City of Lost Souls
erhofft und wäre stattdessen mit einem Höllenhund überrascht worden. Sie sah zu, wie Alec seiner Schwester liebevoll durch die Haare fuhr, dann nickte und sie losließ.
»Wir gehen gemeinsam«, verkündete er. »Aber ich muss wenigstens Magnus erzählen, was wir vorhaben. Alles andere wäre nicht fair.«
»Du kannst mein Handy benutzen«, sagte Isabelle und streckte ihm das zerbeulte pinkrosa Mobiltelefon entgegen.
Doch Alec schüttelte den Kopf. »Er wartet unten, zusammen mit den anderen. Du wirst Luke ebenfalls irgendeine Ausrede auftischen müssen, Clary. Denn ich bin mir sicher, er erwartet, dass du ihn nach Hause begleitest. Außerdem meinte er, dass es deiner Mutter wegen dieser ganzen Geschichte ziemlich mies geht.«
»Sie gibt sich die Schuld an Sebastians Existenz.« Clary stand auf. »Auch wenn sie die ganze Zeit gedacht hat, er wäre tot.«
»Das ist doch nicht ihr Fehler.« Isabelle nahm die goldene Peitsche vom Wandhaken und wickelte sie um ihr Handgelenk, sodass sie wie eine Reihe glänzender Armbänder wirkte. »Und es macht ihr doch auch niemand einen Vorwurf.«
»Das spielt keine Rolle«, wandte Alec ein. »Nicht, wenn man sich selbst die Schuld gibt.«
Schweigend machten die drei sich auf den Weg durch die Gänge des Instituts, in dem es untypischerweise von Schattenjägern nur so wimmelte. Einige der Nephilim gehörten den Spezialeinheiten an, die Idris zur Unterstützung in diesem Fall entsandt hatte. Aber niemand von ihnen schenkte Isabelle, Alec oder Clary besondere Beachtung. Anfangs hatte Clary das Gefühl gehabt, man würde sie von allen Seiten anstarren, und geflüsterte Bemerkungen wie »Valentins Tochter« hatten sie beinahe dazu gebracht, nicht mehr ins Institut zu kommen. Doch inzwischen hatte sie oft genug vor dem Rat ausgesagt, dass ihr Anblick für die meisten Schattenjäger nichts Besonderes mehr war.
Der Aufzug brachte sie hinunter in das Mittelschiff des Instituts, das mit Elbenlichtfackeln und Wachskerzen hell erleuchtet war. Zahlreiche Ratsmitglieder und ihre Familien standen in den Gängen und unterhielten sich. Luke und Magnus saßen in einer der Kirchenbänke, in ein Gespräch vertieft. Daneben entdeckte Clary eine groß gewachsene Frau mit blauen Augen, die genau wie Luke aussah. Ihre eigentlich grauen Haare waren braun gefärbt und lockig, doch Clary erkannte sie trotzdem wieder: Lukes Schwester Amatis.
Als Magnus Alec erblickte, stand er auf und ging zu ihm hinüber; Izzy schien eine Bekannte in einer der anderen Bänke zu erspähen und marschierte direkt auf sie zu – wie üblich, ohne irgendjemandem zu erzählen, was sie vorhatte. Clary schlenderte hinüber zu Luke und Amatis; beide wirkten sehr erschöpft und Amatis klopfte ihrem Bruder mitfühlend auf die Schulter. Luke umarmte Clary und auch Amatis gratulierte ihr zu ihrem Freispruch, woraufhin sie stumm nickte. Sie fühlte sich wie betäubt, als wäre sie gar nicht richtig anwesend, und reagierte mehr oder weniger auf Autopilot.
Aus dem Augenwinkel sah sie Magnus und Alec. Die beiden unterhielten sich, die Köpfe dich beieinander – so wie Clary es auch schon bei anderen Paaren beobachtet hatte: einander eng zugewandt, allein in ihrem eigenen, kleinen Universum. Obwohl Clary sich freute, die beiden glücklich zu sehen, schmerzte sie der Anblick. Und sie fragte sich, ob sie selbst etwas Ähnliches jemals wieder erleben würde oder es überhaupt erleben wollte. Unwillkürlich musste sie an Jace’ Worte denken: Aber ich will niemand anderen außer dir. Ich will noch nicht mal jemand anderen als dich wollen .
»Erde an Clary«, bemerkte Luke in dem Moment. »Sollen wir nach Hause fahren? Deine Mutter will dich unbedingt sehen und sie möchte sich bestimmt gern noch in Ruhe mit Amatis unterhalten, ehe sie morgen nach Idris zurückkehrt. Ich dachte, wir könnten zusammen eine Kleinigkeit essen gehen. Du darfst das Restaurant auswählen«, sagte er und versuchte dabei, die Sorge in seiner Stimme zu überspielen.
Doch Clary konnte sie trotzdem hören. Sie hatte in letzter Zeit nicht viel gegessen und ihre Kleidung hing ihr allmählich ziemlich locker von den Schultern. »Mir ist eigentlich nicht nach Feiern zumute«, stellte sie fest. »Jedenfalls nicht, solange der Rat die Suche nach Jace als weniger wichtig eingestuft hat.«
»Clary, das bedeutet nicht, dass die Suche vollkommen eingestellt würde«, erklärte Luke.
»Ich weiß. Es ist nur so … wie in diesen Berichterstattungen, in denen davon geredet
Weitere Kostenlose Bücher