Cloudbusters und die Stadt der Schläfer (German Edition)
aber Rippel war noch voller Energie. Musste er ja auch, als Kung Fu und Karate Kämpfer. Und wie er sich bewegte - so mühelos wie eine Raubkatze.
Milli seufzte und schnappte sich einen Stapel Hosen, den sie unsortiert in einen offenen Karton warf. Ihr Sportlehrer war auch so ein Extremsportler, aber er war berechenbar, man konnte ihn überall sehen und vor allem hören. Rippel hingegen tauchte beständig an Orten auf, an denen man ihn nicht vermutete - wie eine Art Geist, der durch Mauern und Wände glitt und dann peng! - plötzlich vor einem stand.
„Guten Morgen, Emilie“, sagte er förmlich.
Milli sah kurz auf und nuschelte: „Morgen.“ Sie mochte Rippel nicht und machte keinen Hehl daraus.
Rippel war wie immer ganz in schwarz. Dunkle Augen, dunkle Kleidung und dunkles Haar. Auch seine Vergangenheit war dunkel. Wenn er sich umsah, bewegte er weder Hals noch Kopf, sondern nur seine Pupillen, wie ein großes dunkles Insekt.
„Sie können die Schrippen dort auf den Tisch legen“, sagte Milli, „den nehmen wir sowieso nicht mit.“
Er zögerte kurz, dann legte er die Tüte mit den Brötchen auf den Esszimmertisch und verschwand zu Johanna in die Küche.
Es war halb neun am Morgen. Batori und die Möbelpacker hatten sich für Eins angekündigt. Bald würden sie im Auto nach Koppelitz sitzen und alles würde anders werden. Milli wurde ganz flau im Bauch; ihr Berliner Leben war beendet - ein beängstigendes Gefühl. Koppelitz lag mitten in der Uckermark, bei den Kühen und Schafen und den wimmelnden Waldtieren. Milli graute es leise, ihre Empfindungen gingen schon seit Tagen hin und her.
Natürlich liebte sie ihren Onkel, sie hatten ihn oft besucht und es war immer schön gewesen. Sie hatte auch schon einen Freund in Koppelitz. Chong Dachs wohnte nur fünfzig Meter weiter auf demselben Grundstück. Sein richtiger Name war Alexander, aber weil er den chinesischen Nachnamen seiner Mutter für sich passender fand, hatte er sich kurzerhand in Chong umgetauft.
Batoris Haushälterin Emma war eine entschlossene Organisatorin und wollte, dass Milli sich wohl fühlte. In den letzten zwei Wochen hatte sie täglich wegen ihres Zimmers angerufen. Ein großes, helles Zimmer mit Ausblick auf den kleinen See. Vor den Fenstern hingen Vorhänge aus Viskose mit bunten Wellenlinien drauf. Die Wände hatten ein blasses Maisgelb und an der Decke waren tanzende Elfen aus Gips. Batori hatte einen Teppich beigesteuert. Er war persisch und stellte einen stilisierten Paradiesesgarten dar.
Milli mochte es gern. Aber das Haus war riesig und alt, die Dielen knarrten und bei Wind und Wetter knackte das Gebälk. Und die Nächte waren voll mit seltsamen Geräuschen von Seevögeln und anderem Getier. Es gab Fledermäuse und Uhus, laute schnatternde Gänse und fremde vorbeihuschende Viecher, die man nie zu sehen bekam. Und im Sommer Mücken und Kellerasseln, Spinnen, Totenkäfer und Feuerwanzen. Milli war in der Stadt geboren und betrachtete das Leben auf dem Land mit Vorbehalt.
„Aber wenn wir sowieso die Wohnung behalten, kann ich doch viel mehr da lassen!“, rief Milli, während sie voller Verachtung die T-Shirts, Röcke und Hosen aus ihrer karierten Phase durchsah.
„Mach wie du meinst … aber nimm genügend warme Pullover mit!“, antwortete Johanna aus der Küche, „und vor allem - feste Schuhe!“
Ach ja – feste Schuhe! Wassertriefende öde Wiesen und glitschige Feldwege. Auf dem Land musste man auf alles gefasst sein. Milli räumte ihre karierte Phase nach ganz unten in den Schrank. Die kam nicht mit. Sie suchte alle dicken Pullover und T-Shirts heraus und warf sie in den zweiten Karton. Oben drauf legte sie Röcke und Kleider und einen Stoß Baumwollstrumpfhosen, nur die karierten nicht. Alles was gestreift war, kam in den nächsten Karton, der schon halbvoll mit Büchern und CDs war.
Aber Koppelitz hatte auch seine Vorteile. Im Sommer war es dort schöner als in den Berliner Parks und Freibädern. Keine Hundescheiße, kein Grillgestank, keine überlaufenden Mülltonnen. Man konnte dort auch an einsamen versteckten Stellen baden; und Obstbäume gab es an Feldwegen und Straßen im Überfluss.
Batoris Haus hieß Villa Hermes, zu der ein kleiner See gehörte. Der Bootssteg war ein guter Platz, um in der Sonne zu liegen; er konnte es allemal mit der Dachterrasse in Berlin aufnehmen.
Milli hielt sich ein gestreiftes Baumwollshirtkleid vor den Oberkörper und betrachtete sich im Spiegel: ein Mädchen mit blaugrün
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