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Chroniken der Schattenjäger 1 - Clockwork Angel

Chroniken der Schattenjäger 1 - Clockwork Angel

Titel: Chroniken der Schattenjäger 1 - Clockwork Angel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Clare
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Tante Harriet war die pragmatischste Frau der Welt. Sie hätte davon gewusst, oder nicht? Sie war die jüngere Schwester meiner Mutter - meine Eltern hatten sie von London aus nach Amerika mitgenommen. Sie hätte doch etwas davon wissen müssen!«
    »Viele Menschen haben Geheimnisse, Tessa, manchmal sogar vor denjenigen, die sie lieben.« Charlotte strich mit den Fingerspitzen über den Einband des Codex und zeichnete das eingeschnittene Emblem nach. »Und Sie müssen eingestehen, dass das Ganze durchaus einen Sinn ergibt.«
    »Einen Sinn? Für mich ergibt das überhaupt keinen Sinn!«
    »Tessa ...« Charlotte seufzte. »Wir wissen nicht, wieso Sie Ihre besondere Fähigkeit besitzen. Aber falls eines Ihrer Elternteile irgendwelche Verbindungen zur Welt der Magie unterhalten hat, wäre es da nicht naheliegend, dass Ihre Fähigkeit etwas mit dieser Verbindung zu tun haben könnte? Wenn Ihr Vater ein Mitglied des Pandemonium Clubs gewesen ist, könnte das nicht der Grund dafür sein, dass de Quincey überhaupt von Ihnen wusste?«
    »Vermutlich schon«, räumte Tessa widerwillig ein. »Aber ... aber als ich nach London kam, war ich so fest davon überzeugt, dass all das, was mir widerfuhr, nur ein Traum sein konnte, ein schrecklicher Albtraum. Ich war mir sicher, dass mein Leben in New York real gewesen war - und nicht das in London. Und ich dachte, wenn es mir nur gelänge, Nate zu finden, könnten wir nach Hause zurückkehren und unser altes Leben wieder aufnehmen.« Sie schaute Charlotte direkt in die Augen. »Aber jetzt komme ich nicht umhin, mich zu fragen, ob vielleicht mein Leben in Amerika nur ein Traum war und dies hier nun der Wahrheit entspricht. Falls meine Eltern wirklich vom Pandemonium Club wussten ... falls sie tatsächlich ein Teil der Verborgenen Welt gewesen sind, dann gibt es für mich keinen Ort, an den ich zurückkehren könnte, welcher nicht davon betroffen ist.«
    Charlotte, deren Hände noch immer in ihrem Schoß lagen, schaute Tessa ruhig an. »Haben Sie sich je gefragt, warum Sophies Gesicht so verunstaltet ist?«
    Die Frage traf Tessa vollkommen unvorbereitet und sie konnte nur stammelnd erwidern: »Ich ... der Gedanke ... Natürlich ist mir dieser Gedanke schon gekommen, aber ich wollte nicht fragen.«
    »Und das war auch richtig so«, erklärte Charlotte mit kühler, fester Stimme. »Als ich Sophie das erste Mal sah, kauerte sie schmutzig und schluchzend in einem Torbogen, einen blutigen Lappen gegen die Wange gedrückt. Sie hatte mich gesehen, als ich an ihr vorbeiging, obwohl ich mich zu diesem Zeitpunkt in Zauberglanz gehüllt hatte. Und das war auch der Grund, weshalb sie überhaupt meine Aufmerksamkeit weckte. Sophie besitzt das zweite Gesicht, genau wie Thomas und Agatha. Ich habe ihr damals Geld angeboten, doch sie lehnte ab. Es gelang mir schließlich, sie zu überreden, mich in einen nahe gelegenen Teesalon zu begleiten. Und dort erzählte sie mir ihre Geschichte. Sie war ein Stubenmädchen gewesen, in einem vornehmen Haus in St. John's Wood. Natürlich werden Stubenmädchen vorrangig wegen ihres hübschen Äußeren ausgewählt und Sophie war eine Schönheit - was sich für sie als Segen und Fluch zugleich entpuppte. Wie Sie sich sicher vorstellen können, zeigte der Sohn des Hauses schon bald Interesse an ihr und versuchte, sie zu verführen. Sophie wies ihn jedoch wiederholt zurück. In einem Wutanfall griff er zum Messer, schlitzte ihr die Wange auf und rief: Wenn er sie nicht haben könne, würde er dafür sorgen, dass auch kein anderer Mann sich jemals wieder für sie interessieren würde.«
    »Wie schrecklich«, wisperte Tessa.
    »Sophie wandte sich an ihre Dienstherrin, die Mutter des jungen Mannes, aber er behauptete, sie habe versucht, ihn zu verführen, und er habe zum Messer greifen müssen, um sie abzuwehren und seine Ehre zu verteidigen. Und natürlich hat man Sophie aus dem Haus geworfen. Als ich sie auf der Straße fand, hatte sich ihre Wange bereits schlimm entzündet. Ich brachte sie hierher und ließ sie von den Brüdern der Stille behandeln, die zwar die Entzündung heilen konnten, nicht aber die Narbe.«
    Unwillkürlich hatte Tessa ihre Hand an die eigene Wange gehoben. »Arme Sophie«, flüsterte sie voller Mitgefühl.
    Charlotte neigte den Kopf leicht zur Seite und betrachtete Tessa aus leuchtend braunen Augen. Die Schattenjägerin besaß eine solch starke Ausstrahlung, überlegte Tessa, dass sie manchmal vergaß, wie klein Charlotte tatsächlich war, wie

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