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Chill mal, Frau Freitag

Titel: Chill mal, Frau Freitag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frau Freitag
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letzten Kraftreserven und trete vor meine gespannte Klasse. Ich verkünde, dass wir fahren und zische hinterher, dass ich beim kleinsten Vergehen in Richtung Zigaretten und Alkohol sofort die Eltern anrufe und die Kinder kostenpflichtig von den Vätern abholen lasse, dass sie dann eine fette Jahrgangsausschusssitzung mit Eltern und allen Lehrern der Klasse – also so eine Art Gerichtsverhandlung – erwartet und sie sich jegliches Vergnügen im nächsten Schuljahr von der Backe putzen können. Die verdächtigen Kandidaten spreche ich vor allen anderen noch mal ganz persönlich an und male ihnen jeweils ihre düstere Zukunft aus, sollten sie sich nicht an meine Gebote halten. Dann schließe ich mit einer etwas milderen Moral: »Wer sich im Heidepark nicht ohne Alkohol amüsiert, der schafft das auch nicht mit.« Innerlich grummle ich: »Es wird Taschenkontrollen geben, Atemproben und ich werde jedes Getränk vorkosten …«
    Wir waren Heidepark!
    Es ist endlich vollbracht. I did it. Ich bin Heidepark-entjungfert. Und wie war’s, Frau Freitag? Na ja, ich sag mal, jeden Tag brauche ich das nicht. Und ich wurde nicht enttäuscht, war alles dabei:
Taschenkontrolle
Grölende Schüler im Bus: »Wieso, wir müssen doch Party machen!«
Hitzschlag: »Ich habe nichts gefrühstückt und auch nichts zu essen oder zu trinken dabei.«
Kotzende Kinder: »Esra hat sich einmal dort und einmal da hinten übergeben.« – » Vallah , Emre hat beim Looping gekotzt. Das hätten Sie sehen müssen!« – Emre: »Frau Freitag, mir ist schlecht von der Achterbahn. Haben Sie Tüte?«
Klitschnasse Schüler: »Wir waren alle in dem See bei der Freiheitsstatue und dann war da so was Grünes im Wasser und Samira ist voll ausgerutscht. Wir haben uns weggeschmissen!«
Belehrungsresistenter Abdul mit verdächtiger Plastiktüte. »Abdul, komm her. Gib mir mal die Tüte.« Zwei halbvolle Colaflaschen und Kaffeebecher. »Mach mal auf, hier gieß mir mal was ein. Iiih, was ist das – Weinbrand?« Kollege Willy: »Und hier ist Wodka drin …« Endlose Inquisition und Abduls Versuche, seinen Kopf zu retten: »Ich habe die Tüte nur gehalten, für diesen einen Jungen. Nein, Namen kenne ich nicht. Aussehen? Vergessen. Getrunken hab ich nicht. Ich bin doch Moslem, ich bete fünf Mal am Tag. Wenn ich trinke, dann darf ich vierzig Tage nicht mehr beten.«
Abdul nennt Namen. Nach einer Stunde sieht es so aus, als hätten alle Schüler getrunken und gekifft. Die Beschuldigten werden befragt. Jeder ist empört und nennt wieder neue Namen. Fehlt nur noch, dass sie sagen, dass sie den Alkohol von mir haben und ihnen der Schulleiter das Gras zugesteckt hat. Abdul soll uns den Jungen zeigen. Der ist plötzlich weg: »Irgendwie ist der gar nicht im Bus.«
Ich schleppe den ganzen Nachmittag zwei gepanschte Colaflaschen in einer abgeranzten Rewe-Tüte durch den Park: Beweismittel. Kurz vor der Ankunft zu Hause bestelle ich Abduls Mutter für den nächsten Tag in die Schule. Dann geht die Beweisaufnahme weiter. Abdul muss bluten. Sorry, Dummheit muss bestraft werden. Vor allem, weil er auf der Rückfahrt entgegenkommende LKW-Fahrer auf der Autobahn mit einem Laserpointer geblendet hat.
Nette Busfahrer gab es auch: »Möchten Sie nicht mindestens zehn Schüler hier auf dem Rastplatz lassen?« – »Ich möchte ja nicht mit Ihnen tauschen.« Da hatten wir mal was gemein. Frage des Busfahrers an Emre: »Verstehst du Deutsch? Bist du der deutschen Sprache mächtig?« Emres Mutter ist »Bio-Deutsche« und wir sind eine 9. Klasse einer deutschen Schule.
»Frau Freitag, haben Sie nicht gemerkt, dass Emre im Klo gekifft hat?«
Klassendifferenzen: »Frau Freitag, also mit deiner Klasse geht das gar nicht, die sind oben so laut.« (Wir hatten voll Doppeldeckerbus. Samira und ihre Bande oben in der ersten Reihe: »Voll gemütlich hier.« – »Ja, vallah , voll schööön.«)
Dubioses Vertrauen: »Mir fehlen 50 Euro. Ich hatte ihm meine Tasche gegeben, da war das Geld noch drin. Dann war es weg. Aber er sagt, er hat es nicht genommen. Und ich glaube ihm.« Tja …
    Aber es gab auch:
    »Die Holzbahn ist bombastisch!« – »Frau Freitag, hier ist sooo Hammer!« – »Das war der schönste Wandertag jemals.« – »Hier ist sooo schööön!« – »Wir sind alles dreimal gefahren!« – »Hat sooo Spaß gemacht!« – »Morgen bin ich krank. Wenn ich die Augen zumache – ich denke, ich bin Holzachterbahn.« – »Perfekter Tag!« – »Und jetzt noch der Sonnenuntergang, voll

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