Coconut Caye - Insel der Lust
jeglicher Zivilisation! Sie musste lachen.
Als sie sich vorhin umzog, hatte sie erst überlegt, ob sie vielleicht etwas Lässigeres wählen sollte, sich dann aber doch für ein hellgelbes Leinenkleid, schwarze Pumps und eine kleine Perlenkette entschieden. Alles andere wäre irgendwie unecht gewesen, und sie wollte sie selbst sein.
“Nun, ich habe gleich mehrere Gründe.”
Sie ging zu dem schmiedeeisernen Terrassentisch mit der Glasplatte und stellte das Bier ab. Den Brief behielt sie in der Hand.
“Als da wären?”, fragte er, trank den Rest Bier aus der Flasche und griff nach einer zweiten.
Sie sah ihm in die Augen. “Ich wollte dir erzählen, warum ich damals ausgerechnet dich für mein erstes Mal auswählte.”
Er hielt einen Moment inne. “Ich habe dir doch schon gesagt, dass ich das nicht wissen will, Sydney. Es ist mir egal.”
“Aber mir nicht.” Sie ging auf der Terrasse hin und her und klopfte sich nervös mit dem Umschlag ans Kinn. “Ich hatte dich schon zwei Jahre aus der Ferne angehimmelt, wäre jedoch nie auf die Idee gekommen, dass ich irgendwelche Chancen bei dir haben könnte. Du warst der absolute Mädchenschwarm an der High School. Und ich war ein schlechter Witz. Ich war mir vollkommen sicher, du wüsstest nicht einmal, dass es mich gibt.”
“Das wusste ich sehr wohl”, sagte er.
Sie lächelte und hielt die Hände vor den Bauch. So nervös war sie in ihrem ganzen Leben nicht gewesen. Und sie würde das hier nie zu Ende bringen, wenn sie weiter darüber nachdachte, was dieses Leuchten in seinen Augen bedeutete.
“Schon gut, lass mich zu Ende reden, bitte. Du hast mich damals gegrüßt und mich auch ab und an mal angesehen, aber du warst zu
allen
sehr freundlich. Trotzdem habe ich dich prompt zum Hauptdarsteller all meiner Mädchenfantasien gemacht.”
Er wurde rot, und Sydney war hingerissen. Wie sie diesen Mann liebte! Sie liebte es, dass er tatsächlich noch verlegen sein konnte und dass sie ihn dazu bringen konnte, rot zu werden. Sie liebte es, dass er nicht verbarg, welche Gefühle sie in ihm hervorrief. Und sie war voller Hoffnung. Sie spürte, wie ihr die Röte in die Wangen stieg, als sie daran dachte, dass alles gut werden würde. Ihr war, als schwebte sie. Wenn
das
Verliebtsein war, würde sie nie genug davon bekommen können!
Ray räusperte sich. “Falls das hier ein Flirt wird, solltest du mir besser nicht zu viel verraten, Sydney.”
Sie lachte und schob den Umschlag von einer Hand in die andere. “Stimmt, ich tu's aber trotzdem. Ich habe mindestens ein Dutzend Mal in Gedanken mit dir geschlafen, bevor wir es tatsächlich getan haben. Und obwohl ich in diesen Dingen entsetzlich naiv war, wusste ich von Anfang an, dass du etwas ganz Besonderes bist.”
“Ich bin nichts Besonderes”, sagte er lächelnd und stellte die Bierflasche auf den Tisch.
“Und ob!” Sie ging hastig auf ihn zu und nahm sein Gesicht in ihre Hände. Wenn sie jetzt nicht den Mut aufbrachte, ihm ihre Gefühle zu gestehen, wären acht Wochen Angst vergebens gewesen. “Du bist ein wunderbarer Mann, Ray Coffey. Du bist durch und durch ehrlich und freundlich. Selbst wenn du manchmal unangenehme Dinge sagst, dann doch nur, weil deine Aufrichtigkeit dich dazu zwingt. Und was du mir gesagt hast, hatte ich bitter nötig.”
“Ich habe dich verletzt.” Er fasste sie am Handgelenk.
“Nein, du warst ehrlich zu mir, und genau das brauchte ich”, sagte sie. Dann fügte sie flüsternd hinzu: “Ich liebe dich.”
Sie hielt die Luft an, als er sie erschrocken ansah. “Sydney …”, begann er, sprach aber nicht weiter, weil sie ihm den Finger auf die Lippen legte.
“Ich war noch nie zuvor wirklich verliebt, und ich habe furchtbare Angst, alles falsch zu machen. Ich kann Marketingkonzepte entwerfen, Bilanzen erstellen und sechs Coffeeshop-Aushilfen zusammentrommeln, um ein Modeimperium aufzuziehen. Aber von Beziehungen habe ich nicht die geringste Ahnung. Ich weiß nichts über die Liebe. Ich weiß nicht, was ich jetzt tun soll, und, ach Ray, bitte, sag doch etwas, bevor ich …”
Er brachte sie mit einem Kuss zum Schweigen, der so leidenschaftlich und wild war, dass es ihr den Atem raubte. Zugleich war er unendlich sanft und liebevoll. Er küsste sie, als brauchte er nie mehr zu atmen.
Sie allerdings schon. Sie wich ein Stück zurück und hauchte: “Ray, ich kriege keine Luft.”
Er nahm sie in den Arm und drückte sie fest an seine Brust. “Ich auch nicht. Sydney Ford, ich habe in
Weitere Kostenlose Bücher