Sharras Exil - 17
Marion Zimmer Bradley
Sharras Exil
Roman
Aus dem Amerikanischen von
Rosemarie Hundertmarck
Ihr Name ist Sharra: Eine unvorstellbare Macht, die in den falschen Händen eine schreckliche Waffe werden kann. Lew Alton hatte es auf sich genommen, Sharra von Darkover fortzubringen.
Nun aber ist für ihn die Zeit gekommen, auf den Planeten seiner Väter zurückzukehren - und dort kommt es zwischen denen, die nur ihre eigenen Interessen im Kopf haben, und denen, die Darkover retten wollen, zum alles entscheidenden Gefecht! Prolog
Das zweite Jahr des Exils
Hier war die Heimat meiner Vorfahren. Aber nun wusste ich, dass es niemals meine Heimat sein würde.
Ich blickte zum Horizont, wo die Sonne unterging - eine merkwürdig gelbe Sonne, nicht rot, wie eine Sonne sein sollte, eine gleißende Sonne, die meinen Augen wehtat. Doch gerade jetzt, kurz vor Einbruch der Dämmerung, war sie plötzlich rot und riesig und versank hinter dem See in einer karmesinfarbenen Glorie, die mich mit Heimweh erfüllte. Auch über das Wasser zog sich ein Streifen leuchtenden Rots … Ich stand wie angewurzelt, bis der letzte Schimmer verblasste und über dem See, bleich und silbrig, der einzige Mond Terras in einer schmalen, eleganten Sichel aufging.
Es hatte heute geregnet, und die Luft war schwer von fremden Düften. Doch sie waren nicht eigentlich fremd, sie waren mir ganz tief in meinen Genen irgendwie bekannt. Meine Vorfahren waren aus den Bäumen dieser Welt gestiegen, hatten die lange Evolution durchschritten, die sie zu Menschen gestaltete, und später hatten sie die Kolonistenschiffe ausgesandt, von denen eins - ich hatte die Geschichte erzählen gehört - eine Bruchlandung auf Darkover machte. Man hatte sich dort angesiedelt und so feste Wurzeln auf der neuen Welt geschlagen, dass ich, ein Rückkehrer, die Heimatwelt meiner Rasse als fremdartig empfand und mich nach der Exilwelt meines Volkes sehnte.
Ich weiß nicht, seit wann oder wie lange mein Volk auf Darkover lebt. Das Reisen zwischen den Sternen hat seltsame Anomalien; die enormen interstellaren Entfernungen vollführen merkwürdige Tricks mit der Zeit. Die Bewohner des Terranischen Imperiums werden nie eine Methode finden, festzustellen, ob Darkover vor dreitausend Jahren oder fünfzehn-tausend Jahren und von welchem bestimmten Schiff besiedelt worden ist … Die auf Terra inzwischen verstrichene Zeitspanne beträgt etwa dreitausend Jahre. Doch auf Darkover sind mehr als zehntausend Jahre vergangen, so dass Darkover eine Geschichte besitzt, die beinahe ebenso lang wie die irdische Geschichte der Zivilisation und des Chaos ist. Ich weiß, vor wie vielen Jahren Terra - es war lange vor der Zeit, als das Terranische Imperium sich unter den Sternen ausbreitete - das Schiff ausgeschickt hat. Ich weiß, wie viele Jahre seitdem auf Darkover vergangen sind. Doch selbst der genaueste Historiker vermag die beiden Daten nicht miteinander in Einklang zu bringen. Ich hatte den Versuch längst aufgegeben.
Auch bin ich nicht der Einzige mit einer tief im DNA meiner Zellen eingebrannten, hoffnungslos zerrissenen Loyalität. Meine Mutter ist auf der Erde unter diesem unmöglich blauen Himmel und diesem farblosen Mond geboren worden, und doch hat sie Darkover geliebt, meinen darkovanischen Vater geheiratet und ihm Söhne geboren, und endlich wurde sie in den Kilghardbergen auf Darkover in einem nicht gekennzeichneten Grab zur Ruhe gebettet.
Und ich wünschte, ich läge neben ihr …
Einen Augenblick war ich mir nicht sicher, ob dieser Gedanke nicht doch mein eigener sei. Dann schloss ich ihn wütend aus. Mein Vater und ich waren einander zu nahe … nicht in der normalen Verbundenheit einer telepathischen ComynFamilie (obwohl schon das den Terranern um uns recht eigentümlich vorgekommen wäre), sondern in einer Verstrickung von gemeinsamen Ängsten und gemeinsamen Verlusten … geteilten Erfahrungen und Schmerzen. Ich werde von der Kaste meines Vaters als Bastard betrachtet, weil meine Mutter Halb-Terranerin war, und mein Vater hat endlose Mühen auf sich genommen, damit ich als Comyn-Erbe anerkannt wurde. Bis heute weiß ich nicht, ob er es meinet- oder seinetwegen tat. Mein vergebliches Aufbegehren hatte uns alle in die fehlgeschlagene Rebellion unter den Aldarans verwickelt und Sharra …
Sharra. In meinem Geist brennendes Feuer … Bild einer Frau aus Flammen, in Ketten, ruhelos, flatterndes Flammenhaar, das ein Feuersturm hebt … steigend, verzehrend … Marjorie, vom Feuer
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