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Codewort Rothenburg

Codewort Rothenburg

Titel: Codewort Rothenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Béla Bolten
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Wer war böse? Wer war gut? Der S-Bahn-Mörder war böse - oder galt selbst diese Gewissheit nicht mehr? Wer traute sich noch Antworten zu, wenn Mörder nur noch die kleinere Bedrohung waren.
    Während die Kollegen ihren Erfolg feierten, organisierte Daut die Reise seiner Kinder aufs Land. Er telefonierte mit dem Polizeiposten in der Kreisstadt, damit man seine Eltern informiere, dass ihre Enkel auf unbestimmte Zeit zu ihnen kämen. Anschließend besorgte er diverse Ausnahmegenehmigungen, Freistellung vom Ernteeinsatz, Fahrkarten. Wenn immer etwas nicht auf Anhieb klappte, setzte er seinen SS-Dienstrang ein, und das wirkte Wunder.
    Walter hatte sich mit Händen und Füßen gewehrt, als Daut ihm am Morgen eröffnet hatte, dass er und seine Schwester für eine Weile bei den Großeltern leben sollten.
    »Aber Papa, wir werden doch hier gebraucht. In drei Tagen beginnt der Ernteeinsatz, da kann ich doch nicht fehlen.«
    Axel hatte energisch den Kopf geschüttelt.
    »Bei der Ernte kannst du auch zu Hause helfen.«
    Walter hatte ihn seltsam fragend angeschaut, erst jetzt verstand Daut, aus welchem Grund. Sein Sohn hatte noch nie gehört, dass der Vater den Hof der Großeltern als Zuhause bezeichnete. Daut merkte in diesem Moment, wie sehr er an der eigenen Scholle hing und wie wenig ihn mit Berlin verband. Am liebsten wäre auch er gegangen.
    Als er alles erledigt hatte, machte er Feierabend und fuhr nach Hause. Es war erst früher Nachmittag, aber niemand nahm Anstoß daran. Sie würden heute alle zeitig gehen.

Einundvierzig

    »Galatier, Albert! Merk dir das endlich. Galatier heißt der Mann. Und er wohnt?«
    Albert rückte seinen steifen Körper auf dem Boden zurecht. Seit dreißig Stunden hockte er jetzt in diesem winzigen Raum, und immer noch war nicht klar, wann er endlich raus käme. Und dann nervte ihn dieser Kraftprotz Werner mit seinen Sprüchen. »Raymond Galatier, Limmatstraße 16«, antwortete er gereizt.
    »Und in welcher Stadt?«
    »Mensch, Werner, hör doch auf. Zürich natürlich. Wo denn sonst.«
    Seelenbinder lehnte sich zurück und betrachtete sein Gegenüber. Seine Haare klebten ihm verschwitzt am Kopf. Kein Wunder bei der Hitze in diesem Drecksloch. An der Wange hatte er einen blauen Fleck, die Kleidung war beschmutzt, und auch seine Fingernägel waren schwarz. Nichts mehr von dem gepflegten Schönling, als den er ihn kennengelernt hatte. Er schien am Ende, körperlich wie seelisch. Er sollte nicht zu hart mit ihm sein.
    »Mach dir keine Sorgen, Albert. Alles wird geregelt. Lerne einfach nur die Daten auswendig, die Schulze-Boysen aufgeschrieben hat. Und vor allem diesen Befehl, hörst du! Die Genossen in der Schweiz müssen wissen, was in Russland hinter der Front passiert.«
    Der Kraftprotz griff in seine Jackentasche und holte einen Zettel heraus, den Albert unter einen Stein legte.
    »Auf jeden Fall verbrennst du diesen Zettel, bevor man dich morgen rausbringt.«
    Albert riss den Kopf nach oben.
    »Morgen? Warum sagst du das nicht gleich?«
    Werner lächelte.
    »Gemach, mein Freund. Erst lernst du alles brav auswendig, und dann solltest du dich dringend waschen, bevor du in den Zug steigst. So wie du aussiehst, schöpfen sie an der Grenze sofort Verdacht.«
    Albert winkte ab.
    »Sag mir lieber, wo ich meine Papiere bekomme und wie es weitergeht.«
    »Du weißt doch selbst, dass immer nur ein oder zwei Leute genau wissen, wie und wo die Ausreise vonstatten geht. Man hat mir nur gesagt, dass eine Frau deine Papiere bringen wird. Ich habe noch einen Umschlag für dich.«
    Albert riss den Brief auf und schaute Werner fragend an, der die Schultern zuckte.
    »Ich habe keine Ahnung, was da steht, und ich will es auch nicht wissen. Es ist die Losung für das Treffen. Merk es dir einfach, und danach verbrennen wir den Zettel.«
    Albert schaute konzentriert auf die wenigen Zeilen, während Werner ein Päckchen Streichhölzer aus der Tasche nahm.
    »Alles klar? Können wir?«
    »Ja, wir können.«
    Werner hielt das Streichholz an das Papier, das blitzschnell zu Asche verbrannte.
    »Alles Gute für dich!«
    Albert presste die Lippen zusammen.

Zweiundvierzig

    »Du bist aber früh dran heute. Alles erledigt?«
    Luise kam aus dem Schlafzimmer, als Daut die Wohnung betrat.
    »Ja. Die Kinder fahren morgen, zwölf Uhr zehn, ab Lehrter Bahnhof. Du kannst den Koffer packen. Ich habe Rösen gebeten, uns morgen früh abzuholen und zum Bahnhof zu bringen.«
    Luise druckste herum.
    »Gut, dass du das geregelt hast,

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