Code Freebird (German Edition)
bedeutete Levy, ihm nach draußen zu folgen.
Der Rest seiner Truppe saß im Gras und rauchte Zigaretten. Hinter der Tarnschminke zeigten sich jugendliche Gesichter.
«Setzen wir uns ein paar Meter weiter», sagte O’Brien und ging voran. Levy folgte ihm. Der Mann war stattlich gebaut, zumindest machte er einen martialischen Eindruck. Vollbehangen mit allen möglichen Tötungswerkzeugen, Granaten, Messer, Pistole und MP, ließ er sich ins Gras fallen. ABC-Ausrüstung und Helm legte er beiseite. Dann zückte er ein Taschentuch und begann, sich die Tarnschminke vom Gesicht zu wischen.
«Was wollen Sie wissen?», fragte er.
«Wie Sie wahrscheinlich gehört haben, hat es einen Bombenanschlag auf das Sicherheitsunternehmen Clearwater gegeben.»
O’Brien nickte. Je mehr die Tarnschminke aus seinem Gesicht verschwand, desto mehr zeigte sich, dass sich darunter ein Mann verbarg, der weitaus jünger war, als seine Erscheinung vermuten ließ.
«Colonel Nimrod sagte mir, Sie könnten mir Clearwater etwas näher beschreiben. Um welche Art von Unternehmen handelt es sich dabei?»
Aus dem gnadenlosen Killer, der wenige Minuten zuvor nicht davor zurückgeschreckt war, am Boden liegende Verwundete oder Kampfunfähige zu töten, war nun ein College-Junge geworden, der nach Levys Dafürhalten eher in eine Disco gepasst hätte als an einen Ort, wo gnadenloser Häuserkampf geübt wurde.
«Clearwater gehört zu den zahlreichen privaten Militär- und Sicherheitsunternehmen, sogenannten PMCs, die weltweit operieren. Sie übernehmen Aufgaben, die von den regulären Truppen nicht mehr erbracht werden können. Dazu gehören unter anderem der Wach- und Begleitschutz für Soldaten und Geheimdienste, VIPs, Firmen und Hilfsorganisationen. Sie bilden aber auch Soldaten aus.
Dieser Wirtschaftszweig hat sich in den USA in den letzten Jahren zum Multi-Millionen-Business entwickelt. Wer die Schnauze bei der Army voll hat, geht zu einer PMC. Die behaupten, dass sie mehr Generäle pro Quadratmeter aufweisen können als die Army. Kein Wunder, dort verdienen sie auch das Vielfache, rund achtzigtausend Dollar für einen dreimonatigen Einsatz im Kampfgebiet.
Im Irak sind zurzeit mehr als zwanzigtausend von ihnen tätig. Sie stellen nach den USA das zweitgrößte Kontingent, noch weit vor den Briten.»
«Sind das Söldner, mit der französischen Fremdenlegion vergleichbar?»
«Schlimmer. Das sind Angestellte eines Unternehmens, das wiederum von der US-Regierung beauftragt wurde. Damit unterliegen sie keiner Gerichtsbarkeit, weder der militärischen, da sie keine Soldaten sind, noch der zivilen, da es, wie im Falle Iraks, noch keine gibt. Außerdem ist Gerichtsbarkeit nur etwas wert, wenn man sie faktisch, das heißt, im schlimmsten Fall auch unter Gewalt, herbeiführen kann. Doch die PMCs bilden im Auftrag meiner Regierung auch die irakischen Polizeikräfte aus. Der Schüler wird also kaum gegen seinen Lehrer vorgehen.
Es ist vielmehr so, dass sich die PMC-Leute von niemandem mehr aufhalten lassen und ihren Sonderstatus voll ausreizen. Die schießen selbst auf amerikanische Soldaten und irakische Polizeikräfte, wenn sie an Checkpoints aufgehalten werden. Das sind verdammte, gott- und gesetzlose Rambos.»
O’Brien hatte sich, während er diese Beschuldigungen aussprach, vollkommen unter Kontrolle. Er zeigte äußerlich keine Reaktion. Selbst der Griff in seine Brusttasche, der eine kleine Medikamentendose zutage förderte, wäre nicht auffällig gewesen, wenn Levy darauf nicht das Kürzel eines Psychopharmakas erkannt hätte. Er nahm zwei kleine, gelbe Tabletten zu sich und spülte sie mit Cola hinunter.
«Sie mögen sie offensichtlich nicht», antwortete Levy.
«Diese Leute sind eine Pest, die jede Aussicht auf Befriedung des Iraks zunichte machen. Sie kennen kein Recht, und sie achten nichts und niemanden. Es ist kein Geheimnis, und Sie können es täglich im Irak sehen, wie diese Horden um sich schießen, wenn ihnen danach ist. Es gibt einige Videos davon im Internet, wie sie grundlos aus einem fahrenden Jeep auf zivile Ziele schießen. Just for fun, wie es scheint. Der Irak ist für diese Kerle besser als jede Schießbahn, wo sie nur auf Attrappen ballern. Es ist kein Wunder, wenn hin und wieder einer von ihnen erwischt und durch die Straßen geschleppt wird.»
«Was meinen Sie damit?»
«Es ging durch alle Medien, treffend von unserer Propaganda umgesetzt. Seht, was die Iraker mit unseren Leuten machen. In Falludja wurden vier
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