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Chroniken der Schattenjäger 2 - Clockwork Prince

Titel: Chroniken der Schattenjäger 2 - Clockwork Prince Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Clare
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ein heiseres Röcheln. »Für die Dinge, die ich getan habe ... tun musste, gibt es keine Entschuldigung ... sie sind unverzeihlich.«
    Tessa verstärkte den Griff um seine Hand, während sein Blut an ihren Fingern herablief. »Ich verzeihe dir«, wisperte sie, nicht wissend, ob das der Wahrheit entsprach. Aber es kümmerte sie auch nicht.
    Nates blaue Augen wurden riesengroß. Sein Gesicht hatte inzwischen die Farbe von vergilbtem Pergament angenommen, seine Lippen schimmerten fast weiß. »Du weißt nicht, was ich alles getan habe, Tessie.«
    Besorgt beugte Tessa sich vor. »Nate?«
    Doch sie erhielt keine Antwort mehr. Nates Gesicht erschlaffte, seine weit aufgerissenen Augen drehten sich nach innen. Dann glitt seine Hand aus ihren blutverschmierten Fingern und schlug auf dem Boden auf.
    »Nate«, sagte Tessa erneut und legte einen Finger an die Stelle, wo sein Herzschlag in der Kehle hätte pulsieren müssen. Doch sie wusste bereits, dass sie keinen Puls mehr finden würde.
    Nate war tot.

    Langsam stand Tessa auf. Ihre zerrissene Weste, ihre Hose, ihr Hemd und sogar die Spitzen ihrer langen Haare waren mit Nates Blut getränkt. Sie fühlte sich am ganzen Körper so taub, als hätte man sie in eiskaltes Wasser getaucht. Benommen drehte sie sich um und fragte sich nun zum ersten Mal, ob die anderen sie beobachtet, ihr Gespräch mit Nate mitgehört hatten ...
    Aber die Nephilim schauten nicht einmal in ihre Richtung: Charlotte, Jem und Henry knieten in einem Kreis um eine dunkle Gestalt am Boden, genau an der Stelle, an der Tessa kurz zuvor selbst gelegen hatte, mit Will schützend über ihr.
    Will.
    In ihren Albträumen hatte sie schon öfter solch ein Szenario durchlitten: Sie lief durch einen langen düsteren Flur, steuerte auf etwas Schreckliches zu - etwas, das sie zwar nicht sehen konnte, aber von dem sie genau wusste, dass es furchtbar und unerbittlich war. Und mit jedem Schritt war der Flur länger und länger geworden, hatte sich immer weiter in Dunkelheit und Entsetzen erstreckt. Genau dieses Gefühl der Angst und Ohnmacht überwältigte sie auch jetzt in diesem Moment, als sie sich in Bewegung setzte: jeder Schritt eine gefühlte Meile, bis sie den Kreis der knienden Schattenjäger erreichte und auf Will hinabblickte.
    Er lag auf der Seite. Sein Gesicht war kreidebleich, sein Atem ging flach. Jem hatte ihm eine Hand auf die Schulter gelegt und sprach leise und besänftigend auf ihn ein, doch Will gab durch nichts zu verstehen, dass er ihn hören konnte. Unter ihm hatte sich eine Blutlache gebildet, die sich über den Boden ausbreitete. Einen Moment lang starrte Tessa ratlos darauf, unfähig zu begreifen, woher diese Blutmenge kam. Dann trat sie einen Schritt näher und konnte seinen Rücken sehen. Wills Kampfmontur war auf Höhe der Schulterblätter und entlang der Wirbelsäule vollständig zerrissen, das robuste Material von herumfliegenden, messerscharfen Metallsplittern zerfetzt. Blut strömte an seiner Haut herab, tränkte seine Haare.
    »Will«, wisperte Tessa. Ihr war seltsam schwindlig zumute, als würde sie schweben.
    Charlotte schaute zu ihr hoch. »Tessa«, sagte sie leise. »Was ist mit deinem Bruder ...«
    »Nate ist tot«, murmelte Tessa wie durch einen Nebel. »Aber Will ...?«
    »Er hat dich zu Boden gestoßen und sich dann mit seinem Körper auf dich geworfen, um dich vor der Explosion zu schützen«, erklärte Jem ohne den geringsten Vorwurf in der Stimme. »Aber er selbst war vollkommen ungeschützt. Ihr beide wart der Explosion am nächsten. Die Metallsplitter haben ihm den Rücken zerfetzt. Und er verliert sehr schnell sehr viel Blut.«
    »Könnt ihr denn nichts dagegen unternehmen?«, fragte Tessa mit erhobener Stimme, trotz des Schwindelgefühls, das sie zu überwältigen drohte. »Was ist mit euren Heilrunen? Den Iratzen ?«
    »Wir haben ihn mit einer Amissio versehen, einer Rune, die den Blutfluss verringert, aber wenn wir versuchen würden, ihn mit einer Heilrune zu behandeln, würde sich seine Haut über den Metallsplittern schließen und diese noch tiefer in das Gewebe treiben«, erläuterte Henry tonlos. »Wir müssen ihn unbedingt ins Institut schaffen, auf unsere Krankenstation. Erst wenn die Splitter vollständig entfernt sind, kann er geheilt werden.«
    »Worauf warten wir dann noch?«, rief Tessa mit zittriger Stimme. »Lasst uns aufbrechen ...«
    »Tessa«, sagte Jem in diesem Moment. Seine Hand lag noch immer auf Wills Schulter, doch er starrte sie mit großen Augen an.

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