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Codename Azteke

Codename Azteke

Titel: Codename Azteke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Vidal
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meinten, dass die Erlösung ihres eigenen Landes auch nicht mehr lange auf sich warten lassen würde. Sie hatten Gerüchte bei den bewaffneten Truppen gehört.
    Über ihr unseliges Geschäft sprachen sie nicht, da sie es
nicht für unselig hielten, ja nicht einmal für ein Geschäft. Natürlich musste Geld den Besitzer wechseln, aber das war eine Frage von Auslagen. Diese Operationen durchzuführen war nicht billig. Es waren viele Leute daran beteiligt – manche von ihnen zugegebenermaßen aus rein finanziellen Gründen.
    Aber für Leute wie Bandini und Barros war es eine Berufung. Man holte ein unglückliches Kind aus einem perversen atheistischen Haushalt und schenkte ihm ein neues Leben im Schutz einer aufrechten christlichen Familie.
    Heute Nacht, gleich nach dem Essen, würden die Bandinis mit ihren beiden Kindern ins nahe Caracoles fahren und dort ihr Auto auf den Lanzadera stellen, den offenen Schmalspurzug, der sie durch den La-Cumbre-Tunnel nach Argentinien bringen würde.
    Im Sommer hätten sie den Lanzadera gemieden und wären den ganzen Weg gefahren, um die Grenze in fast viertausend Meter Höhe zu passieren, am Pass von Cristo Redentor de los Andes . Dort steht auf der Demarkationslinie zwischen den beiden Ländern die acht Meter hohe Statue von Jesus Christus. Er hält ein zehn Meter hohes Kreuz und segnet mit der erhobenen rechten Hand alle Andenvölker mit christlicher Liebe.
    Auf der Inschrift an der Basis der Statue heißt es: »Diese Berge sollen zerfallen, bevor Argentinier und Chilenen den Frieden brechen, den sie zu Füßen von Christus dem Erlöser geschworen haben.«
    Aber an diesem kühlen Frühlingstag würden die Bandinis nichts von den weißen Gipfeln sehen. Sie würden Argentinien durch einen dunklen, feuchten Tunnel betreten. In der hübschen, im norwegischen Stil errichteten Stadt
Las Cuevas würden sie ankommen und dort die Nacht verbringen.
    Die Gendarmes, die Grenzpolizei Argentiniens, würden sich ihre Pässe nur flüchtig ansehen – schließlich handelte es sich um eine Familie des Militärs, nicht um eine Gruppe marxistischer Flüchtlinge.
    Am nächsten Morgen würden die Bandinis die restlichen zweihundert Kilometer zum Luftwaffenstützpunkt Plumerillo in Mendoza fahren, von wo aus ihr Flug zur Militärenklave Campo de Mayo in Buenos Aires ging. Noch am selben Tag würden die gestohlenen Kinder still und leise ihren Adoptiveltern in ihrem jeweiligen neuen Zuhause übergeben werden.
    Doch sollte in dieser Nacht die gespenstische Ruhe durch das Klagelied des Inka gestört werden, dann weinte er vielleicht nicht nur um Kora-llé, sondern auch wegen der niederträchtigen Tat, die in den südlichen Regionen seines längst untergegangenen Reiches begangen wurde.

2004

3
    »Jesús!« Schwester Miriam hob ihre Stimme. »Sie haben Besuch!«
    Der alte Mann auf dem schäbigen Rohrstuhl blickte desinteressiert auf. »Ich will einen Kaffee«, verlangte er und ignorierte seinen Besucher.
    »Um elf«, erwiderte die Schwester streng.
    »Schlecht für mich, was?«, sagte er grinsend.
    Jack lächelte. Jesús war aller Wahrscheinlichkeit nach über achtzig.
    »Señor Hadley«, beharrte die Schwester. Sie sprach den Namen wie Adlay aus. » Professor Ad-lay.« Sie war mollig und hatte kurzes, gegeltes Haar, und ihre gestärkte weiße Uniform brachte ihre ebenholzschwarze Haut schön zur Geltung.
    Jesús neigte den Kopf zur Seite und richtete den Blick auf den Besucher, um ihn zu betrachten. Ausländische Kleidung, bemerkte er sofort, als er das gestreifte Hemd, die khakifarbene Hose und die weichen Ledermokassins sah.
    »Aus Havanna?«
    »Nein.« Jack Hadley blieb stehen und lächelte den Mann, den er endlich gefunden hatte, freundlich an. »Nein, aus Spanien.«

    »Sie sind kein Spanier«, stellte Jesús fest.
    »Ich bin Engländer, Mr Florin, aber ich komme aus Salamanca.«
    »Also, Sie sind ein richtiger Professor, ja?« Jesús’ Stimme klang ein wenig rau und kurzatmig, aber deutlich und befehlsgewohnt.
    »Ja.«
    Jesús steckte die Decke auf seinem Schoß fest und blickte aufs Meer hinaus. »Ich war auch dort, wussten Sie das?«, fragte er.
    Hadley nickte.
    »Ich habe es nicht beendet.«
    »Ich weiß.«
    Jesús musterte den großen grünäugigen Fremden mit neuem Interesse. Er schien in den Dreißigern zu sein und sah nicht nach einem Engländer aus. Er war zu braungebrannt, sein störrisches Haar war zu dunkel, und er trug keine Socken. Engländer trugen immer Socken, selbst in den

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