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Chill mal, Frau Freitag

Titel: Chill mal, Frau Freitag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frau Freitag
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Verhältnisse sind sie begeistert.
    Aber wie viel Begeisterung braucht ein Schüler, um sich daran zu erinnern, seine Eltern einen Zettel unterschreiben zu lassen und ihnen 40 Euro aus den Rippen zu leiern? Ich habe keine Ahnung, was mich erwartet. Von »Hier sind 50 Euro – behalten Sie den Rest« bis »Ach, Heidepark ist doch schwul, ich will da doch nicht hin« rechne ich mit allem.
    Ansonsten bin ich gut gerüstet für diesen Donnerstag – da werden nämlich alle Klassenstufen, die das Glück haben, von mir unterrichtet zu werden, die Flaggen der WM-Teilnehmer ausmalen. Dank der innovativen Frau Dienstag retten wir uns nun schon über diverse WMs und EMs mit dem gleichen Arbeitsblatt. Ich bin mal wieder der Klassenstreber und übertrieben pünktlich. Zehn Minuten vor dem Klingeln schlendert Ronnie rein. Grinsend. Gar nicht schlecht gelaunt, wie in den letzten Monaten. Der wird doch nicht etwa Geld dabei haben?
    »Was ist mit dir, Ronnie, jetzt sag nicht, dass du die 40 Euro mit hast.«
    »Hier«, sagt er stolz und knallt mir zwei Zwanziger aufs Pult. Kramt in seiner Hosentasche und legt die Einverständniserklärung dazu. Ich bin platt und lege gleich eine Liste an: Name / Geld / Brief.
    Ordentlich schreibe ich: Ronnie / 40 Euro / Brief: ja.
    Dann kommt Samira: »Hier, Frau Freitag, das Geld und der Brief.« Dann Marcella: Geld, Brief und sogar Jobcenter-Zettel. Die Jobcenter-Zettel brauchen die Schüler, um nachzuweisen, dass ihre Familien Hartz IV beziehen und sie deshalb vom Schulbuchkauf befreit sind. Diesen Bescheinigungen rennt der Klassenlehrer normalerweise wochenlang hinterher. Die Zettel haben gar nichts mit dem Heidepark zu tun – ich habe sie als reine Erpressungsmaßnahme mitgefordert.
    Ich komme aus dem Schreiben gar nicht mehr raus. Gegen 8.20 Uhr trudeln die restlichen Schüler meiner Klasse ein. Sie drängen sich um mich und halten mir Einverständniserklärungen und 50-Euro-Scheine unter die Nase. Ich mache Peter zu meinem Assistenten. Er kontrolliert die Briefe der Eltern. Neben mir steht Ayla und überwacht, ob ich auch alles richtig aufschreibe: »Wie viele haben wir jetzt, Frau Freitag?«
    »Im Moment sind es dreizehn. Wir brauchen zweiundzwanzig. Wenn wir nur zwanzig sind, dann muss jeder noch zwei Euro zahlen. Aber unter zwanzig geht nicht! Und dann muss ja noch die Klasse von Frau Kriechbaum bezahlen.«
    Mehmet hat schon sehr früh bezahlt und wollte dann noch schnell zu Frau Frenssen, was wegen der Note regeln. Jetzt fällt mir auf, dass er gar nicht mehr wiederkommt. Er kommt auch nicht zu den nächsten beiden Stunden. Aber bezahlt hat er. Um
    8.05 Uhr. Abdul kommt. Alle schreien: »Abdul, los, gib Frau Freitag das Geld!«
    »Ich hab kein Geld.«
    Alle denken, Abdul scherzt, und er wird von allen Seiten bedrängt. »Ich habe mich gestern mit meinem Vater gestritten. Ich kann das Geld erst am Montag mitbringen.«
    Ich sage: »Montag ist zu spät. Ich brauche es heute. Du kannst das doch erst mal von deinem Taschengeld bezahlen. Du hast doch Geld. Ihr bekommt doch an den Feiertagen immer so viel Kohle. Leih dir das doch heute zusammen.«
    »Nein, ich hab kein Geld. Ich hab mein Geld in Gold angelegt.« Dieser Abdul, jedes Jahr drei oder vier Ausfälle, aber in Gold investieren.
    Am Ende der Stunde habe ich von achtzehn Schülern Geld und Briefe bekommen und sogar überproportional viele Job-center-Zettel.
    Ich bin sehr stolz auf meine Klasse und auch auf mich. Wenn ich mich für deren Danebenheit verantwortlich fühle, dann kann ich jetzt auch mal stolz sein. Aber achtzehn ist nicht zwanzig und schon gar nicht zweiundzwanzig.
    Ich gehe ins Lehrerzimmer und erzähle stolz, dass meine Klasse zum ersten Mal zuverlässig war. Dann hänge ich mich ans Telefon und storniere die Busreservierung.
    Einen Tag später haben noch drei weitere Schüler bezahlt. Abdul ist schwer krank, lässt aber ausrichten, dass er ganz bestimmt am Montag bezahlt. Tja. Ich hätte also zweiundzwanzig zahlende Schüler gehabt, aber jetzt habe ich keinen Bus mehr. Fiese Frau Freitag! Meine kleine Rache für all die Scheiße, die sich meine Klasse das ganze Jahr, ach, was sag ich, die letzten drei Jahre geleistet hat. Und wenn jetzt einer von denen, wie zu erwarten ist, seine Schulbücher nicht bis Ende nächster Woche abgibt, dann habe ich ja von jedem noch 40 Euro. Ich schreibe auch gerne eine Quittung und werde das Restgeld ordentlich an die Eltern überweisen. Ja, so kennt man Frau Freitag gar nicht. Frau Freitag

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