livia.
Seine Brust hob sich beim Reden und der Schmerz wütete erneut in seiner Schulter. Sein Mund war trocken. Er merkte, dass das Fieber ihm das Bewusstsein rauben wollte, und kämpfte dagegen an.
Livia
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