Collection Baccara Band 326 (German Edition)
viel zu lange nicht mehr ausgegangen. Ausgerechnet sie, berüchtigtes Partygirl von Melbourne, hatte in den letzten Wochen ihre Abende damit verbracht, sich unter Lanas strenger Aufsicht auf die Arbeit im Museum vorzubereiten. Das war todlangweilig gewesen. Und nun war es höchste Zeit, wieder ein bisschen zu leben und Spaß zu haben.
Als sie das Telefon endlich gefunden hatte, warf sie einen kurzen Blick auf das Display, erkannte aber die Nummer nicht.
„Beth Walker“, meldete sie sich.
„Hallo, Beth. Hier ist Aidan Voss.“
Sie war so überrascht, dass sie stolperte und um ein Haar auf einen der Tische vor dem Eiscafé gefallen wäre. Aber zum Glück hielt ein Kellner sie fest, bis sie sich wieder gefangen hatte. Er besaß die schönsten braunen Augen, die sie je gesehen hatte.
Während sie weiterging, formte sie ein stummes ‚Danke‘ mit den Lippen und lächelte den Kellner strahlend an.
„Oh hallo. Worum geht es?“, fragte sie ins Telefon, weil ihr auf die Schnelle nichts Originelleres einfiel.
„Es tut mir leid, Sie in Ihrer Freizeit zu stören. Aber ich muss Sie dringend sehen.“
Wow, er will mich sehen, dachte Beth. Irgendeinen Eindruck musste sie wohl doch bei ihm hinterlassen haben. Sie erinnerte sich an die Art, wie er sie am Morgen angeblickt hatte, und fragte sich, ob die erotische Spannung zwischen ihnen nur ihrer Einbildung entsprungen war. „Ich kann morgen etwas früher kommen“, erklärte sie in bemüht sachlichem Tonfall.
„Aber es muss sofort sein“, wandte er ein.
„Oh, tut mir leid. Ich kann jetzt nicht. Ich habe etwas vor.“
„Das ist keine Bitte, sondern eine dienstliche Anweisung.“
Beth holte tief Luft. Trotz seiner seidenweichen Stimme konnte sie die unverhohlene Schärfe heraushören. Dieser Mann war daran gewöhnt, dass andere Menschen sprangen, wenn er es wollte. Vermutlich erwartete er sogar, dass sie vorher fragten, wie hoch.
„Ich habe eine Verabredung“, sagte sie trotzig und kam sich dabei ziemlich idiotisch vor. Dem großen Aidan Voss war das bestimmt herzlich egal.
„Ich habe eigentlich nicht die Absicht, Ihr Liebesleben zu stören. Aber es ist wichtig und kann nicht bis morgen warten.“
„Oh, Bobby ist nur ein guter Freund“, platzte sie heraus, um sich nun wie eine komplette Idiotin vorzukommen. Vielleicht war es doch besser, in Zukunft erst nachzudenken, bevor sie den Mund aufmachte. Besonders wenn sie mit diesem Mann sprach.
Verdammt, was hatte er nur an sich, das sie so in Verwirrung stürzte? Anderen Männern gegenüber benahm sie sich doch auch nicht so ungeschickt. Ganz im Gegenteil, sogar beim Flirten behielt sie immer einen kühlen Kopf.
„Freut mich zu hören. Dann wird Bobby ja auch nicht besonders enttäuscht sein, wenn Sie das Treffen auf ein anderes Mal verschieben. Ich erwarte Sie in einer Stunde im Foyer des Museums.“
Beth unterdrückte ein Seufzen. Sie war drauf und dran, ihm zu erklären, wohin er sich scheren sollte. Nämlich zum Teufel. Aber sie konnte es nicht riskieren, ihren Job zu verlieren. Und das würde dann sehr wahrscheinlich der Fall sein. „Also gut. Ich werde da sein. Aber bitte sagen Sie mir doch schon einmal, worum es eigentlich geht.“
„Um den Zwischenfall in der Eisenbahnausstellung. Die Mutter des Kindes hat uns eine schriftliche Beschwerde zukommen lassen. Wir müssen darüber reden.“
Eine schriftliche Beschwerde? Na toll. Wirklich toll. Da hatte sie ihren ersten Arbeitstag ja wirklich gründlich vermasselt. „Kein Problem“, erwiderte sie und versuchte, das Zittern in der Stimme zu unterdrücken. „Wir sehen uns in einer Stunde.“
„Da wäre noch etwas.“
„Ja?“
„Kommen Sie bitte nicht wieder zu spät.“
Er legte auf, bevor sie etwas erwidern konnte. Resigniert schaltete sie das Handy aus und steckte es zurück in die Tasche.
Wenn Lana und Beths eigener Traum von einer Galerie nicht gewesen wären, würde sie weder zu diesem Treffen mit Aidan Voss noch morgen wieder zur Arbeit gehen. Sie würde diese Episode einfach hinter sich lassen und nicht zurückblicken.
Sie war keine Museumsführerin. Sie war Künstlerin. Strikte Regeln zu befolgen, die jemand anderes aufgestellt hatte, war ihr noch nie leicht gefallen. Sie brauchte kreative Freiheit ebenso sehr wie die Luft zum Atmen.
Als sie an einem großen Schaufenster vorbeiging, in dem exquisite Gemälde und Skulpturen ausgestellt wurden, richtete sie sich auf und schaute neugierig hinein.
Genau das war es, was sie wollte:
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