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Codename Sparta 03 - Das Mars-Labyrinth

Codename Sparta 03 - Das Mars-Labyrinth

Titel: Codename Sparta 03 - Das Mars-Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Preuss
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schmalen Koje ausgesteckt, ohne daß es ihnen eng geworden wäre.
    Irgend etwas stimmte nicht, sie konnte es aber nicht benennen. Er spürte ihr Zögern und hielt inne. Sie merkte, wie sehr er sich zusammenreißen mußte, als stecke sie in seiner Haut – wie sehr er sein heißes Begehren zurückhalten mußte, das so leicht in gedankenloses Verlangen übergeht. Vor seinem Begehren stand seine Liebe, aber das Begehren war deutlich zu spüren. Auch sie wollte ihn; sie sehnte sich mit ihrem ganzen Körper nach seinem, ganz besonders und nur nach seinem …
    Als sie versuchte, ihm entgegenzukommen, packte sie ein plötzlicher Schmerz. Der Grund dafür war nicht körperlich, es hatte nichts mit ihm zu tun. Aber er hatte sich unterhalb ihrer Magengrube bemerkbar gemacht – eine krampfartige Abneigung lähmte sie.
    »Ich … ich kann nicht …«
    »Du kannst nicht?«
    »Es tut mir leid.«
    »Wenn du lieber … ich meine, du brauchst es mir nur zu sagen …«
    »Irgend etwas stimmt nicht.«
    »Was ist los? Soll ich jemanden holen?«
    »Nein. Nein, bleib hier. Bleib bei mir. Es geht schon wieder.«
    Er war bei ihr geblieben, hatte schließlich Arme und Beine um sie geschlungen und seinen Körper der Länge nach an ihren geschmiegt, nachdem sie sich umgedreht hatte. Er hatte sich an sie gekuschelt, während sie in seiner Umarmung lag –
    – und leise Tränen weinte. Als sie schließlich einschlief, blieb er wach und legte sich schützend um sie.
    Für eine Stunde oder länger sank sie in schwarze Bewußtlosigkeit. Er schlief ebenfalls ein und lockerte seine Umarmung. Dann begann der Traum …
    Jetzt war sie wieder wach, hellwach und voller Angst und Verlangen. »Laß mich jetzt allein«, sagte sie zu ihm. »Solange du hier bist, kann ich nicht ich selbst sein.«
    Er lag einen Augenblick still und rührte sich nicht. Dann schwang er die Beine über den Rand der Koje aus Leinen und stand auf. »Wie du willst – Ellen.« Er bückte sich, um sein Hemd und seine Hose aufzuheben, die durcheinander auf dem Boden lagen.
    »Nein, ich …« Ihr drehte sich der Kopf. »So habe ich das nicht gemeint …«
    »Und wie hast du es gemeint?«
    »Irgend etwas … in mir …« Unzusammenhängende Satzfetzen kamen über ihre Lippen. Sie mußte sich zwingen, Dinge auszusprechen, die sie nicht wahrhaben wollte, nicht einmal vor sich selbst. »Ich habe Angst …«
    »Vor denen?«
    »Nein. Doch sicher.« Sie zögerte. »Ja, ich habe Angst vor ihnen, aber das meinte ich nicht, ich meinte …« Sie zwang sich, die Wahrheit auszusprechen. »Ich bin nicht menschlich. Ich habe Angst, kein Mensch mehr zu sein. Das beschäftigt mich die ganze Zeit.«
    Er setzte sich aufs Bett und streckte eine Hand aus, um sie ihr auf die Schulter zu legen. Sie zuckte wie elektrisiert zusammen und fing an zu weinen. Sie schmiegte sich an seine Brust und ließ sich von ihm umarmen, dann weinte sie, weil sie plötzlich die Größe ihres Verlustes erkannt hatte – den Verlust ihrer Eltern vor so langer Zeit, den Verlust ihrer Identität und den Verlust all derer, die versucht hatten, sie zu lieben.
    Sie weinte lange, bevor sie zum zweitenmal einschlief. Er legte sie sachte zurück aufs Bett, nahm das verhedderte Laken, glättete es und deckte es über sie. Er setzte sich neben sie in der Dunkelheit und hielt ihre Hand.
     
    Danach schliefen sie nicht mehr zusammen. Sie sprach wenig mit ihm, wenn sie sich in den engen Räumlichkeiten des Schiffes trafen, und sie verbrachte ihre Zeit damit, wie besessen zu lesen. Sie las die Akten des vorliegenden Falles, hörte sich an und sichtete, was ihr die Schiffsbibliothek über ihr Ziel zu bieten hatte, und nachdem sie alles durchgelesen hatte, was ihrem Auftrag dienlich schien, las sie alles übrige, was das Schiff gespeichert hatte.
    Sie fragte nicht danach, womit er sich die Zeit vertrieb. Es war schwer, seine Enttäuschung zu ertragen, seine verletzten und abwehrenden Blicke.
    Drei Nächte später hatte sie wieder den Traum. Obwohl sie selber mitspielte, betrachtete sie alles wie aus der Sicht einer anderen Persönlichkeit, die neu und abgehärtet war. Was sie sah, kam ihr überhaupt nicht wie ein Traum vor, eher wie eine lebhafte und wahre Erinnerung …
    Es klopfte an der Schlafzimmertür – ihr Schlafzimmer befand sich im Haus der grauen Frau. Es war ein niedriges Ziegelhaus mit hübschen Möbeln und einem großen Garten mit alten Bäumen. Aber trotz all seines Vorstadtcharmes stand es im Innern der mehrfachen Umzäunung des

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