Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
Vom Netzwerk:
das Wasser hüpfen ließen und die Falken beobachteten.Dann hatte Morgan auf seine Uhr gesehen und gesagt: »Jetzt fährt er von La Salle ab.« Sie kehrten dem Fluß den Rücken und stellten sich so nahe wie möglich an den Schienenstrang.Vom Westen her ertönte das Schnurren einer riesenhaften Katze, das Anspringen eines titanischen Geschöpfes. Es war ein überirdisches, singendes Brausen, wie sie es noch nie gehört hatten, und Morgan rief: »Paul! Da kommt er!«Es war der »City of Denver«, der majestätische, gold- und silberglänzende Stromlinienzug, der jeden Nachmittag um Viertel nach vier Denver verließ und fast ohne Aufenthalt nach Chicago brauste. Mit dröhnenden Motoren kam er auf die zwei Knaben zu.»Oh!« flüsterte Morgan, als es, einem goldenen Sturm gleich, mit neunzig Meilen Stundengeschwindigkeit auf ihn zubrauste, und er seufzte tief, nachdem der letzte Wagen vorbei war und sich in der Ferne verlor.Es war der herrlichste Zug, den es je gegeben hatte, ein Wunder an Anmut und
    Ingenieurkunst. Aber er hatte der Prärie nur kurze Zeit seinen Stempel aufgedrückt. Er verkörperte die kultivierteste Art des Reisens, die man bis zu jenen Tagen ersonnen hatte, aber seine Eleganz war drei Jahrzehnte danach weder gefragt noch geschätzt, jetzt setzte er Rost an.Garrett starrte über die Geleise hinweg und sah jenseits des Platte eine ununterbrochene Kette von Automobilen vorüberjagen, voll mit Menschen, die am Morgen Omaha verlassen hatten, um in Denver zu übernachten - Geister der Autobahnen, und zum Großteil willenlose Wesen, die wie in Trance mit neunzig Meilen in der Stunde durch die Gegend rasten und keine Notiz von Amerika nahmen - ausgenommen die großen Städte, deren Motels einander gleichen wie ein Ei dem anderen.»Seht euch diese Idioten an«, sagte er laut, obwohl keiner da war, der ihm zugehört hätte. »Sie haben nicht einmal Grand Island gesehen, wo die Flüsse sich vereinigen, oder Ogalalla, wo die Cowboys von sich reden machten, oder Julesburg, wo über dreihunderttausend Pioniere den Platte durchschwammen...« Er blieb noch eine Weile stehen und beobachtete den Verkehrsstrom auf der Autobahn Bald würden die Fahrer alle in Denver sein - einer Stadt, die Jahr für Jahr größer, häßlicher und ungemütlicher wurde.»Diese Schweinehunde haben Angst, sie könnten eine Stunde Zeit verlieren, wenn sie einen Umweg nach Line Camp machten«, sinnierte er. »Sie haben Angst, der Geschichte ihres Vaterlandes gegenüberzutreten.« Aber er wußte, daß, wenn die Abwanderung anhielt, auch Centennial bald zur Geisterstadt werden würde. Zornig stampfte er auf die morschen Bretter der Veranda. »Nun, es waren gute hundert Jahre. Vielleicht werden in weiteren hundert Jahren Menschen mit Verstand in diese Städte zurückkehren.«Gegen neun Uhr abends wurde Cisco Calendar von seinen Freunden verständigt, daß Paul Garrett stockbesoffen im Railway-Arms-Hotel saß. Er rief mich an, und wir starteten unverzüglich eine Rettungsaktion. Wir führten Garrett auf schwankenden Beinen ins »Flor de Mejico«, wo wir ihm eine reichliche Portion Chiles de Nogada vorsetzten - gefüllte grüne Pfefferschoten mit Schlagsahne und Nußsoße -, worauf er ein wenig nüchterner wurde und Cisco ersuchte, »Buffalo Skinner« für ihn zu singen.»Hab' meine Gitarre nicht da«, sagte Cisco.»Dann laß dir doch das verdammte Ding bringen«, beharrte Garrett auf seinem Willen, und ein Junge lief, um die Gitarre zu holen. Und Cisco sang von Jacksboro in Texas im Frühjahr 1873. Er sang noch viele andere Lieder, und so schmerzlich empfand Garrett die Erinnerung an den Westen, daß er den Kopf auf den Tisch fallen ließ.Nach einer Weile legte Cisco die Gitarre zur Seite. »Ich kann mir vorstellen, wie du dich fühlst, Paul«, sagte er. »Ich könnte überall in Amerika leben... vielleicht sogar überall auf der ganzen Welt. Ich brauche nur meine Gitarre und einen Sears-Roebuck-Katalog, wenn ich mir einmal ein paar neue Jeans kaufen will, sonst nichts. Trotzdem wohne ich immer noch in dem alten Holzhaus, das mein Opa gebaut hat. Und weißt du, warum?Der Mensch braucht Wurzeln. Insbesondere ein Sänger wie ich, der es darauf anlegt, sich den Leuten in die Herzen zu stehlen. Ich muß wissen, wo mein Alter gearbeitet und für welche Familie meine Mutter die Wäsche gewaschen hat. Die Straße, die ich 'runtergehe, muß meine Straße sein. Der Mensch entspringt seiner heimatlichen Scholle, aber er springt nicht weit.Ich lebe in

Weitere Kostenlose Bücher