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Chiara Fontana - Das Möbiusband (German Edition)

Chiara Fontana - Das Möbiusband (German Edition)

Titel: Chiara Fontana - Das Möbiusband (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Bergmann
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Reichtum, Selbstbewusstsein und Ansehen der Familie begründet. Damit war es vorbei. Zu viele Schulden und eine endlose Reihe von Prozessen hatten Antonios Vater zur Aufgabe und schließlich zur Flucht nach Florenz gezwungen. Dort war er gestorben. An Leberzirrhose, wie Chiara von ihrem Vater wusste, der seinen Freund bis zuletzt behandelt hatte, an gebrochenem Herzen, wie Antonio voller Pathos versicherte.
    Antonios Großvater Giuseppe hatte es geschafft, das Gut über zwei Weltkriege zu bringen und es dabei noch zu vergrößern und auszubauen. Er war einer jener Männer gewesen, die man zu Lebzeiten fürchtet und hasst, unter deren Knute aber scheinbar alles noch groß und gut gewesen war, wenn man ihr Wirken im Rückblick betrachtet. Im Geschäft hatte er jede kleine Schwäche seiner Partner gnadenlos genutzt, der Familie war er ein Tyrann. Kein Frauenkittel entging ihm. Er hatte viele erobert. Mit guten Worten, mit Geschenken, mit Druck oder mit Gewalt. Gegen einen reichen, mächtigen Patron richtete die Beschuldigung einer armen Landarbeiterin oder Magd nichts aus. Die meisten wussten es und nahmen lieber seine Geschenke. Dennoch kam es zu einigen Skandalen, die jedoch allesamt folgenlos blieben. Giuseppe starb 1968 an einem Herzinfarkt. Den erlitt er während eines Wutanfalls, als er via Fernsehen die Studentenproteste in Paris direkt ins Wohnzimmer geliefert bekam. Die Familie, Federico ausgenommen, atmete auf. Giuseppe hinterließ seine Frau, vier eheliche und eine unbekannte Anzahl unehelicher Kinder. Kein Testament. Aber eine Vielzahl von Nachbarn, Geschäftspartnern und Ehemännern, die Rechnungen mit ihm offen hatten. Denen standen gegenüber: die Witwe Elena, die sich nach vier Jahrzehnten Ehehölle nur noch mit ihrem Rosenkranz beschäftigte. Der ältere Sohn, den sie nach dem Vater Giuseppe tauften, Zeit seines Lebens aber Giuseppino nannten, die Töchter Rosa und Eleonora und schließlich der jüngste Sohn, Antonios Vater Federico.
    Giuseppino hatte mit größter Mühe einige Schulklassen bewältigt und wurde danach als Knecht im Gut beschäftigt. Viele meinten, der Vater habe seinem Ältesten den Verstand von Kindheit an schlicht aus dem Leib geprügelt. Giuseppino interessierte sich nicht für Frauen, er interessierte sich für überhaupt keine Art von Sex. Er blieb zeitlebens ein weichherziger Mensch, der leicht weinte und sich mit Vorliebe um schwache und kranke Tiere kümmerte. Er versteckte sie vor Giuseppe, weil er wusste, was der mit schwachen und kranken Tieren tat. Als er vom Tod des Vaters erfuhr, fing er an zu lachen, laut und herzlich. Sie sperrten ihn in eine Kammer im Stall, damit er mit seinem Gelächter die Rituale des Todes nicht störte. Nach zwei Tagen heftigen Lachens weinte er ein bisschen. Dann nahm er sein einfaches Tagwerk wieder auf, als ob nichts geschehen wäre. Alle wussten, dass Giuseppino nicht die Nachfolge von Giuseppe antreten würde.
    Rosa und Eleonora hatten ohne ein Widerwort die Männer geheiratet, die ihr Vater für sie ausgesucht hatte. Sie lebten seit Jahren nicht mehr auf dem Gut. Sie wollten dort auch nie wieder leben. Sie und ihre Männer interessierte einzig ein möglichst großer Anteil am Erbe, am besten in bar.
    Blieb Federico. Seinen Jüngsten hatte Giuseppe geliebt. Er, der mit dem Rest der Familie umsprang wie ein Sklaventreiber mit unverkäuflicher Ware, hatte gegen Federico nie die Hand erhoben. Er überwachte persönlich seine Ausbildung, schickte ihn zuerst auf ein Gymnasium und danach auf eine angesehene Fachschule für Landwirtschaft und Weinbau. Er weihte ihn in viele Tricks und Kniffe des erfahrenen Weinbauern und hartgesottenen Geschäftsmanns ein. Dann starb er, ohne ein Testament zu hinterlassen. Er hatte wohl nie so recht daran geglaubt, dass sich der Tod wirklich einmal mit ihm anlegen würde. Federico übernahm mit 22 Jahren den Betrieb und zugleich alle Feinde Giuseppes, die darauf brannten, sich nun an seinem Lieblingssohn zu rächen. Vielen gelang es. Denn obwohl Federico gute Anlagen hatte und sich redlich bemühte, schien sein beherrschender Vater in seinem Leben gleich die Energien mehrerer Generationen von Parellos verbraucht zu haben. Federico war nicht aus seinem harten Holz geschnitzt. Er zeigte sich zu nachgiebig gegenüber den Ansprüchen der Verwandten, er machte Fehler im Geschäft, ihm fehlte der Killerinstinkt des Alten. Er wusste es und trank Mengen vom eigenen Wein. Dennoch hielt er das Gut noch mehr als ein

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