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Cirrus Flux - Der Junge, den es nicht gab

Cirrus Flux - Der Junge, den es nicht gab

Titel: Cirrus Flux - Der Junge, den es nicht gab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Skelton
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verblüfft die Lichtwellen über der Stadt anstarrte.
    »Ja. Das, was dein Vater am anderen Ende der Welt entdeckt hat«, sagte Mr Hardy. »Der Blitz, der eben das Observatorium getroffen hat, muss ihn aus der Kugel befreit haben.«
    »Der Atem Gottes?« Cirrus war schwindlig geworden.
    Erst jetzt sah er das ganze Ausmaß der Verwüstung unter sich. Das Observatorium war zerstört, die Fenster zerbrochen, das Dach weggefegt. Er drückte das Fernglas fester an die Augen, trotzdem konnte er nichts als Trümmer erkennen.
    Mr Hardy legte ihm die Hand auf die Schulter, aber Cirrus schüttelte sie ab.
    »Bitte, lassen Sie mich runter!«, sagte er. »Mein Freund ist da drin. Ich muss ihm helfen!«
    »Ich glaube kaum, dass er noch lebt«, sagte Mr Hardy leise.
    Doch Cirrus hörte nicht zu und schüttelte den Kopf. Er zitterte am ganzen Leib. »Nein! Er kann noch am Leben sein. Ich muss ihn finden!«
    Pandora hatte sich abgewandt, in ihren Augen standen Tränen.
    Mr Hardy machte ein ernstes Gesicht, doch schließlich nickte er. Er verlagerte sein Gewicht, steuerte den Korb auf die Überreste des Daches zu und gab Alerion mit gedämpfter Stimme Anweisungen.
    Sie sanken zum Verzweifeln langsam, weil kein Wind mehr blies. Cirrus hatte den Blick starr auf das Dach gerichtet, er hoffte so sehr auf ein Lebenszeichen seines Freundes, hoffte, Bottle Top hätte der Vernichtung irgendwie entgehen können. Doch in der ruinierten Hülle des Observatoriums war kein Anzeichen von Leben mehr.
    Sobald der Korb aufgesetzt hatte, sprang Cirrus über den Rand. Ein Anker war nicht nötig, die Luft war still und unbewegt. Der wunderbare Schleier über der Stadt strahlte ein makelloses Licht aus, kalt und ruhig.
    Cirrus stieg über ein zertrümmertes Fenster, seine Schritte knirschten auf zerbrochenem Glas. In der Luft trieb Staub, vom Boden wirbelten Rauchsäulen auf, und Tränen stiegen ihm in die brennenden Augen. Überall lagen haufenweise zerbrochene Möbel und umgestürzte Geräte durcheinander.
    Mr Sidereal fand er zuerst. Der Mann lag mitten im Raum, ein paar Meter von seinem Stuhl entfernt, eine verschrumpelte Puppe. Er rührte sich nicht. Nach einem flüchtigen Blick musste Cirrus sich abwenden, er konnte den Anblick der Hand nicht ertragen: ein schwarzer Stumpf ohne Finger.
    Die verformte Kugel lag dicht daneben. Der Rest ihres wunderbaren Lichtes war daraus entwichen und schimmerte am Himmel. Nun konnte niemand mehr einen Nutzen daraus ziehen. Wie betäubt drehte Cirrus die Hälften zusammen und band die Kugel um seinen Hals.
    Zitternd setzte er seine Suche fort, stolperte über Trümmer.
    Da sah er ein dünnes weißes Bein unter einem Stoffhaufen herausragen, ein schwarzer Vorhang war hier zu Boden gerissen worden. Stumm bückte er sich und holte tief Luft. Er hatte Angst vor dem, was er darunter finden könnte, trotzdem zog er den Stoff langsam beiseite.
    Ein Schluchzen stieg ihm in den Hals.
    Er stand vor seinem toten Freund. Bottle Top – seine Rosshaarperücke vom Feuer versengt, seine schönen neuen Kleider zerfetzt und zerrissen, der rechte Arm unter ihm verdreht, lag er da. Sein Kopf war himmelwärts gewandt, doch seine Augen blickten trüb und ausdruckslos.
    Cirrus starrte ihn einen Moment an, dann brach ein tiefer kehliger Laut aus seinem Inneren hervor. Heiße Tränen liefen ihm über die Wangen.
    Pandora und Mr Hardy waren abseits stehen geblieben. Sie wollten ihn in seiner Trauer nicht stören. Schließlich legte Mr Hardy Pandora den Arm um die Schultern und führte sie behutsam weg.
    »Komm, wir schauen nach dem Mondsegelschiff«, sagte er.
    Irgendwann rappelte Cirrus sich auf. Er fühlte sich verletzt und zerrissen, als sei er selber eins dieser Trümmerteile, seine Augen waren gereizt und brannten. Auf der Dachkante sah er Pandora und Mr Hardy sitzen, und schwerfällig, auf wackligen Beinen, schlurfte er zu ihnen hinüber.
    Die Stadt unter ihnen lag verlassen, bis auf eine einsame Gestalt, die unglücklich in den Himmel starrte. Madame Orrery. Sie ging auf der Straße hin und her und raufte sich die Haare. Wieder und wieder hatte sie an der Tür zu Mr Sidereals Haus gehämmert, doch da war niemand mehr, der sie hätte einlassen können.
    Endlich gab sie die Hoffnung auf, fuhr davon und ließ sie allein zurück.
    Cirrus sah wieder hinauf in das bläuliche Licht, das immer noch über ihnen schimmerte, allerdings schwächer. Allmählich begann es, sich aufzulösen. Er dachte an das, was ihm der Mann gesagt hatte: dass

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