Conan der Befreier
haßt er den General.«
»Weiß denn keiner von euch mehr über diesen Grafen Ascalante?« fragte Conan. »Kann er die Truppen in die Schlacht führen? Ist er kampferprobt, oder nur ein weiterer dieser parfümierten Günstlinge des wahnsinnigen Numedides?« Als die anderen ihm darauf keine Antwort zu geben vermochten, fuhr Conan fort: »Laßt eure Sergeanten ihre Männer befragen. Vielleicht hat einer unter dem Grafen gedient und weiß, wie gut er als Offizier ist.«
»Glaubt Ihr«, fragte Prospero, »daß dieser neue Befehlshaber der Grenzlegion nicht möglicherweise ungewollt unserem Zweck dienen könnte?«
Conan hob die Schultern. »Vielleicht, vielleicht auch nicht. Wir werden sehen. Wenn es tatsächlich zu Troceros versprochener Ablenkung kommt ...«
Graf Trocero lächelte wissend.
Am folgenden Morgen sammelten die Rebellenführer sich auf der Erhebung und schauten mit fast feierlichen Mienen über den Fluß. Die Grenzlegion war wieder zur Parade angetreten. Ein kleiner Trupp Berittener mit dem Streitwagen des verstorbenen General Amulius Procas', von zwei Rappen gezogen, bewegte sich langsam durch das Lager und schließlich die Straße nach Culario entlang. Ein schwarzer Sarg war auf den Streitwagen gebunden.
»Das war das letzte, was wir von dem alten Amulius sahen«, brummte Conan. »Wenn er König von Aquilonien gewesen wäre, sähe es jetzt anders aus im Land.«
Ein paar Nächte später, als der Nebel dicht über dem Alimane hing, kehrte der schwarzgekleidete Schwimmer zurück, den Graf Trocero vor einigen Tagen ausgeschickt hatte. Wieder trug er ein Schreiben in einer wasserdicht geölten Seidenhülle um den Hals.
In dieser Nacht hob sich das Löwenbanner dem silbernen Mond entgegen.
8. Schwerter über den Alimane
8
SCHWERTER ÜBER DEN ALIMANE
Seit einigen Monaten hatten Graf Troceros Freunde ihre Arbeit getan und gut getan. Auf den Marktplätzen, in den Herbergen und Tavernen, in Dörfern, Städtchen und Städten, überall in der gesamten Provinz Poitain verbreitete sich auf leisen Schwingen die Kunde: »Der Befreier kommt!«
So nannten Graf Troceros Partisanen Conan, an den sie sich aus vergangenen Jahren erinnerten. Sie alle hatten von dem riesenhaften Cimmerier gehört, der mitten in den Fluten des Donnerflusses die wilden Pikten zurückgeschlagen hatte, die sonst zu Tausenden über die Grenze geschwärmt wären, um die Bossonischen Marschen zu verwüsten und dort zu schänden und zu brandschatzen. Die Poitanen, die jetzt seine Heldentaten kannten, schauten hoffnungsvoll auf den Unschlagbaren, damit er sie aus den Klauen des blutigen Tyrannen befreie.
Seit Wochen stahlen sich Bogenschützen und andere Bewaffnete südwärts, und weiter südwärts, dem Alimane zu. In den Dörfern beugten sich die Männer in den Wirtshäusern über ihre Bierkrüge. Sie steckten die Köpfe zusammen und flüsterten von der bevorstehenden Invasion.
Endlich kam der Befreier. Die Zeit, Poitain zu retten, war nahe, und danach ganz Aquilonien, das sich unter der schweren Hand des wahnsinnigen Numedides krümmte. Die Kunde, die so heißersehnt worden war, war in einem wasserdichten Seidenumschlag gekommen und mit dem Siegel des allseits verehrten Grafen Trocero versehen.
Sie waren bereit.
Die kalte, neblige Nacht ließ den Posten, einen jungen Gundermann, frösteln. Er nieste heftig, dann stampfte er mit den Füßen und schlug mit den Armen auf die Schultern, um ein wenig warm zu werden. Wachestehen war selbst bei schönem Wetter unangenehm, fand er, aber in tiefster Nacht und bei einem Nebel und einer Temperatur wie heute war es einfach scheußlich.
Wenn er sich nur nicht so dumm angestellt hätte, sich dabei erwischen zu lassen, wie er der Freundin seines Hauptmannes eine Kußhand zuwarf, hätte er jetzt in der wohligen Wärme des Unteroffizierskasinos mit den anderen zechen und fröhlich sein können. Wozu mußte man überhaupt das Haupttor der Kaserne von Culario in einer Nacht wie dieser bewachen? Glaubte der Kommandeur wirklich, eine Armee würde sich von Koth oder Nemedien oder gar vom fernen Vanaheim hierherstehlen, um die Garnison zu überfallen?
Traurig dachte er, wenn er das Glück gehabt hätte, als Sohn eines Landedelmanns geboren zu werden, tanzte er jetzt in schwerem Satin und vergoldetem Stahl beim Offiziersball. So sehr war er in seine Wunschträume vertieft, daß er das leise Scharren von Füßen auf dem Kopfsteinpflaster hinter sich nicht hörte. Er war sich seiner Umwelt
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