Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta
lichtempfindlichen Filmen wiederzugeben.
»Was wollen Sie von mir?«
»Wissen, ob es sich um eine Fotomontage handelt.«
»Das ist nicht mein Job. Ich kann nur Fotos machen und entwickeln. Kompliziertere Fälle leiten wir nach Palermo weiter.«
Dann drehte sich das Rad endlich in die richtige Richtung, und alles Weitere ließ sich gut an. Er rief den Fotografen jener Zeitschrift an, in der die Rezension von Maraventatos Buch erschienen war; er wußte noch, wie er hieß.
»Bitte entschuldigen Sie die Störung, sind Sie Signor Contino?«
»Ja, am Apparat.«
»Hier ist Commissario Montalbano, ich würde mich gern mit Ihnen treffen.«
»Ich freue mich, Sie kennenzulernen. Sie können gleich kommen, wenn Sie wollen.«
Der Fotograf wohnte im alten Teil von Montelusa, in einem der wenigen Häuser, die einen Erdrutsch überlebt hatten, bei dem ein ganzes Viertel mit arabischem Namen begraben worden war.
»Von Berufs wegen bin ich eigentlich kein Fotograf, ich unterrichte Geschichte am Gymnasium, es ist mehr Liebhaberei. Womit kann ich Ihnen helfen?«
»Können Sie mir sagen, ob dieses Foto eine Fotomontage ist?«
»Ich kann es versuchen«, sagte Contino und sah sich das Foto an. »Wissen Sie, wann es aufgenommen wurde?«
»Etwa 1946, wurde mir gesagt.«
»Kommen Sie übermorgen wieder.«
Montalbano senkte den Kopf und schwieg.
»Ist es dringend? Dann machen wir folgendes – ich kann Ihnen in etwa zwei, drei Stunden eine erste Antwort geben, die jedoch noch einer Bestätigung bedarf.«
»Einverstanden.«
Die zwei Stunden verbrachte Montalbano in einer Kunstgalerie, in der die Bilder eines siebzigjährigen sizilianischen Malers ausgestellt wurden, der noch einer gewissen populistischen Phrasenhaftigkeit verhaftet war, aber die Farben, die intensiv und sehr lebhaft waren, gut getroffen hatte. Allerdings sah er sich die Bilder ziemlich zerstreut an, weil er wegen Continos Antwort wie auf glühenden Kohlen saß, und schaute alle fünf Minuten auf die Uhr.
»Wie sieht's aus?«
»Ich bin gerade fertig. Meiner Meinung nach handelt es sich tatsächlich um eine Fotomontage. Sehr gut gemacht.«
»Woran erkennen Sie das?«
»An den Schatten im Hintergrund. Der Kopf der wahren Braut wurde durch den Kopf des Mädchens ersetzt.«
Davon hatte Montalbano ihm gar nichts gesagt. Contino wußte nichts davon, der Commissario hatte ihm gegenüber nicht erwähnt, worauf es ihm ankam.
»Und noch etwas: Das Gesicht des Mädchens wurde retuschiert.«
»Inwiefern retuschiert?«
»Man hat sie, wie soll ich sagen, etwas älter gemacht.«
»Kann ich es wiederhaben?«
»Natürlich, ich brauche es nicht mehr. Ich dachte, es sei schwieriger, ich brauche keine Bestätigung, wie ich ursprünglich glaubte.«
»Sie haben mir wirklich sehr geholfen.«
»Hören Sie, Commissario, meine Stellungnahme ist rein privat, verstehen Sie? Sie hat keinerlei Rechtsgültigkeit.«
Der Questore empfing ihn nicht nur sofort, sondern breitete vor Freude seine Arme weit aus.
»Was für eine schöne Überraschung! Haben Sie Zeit? Kommen Sie mit zu mir nach Hause, ich erwarte einen Anruf meines Sohnes, und meine Frau würde sich sehr freuen, Sie zu sehen.«
Massimo, der Sohn des Questore, war Arzt und gehörte einer Organisation von Freiwilligen an, die sich »Ärzte ohne Grenzen« nannte. Sie gingen in Länder, die vom Krieg zerfressen wurden, und setzten sich ein, so gut sie konnten.
»Wissen Sie, mein Sohn ist Kinderarzt. Er ist zur Zeit in Ruanda, und ich mache mir wirklich Sorgen um ihn.«
»Wird dort noch gekämpft?«
»Ich meine nicht die Kämpfe. Jedesmal, wenn es ihm gelingt, uns anzurufen, merke ich, wie sehr er sich quält, wie sehr er unter dem Grauen leidet.«
Der Questore schwieg. Um die Gedanken zu zerstreuen, hinter denen er sich verschanzt hatte, teilte Montalbano ihm seine Neuigkeit mit.
»Ich bin zu neunundneunzig Prozent sicher, den Namen des toten Mädchens zu kennen, das im Crasticeddru gefunden wurde.«
Der Questore war sprachlos und starrte ihn mit offenem Mund an.
»Sie hieß Elisa Moscato und war siebzehn Jahre alt.«
»Wie, zum Teufel, haben Sie das herausgefunden?« Montalbano erzählte ihm alles.
Die Frau des Questore nahm ihn wie ein kleines Kind an die Hand und führte ihn zum Sofa. Sie unterhielten sich eine Weile, dann erhob sich der Commissario und sagte, er habe noch zu tun und müsse gehen. Das stimmte zwar nicht, aber er wollte nicht da sein, wenn der Anruf kam, der Questore und seine Frau sollten die
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