Chili extra hot
über die eigenen Gedanken. So weit war es schon mit ihm gekommen?
In diesem Augenblick sah Macy zu ihm auf. Wie sie es immer wieder schaffte, diesen unschuldigen Ausdruck auf ihr Gesicht zu zaubern? Sie war alles andere als unschuldig. Nicht umsonst hatte sie eine Spinne als Logo gewählt: Macy Webb, die Schwarze Witwe, die ihre klebrigen Fäden nach den Männern auswarf.
Macy schlang die Arme um seine Taille. Sogar mit Absätzen wäre sie zu klein gewesen, um seinen Nacken zu erreichen, doch ihre hochhackigen Schuhe lagen natürlich noch unter dem Tisch, wo sie sie abgestreift hatte. “Willst du tanzen?”, fragte sie. “Oder suchst du nur einen Vorwand, um mich zu begrapschen?” Es war ihr deutlich anzusehen, dass sie nur mit Mühe ernst bleiben konnte.
Er versuchte verzweifelt, einen klaren Kopf zu behalten, aber das durfte er dieser Frau, die seine Vorstellungen vom anderen Geschlecht so durcheinandergewirbelt hatte, auf keinen Fall verraten. “Was ich wirklich will, behalte ich lieber für mich”, meinte er knapp.
“Warum? Glaubst du, du könntest mich schockieren?” Wieder warf sie ihm einen Blick zu, als könnte sie kein Wässerchen trüben.
Leo fragte sich, wen sie mit der Rolle der frechen Göre täuschen wollte. Er wusste längst, dass sie eine Vollblutfrau war, eine Frau, der er es zutraute, sein Weltbild völlig umzukrempeln. Er schüttelte abwehrend den Kopf. “Lass gut sein. Diese Nummer zieht bei mir nicht mehr.”
Sie zuckte die Schultern. “Na und? Bildest du dir wirklich ein, das stört mich?”
Leo schmunzelte. “Du bist eine lausige Lügnerin. Vor einem Geschworenengericht kämst du damit nicht durch.” Unauffällig bewegte er sich immer weiter von den übrigen Gästen weg in Richtung Eingang. Macy schien es entweder nicht zu bemerken oder einverstanden zu sein, denn sie legte den Kopf an seine Brust und schwieg – für eine Weile.
“Was ist der Unterschied zwischen einem Anwalt und einem Vampir?”, fragte sie plötzlich.
Leo seufzte. “Der Vampir saugt seine Opfer nur nachts aus.”
“Hm. Und der Unterschied zwischen einem Anwalt und einem Blutegel?”
“Der Blutegel lässt von seinem Opfer ab, wenn er es ausgesaugt hat.”
Macy knirschte mit den Zähnen. “Hätt ich mir eigentlich denken können, dass du auch die ekligen Witze kennst.”
Leo wirbelte sie ein paar Mal herum, bis sie mitten in dem mit kostbarem italienischem Marmor ausgelegten Eingangsbereich des Apartments standen. “Du bist ein hoffnungsloser Fall, Macy. Kannst du nicht mal eine Sekunde lang ernst bleiben?”
“Das ist noch gar nichts im Vergleich zu dir.” Macy sah ihm tief in die Augen. Sie hielten sich immer noch eng umschlungen, obwohl sie sich nicht mehr bewegten. “Du hast doch sicher schon als Kind lieber Anwalt gespielt als getobt, stimmt’s?”
Unter ihrem eindringlichen Blick wurde es Leo heiß. Das Pulsieren zwischen seinen Schenkeln hatte nicht nachgelassen. Impulsiv presste er Macy an sich. “Mir ist jetzt aber ganz und gar nicht nach Spielen zumute”, stieß er hervor.
Macy lächelte wissend. “Ach nein? Hast du noch nie davon gehört, dass man auch einfach nur Spaß haben kann?”
Er wusste, sie meinte damit ihr kleines Intermezzo am Tag zuvor. Zu dem Abenteuer unter der Dusche war es nur gekommen, weil Leo Macy provoziert hatte. Dafür hatte sie sich mit ihrem Flirt über und unter dem Tisch gerade revanchiert. Jetzt war er wieder an der Reihe, auf Rache zu sinnen – wenn niemand diesen teuflischen Kreislauf durchbrach.
Macy hatte vollkommen recht. Was sie miteinander erlebt hatten, hatte nichts damit zu tun, ob es ihn beruflich weiterbrachte oder ihn als Mann bestätigte. Macy war eine intelligente, schlagfertige und begehrenswerte Frau. Er fühlte sich wohl in ihrer Gesellschaft. Es war völlig belanglos, ob es ihm gelang, sie zu beeindrucken oder nicht. Warum versuchte er es trotzdem immer wieder, anstatt ihr Zusammensein einfach zu genießen und Spaß zu haben?
War er noch ganz bei Trost? Sein Leben verlief ganz geradlinig. Er verfolgte nur ein einziges Ziel: Er wollte zu den Besten gehören. Daher umgab er sich nur mit Leuten, die seinen Zwecken dienlich waren. Wenn es sein musste, scheute er nicht davor zurück, sich in die richtige Gesellschaft einzukaufen. Bei allem, was er tat, verlor er nie seine Absicht aus den Augen. Warum war er also noch hier?
Oder bedeutete der Erfolg doch nicht alles im Leben? Gab es vielleicht auch andere, erstrebenswertere Dinge?
Weitere Kostenlose Bücher