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Commissario Montalbano 08 - Die Passion des stillen Rächers

Commissario Montalbano 08 - Die Passion des stillen Rächers

Titel: Commissario Montalbano 08 - Die Passion des stillen Rächers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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Einkaufswagen herauskam.
    »Sie können offen lassen«, sagte Montalbano.
    Die Frau schien einen Moment unentschlossen, dann hielt sie mit dem nach hinten gestreckten Arm die Tür auf, die sonst ins Schloss gefallen wäre. Sie wollte höflich, aber auch vorsichtig sein, doch nachdem sie Montalbano von Kopf bis Fuß gemustert hatte, gab sie sich einen Ruck und ging ihrer Wege. Der Commissario betrat das Haus und schloss die Tür hinter sich. Dem Briefkasten zufolge wohnten die Lofaros in der Wohnung Nr. 6, er musste also, da es keinen Aufzug gab und in jeder Etage zwei Wohnungen lagen, drei Stockwerke zu Fuß gehen. Er hatte sich absichtlich nicht angemeldet, denn er wusste aus Erfahrung, dass das unerwartete Erscheinen eines Polizisten selbst bei der ehrlichsten Haut zumindest Unbehagen auslöst und sie sich sofort fragt: Was habe ich denn angestellt? Ehrliche Menschen denken immer, sie hätten unwissentlich etwas angestellt. Unehrliche Leute dagegen sind von ihrer Aufrichtigkeit überzeugt. Ob ehrlich oder nicht, die Leute spüren Unbehagen. Und in diesem Zustand lässt sich an jedem Schutzpanzer eine Schwachstelle finden.
    Er klingelte also in der Hoffnung, dass Tina persönlich die Tür öffnete. In ihrer Überraschung würde sie bestimmt erzählen, ob Susanna ihr das eine oder andere Geheimnis anvertraut hatte, das ihn bei den Ermittlungen weiterbrachte. Die Tür ging auf, vor ihm stand eine ungepflegte Zwanzigjährige mit rabenschwarzem Haar, klein, pummelig und mit dicken Brillengläsern. Sicher Tina. Und sie war tatsächlich überrascht. Aber anders als gedacht.
    »Ich bin Commissario Mont …«
    »… albano!«, rief Tina und grinste von einem Ohr zum anderen. »Meine Güte, ist das schön! Dass ich Sie mal kennen lerne! Wie schön! Mir läuft der Schweiß runter vor Aufregung! Ich bin ja so glücklich!«
    Montalbano fühlte sich wie eine Marionette ohne Fäden, unfähig, sich zu bewegen. Tina schmolz bei seinem Anblick dahin. Dann streckte sie eine verschwitzte Hand aus, packte den Commissario am Handgelenk, zerrte ihn in die Wohnung und schloss die Tür. Sie stellte sich verzückt vor ihn hin, stumm, das Gesicht rot wie eine reife Wassermelone, die Hände zum Gebet gefaltet, glitzernde Augen. Für einen Moment kam sich der Commissario vor wie die Madonna von Pompeji.
    »Ich möchte …«, sagte er zögernd.
    »Aber natürlich! Bitte entschuldigen Sie! Kommen Sie!«, rief Tina, als sie sich aus ihrer Verzückung gelöst hatte, und führte ihn in das obligatorische Wohnzimmer. »Ich wäre ja fast in Ohnmacht gefallen, als Sie plötzlich in Fleisch und Blut vor mir standen! Wie geht es Ihnen? Haben Sie sich erholt? Wie schön! Ich sehe Sie immer im Fernsehen, wissen Sie! Ich lese ja leidenschaftlich gern Krimis, aber Sie, Commissario, Sie sind viel besser als Maigret und Poirot und … Kaffee?«
    »Wer?«, fragte Montalbano benommen.
    Tina hatte ohne Punkt und Komma geredet, und der Commissario hatte »Unkaffee« verstanden, wer weiß, vielleicht hieß so der Polizist eines südamerikanischen Schriftstellers, den er nicht kannte.
    »Möchten Sie einen Kaffee?«
    Den konnte er jetzt wirklich brauchen.
    »Ja, wenn ich nicht störe …«
    »Ach was! Meine Mutter ist vor fünf Minuten zum Einkaufen gegangen, und ich bin allein, das Hausmädchen kommt heute nicht, aber das mit dem Kaffee kriege ich ganz schnell hin!«
    Sie verschwand. Sie waren allein? Der Commissario wurde nervös. Diesem Mädchen war alles zuzutrauen. Aus der Küche war Tassengeklapper und Gemurmel zu hören. Mit wem redete sie, wenn doch sonst niemand in der Wohnung war? Führte sie Selbstgespräche? Montalbano stand auf, verließ das Wohnzimmer, die Küche lag hinter der zweiten Tür links, er trat auf Zehenspitzen näher. Tina flüsterte etwas in ihr Handy.
    »… er ist hier bei mir, wenn ich’s dir doch sage! Ohne Witz! Er stand plötzlich in der Tür! Wenn du in den nächsten zehn Minuten kommst, ist er bestimmt noch da. Halt, Sandra, sag Manuela Bescheid, die will sicher auch kommen. Und bring den Fotoapparat mit, dann machen wir ein Foto von uns allen.«
    Montalbano ging ins Wohnzimmer zurück. Das hatte gerade noch gefehlt! Drei Zwanzigjährige, die über ihn herfielen wie über einen Rockstar! Er beschloss, die Sache mit Tina in weniger als zehn Minuten zu erledigen. Er verbrannte sich die Lippen mit dem heißen Espresso und stellte seine Fragen. Da jedoch der Überraschungseffekt ausgeblieben war, hatte er praktisch nichts von dem

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