Code Freebird
sicher?«
»Ja, absolut.«
Levy rieb sich die Stirn, versuchte, die Worte zu erinnern, die auf dem Zettel standen.
Würzburg … Militärhospital … irgendetwas mit Cromwell, nein … Cromley.
Das Taxi setzte ihn vor einem mächtigen, weißgestrichenen Gebäude ab. Es war auf einen der Hügel erbaut, die die Stadt ringsum säumten. Auf der anderen Seite des Tals erkannte er eine herrschaftliche Burg, die die Stadt zu ihren Füßen bewachte.
Nicht weniger schutzlos war der Zugang zum Military Hospital Würzburg. Zivile Sicherheitskräfte überprüften jeden, der Zugang haben wollte. Hinter brusthohen Sandsackbauten schaute ein Soldat hervor. Der Lauf eines M-16, des amerikanischen Sturmgewehrs, wies in seine Richtung.
»Your ID, please«, sagte ein Wachmann zu Levy.
Er reichte ihm seinen Personalausweis. »Ich möchte einen Patienten sprechen.«
»Tut mir leid«, antwortete der Wachmann auf Deutsch, »Zivilisten haben keinen Zutritt. Nur Militärs und Angehörige.«
Levy trat zurück, gab den Weg für die anderen frei. Was nun? Er überlegte und erinnerte sich an einen Mann, der ihm helfen könnte. Die Auskunft verband ihn mit dem CID-Büro von Colonel Nimrod in Mannheim.
»Balthasar Levy hier«, sagte er. »Sie erinnern sich?«
»Sicher«, antwortete Nimrod. »Ich habe Ihre E-Mail erhalten und bereits beantwortet.«
»Danke, aber ich brauche in einer anderen Sache nochmals Ihre Hilfe.«
Levy berichtete von dem Gespräch mit O’Brien und dass er nun vor dem Militärhospital in Würzburg stünde.
»Warten Sie«, sagte Nimrod, »ich spreche mit dem Sicherheitschef.«
Nach fünf Minuten erhielt der Wachmann Order, Levy passieren zu lassen.
Als er das Hospital betrat, kam ein Mann in einem weißen Kittel auf ihn zu. »Sind Sie Herr Levy?«, fragte er.
Levy nickte.
»Major Tomlin. Ich bin der behandelnde Arzt von Staff Sergeant Cromley. Wie kann ich Ihnen helfen?«
»Ich möchte mit Jason Cromley sprechen.«
»Worum geht es?«
»Müssen Sie das wissen?«
»Ja, er hat einen Code F43.1.«
Nach der Internationalen Klassifikation von Krankheiten war das eine Angststörung, eine …
»Posttraumatische Belastungsstörung, auch als ›Soldatenherz‹ bekannt«, führte Major Tomlin Levys Gedanken zu Ende. Die PTBS, so die Kurzform, war eine anhaltende psychische Störung, vor allem bei Kriegsteilnehmern, verbunden mit einem hohen Leidensdruck. Die Betroffenen durchlebten die Situation, die zu ihrer Traumatisierung geführt hatte, im Nachhinein immer wieder neu. Ungewöhnlich stark erlebte Flashbacks versetzten sie in Todesangst. Selbstmord war nicht selten die Folge.
»Ich möchte mit Cromley über einen seiner Kriegskameraden sprechen«, sagte Levy.
»Sie sind sich der Gefahren bewusst?«, antwortete Tomlin.
»Ja, ich bin Psychologe.«
Tomlin zog die Risiken einer Rückführung Cromleys in dessen Kriegszeit in Erwägung. »Ich bin mir nicht sicher, ob das zum jetzigen Zeitpunkt gut ist. Ich habe es schon dieser Frau gesagt …«
»Welcher Frau?«
»Vor Ihnen war bereits schon jemand hier, um mit Sergeant Cromley zu sprechen.«
»Wie hieß sie?«
»Habe ich vergessen. Dennoch, es bleibt dabei. Sergeant Cromley ist in einem kritischen Zustand.«
»Ich werde behutsam vorgehen.«
»Sicher, aber die Medikamente haben gerade erst begonnen zu wirken. Ich müsste erst das Urteil des Traumatologen einholen.«
»Dann tun wir es doch.«
Major Tomlin lächelte gezwungen. »Wenn Sie mir einen besorgen, gern. Die Army betrachtet eine ausreichende Anzahl von Trauma-Spezialisten als nicht notwendig. Alles, was mir bleibt, ist, das richtige Medikament zu finden und auf die Zeit zu hoffen.«
»PTBS-Patienten sind aber nicht gerade eine Randerscheinung nach Kriegshandlungen. Sind Sie nicht darauf vorbereitet?«
»Ich bin Arzt, aber auch Soldat. Meine Befehle lauten, zu tun, was im Rahmen meiner Möglichkeiten steht. Spezialisten zur Behandlung von Traumatisierungen sind darin nicht vorgesehen.«
»Und wenn Sie ihn zurück in die Staaten bringen? Dort wird es doch bestimmt …«
»Er weigert sich.«
»Wie meinen Sie das?«
»Er möchte nicht nach Hause zurückkehren. Er schämt sich. Er hat Angst, die Erwartungen, die seine Familie und Freunde in ihn gesetzt haben, nicht erfüllt zu haben. Es geht nicht um seine Leistungen als Soldat, die waren einwandfrei. Es geht um die moralische Rechtfertigung seines Tuns. Daran ist er gescheitert. So empfindet er es zumindest.«
»Seit wann ist er hier?«
»Er
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