Conan-Saga 10 - Conan der Wanderer
Amir blinzelte und rieb sich die Augen, dann verengte er sie, um den winzigen Lichtblitz noch einmal zu sehen. Ein vorausgeschickter Späher, der sich hinter einer Düne roten Sandes verborgen hatte, gab Blinkzeichen mit einem Spiegel.
Jetzt erhob sich in der Ferne eine Staubwolke. Der stattliche schwarzbärtige turanische Edelmann grinste und vergaß seine verkrampfte Haltung. Der Verräter, sein Mittelsmann, hatte sich sein Bestechungsgeld wahrhaftig verdient!
Bald schon erkannte Boghra Khan die lange Reihe der Zuagirkrieger in ihren wallenden weißen Khalats auf den schlanken Wüstenpferden. Als die von den Hufen aufgewirbelten Staubwolken nicht mehr ganz so dicht waren, zeichneten sich die dunklen schmalen Geiergesichter ab, eingerahmt von der bis auf die Schultern hängende Kopfbedeckung – so klar war die Wüstenluft und so hell die Sonne. Befriedigung, berauschend wie der Rote Wein Aghrapurs aus den Privatkellereien des jungen Königs Yezdigerd, pulste durch des Amirs Adern.
Seit Jahren trieb diese Bande von Gesetzlosen nun schon ihr Unwesen. Sie fiel in den Städten ein, plünderte Handelsposten und Karawanenstationen entlang der turanischen Grenze – zuerst unter dem ruchlosen zaporoskanischen Halunken Olgerd Vladislav, und nun, seit etwas länger als einem Jahr, unter seinem Nachfolger Conan. Endlich waren fähige Spione in turanischen Ortschaften, die mit der Räuberbande auf gutem Fuß standen, auf einen bestechlichen Angehörigen dieser Meute gestoßen – einen Mann namens Vardanes, keinen Zuagir, sondern einen Zamorier. Vardanes war ein Blutsbruder Olgerds gewesen, den Conan verjagt hatte. Er dürstete nach Rache an dem Fremden, der sich selbst zum Häuptling gemacht hatte.
Boghra zupfte nachdenklich an seinem Bart. Der zamorianische Verräter war ein Gauner, der gern schmunzelte und lachte, so recht nach dem Herzen der Turaner. Vardanes, von kleinem Wuchs, schlank, geschmeidig, wortreich, tollkühn, mit den Zügen eines jungen Gottes, war ein unterhaltsamer Trinkkumpan, aber so kaltherzig und falsch wie eine Schlange.
Die Zuagir kamen nun durch den Engpaß. Ihnen voran ritt Vardanes auf einer tänzelnden Rappstute. Boghra Khan hob eine Hand als Signal, damit seine Männer sich bereithielten. Er wollte so viele Zuagir wie nur möglich im Paß haben, ehe er die Falle schloß. Nur Vardanes sollte durchgelassen werden. Sobald er den Sandsteinwall hinter sich hatte, ließ Boghra die Hand wie ein Beil herabsausen.
»Tötet die Hunde!« donnerte er und erhob sich.
Pfeile schwirrten wie tödlicher Hagel durch den Sonnenschein. In wenigen Atemzügen herrschte ein Wirrwarr schreiender Zuagir und sich aufbäumender Pferde. Salve um Salve machte sie nieder. Männer fielen, aus denen wie durch Zauberei gefiederte Schäfte wuchsen. Rosse wieherten schmerzerfüllt, wenn die scharfen Widerhaken sich in ihre schwitzenden Flanken bohrten.
Staub erhob sich in einer wogenden Wolke und hüllte den Paß ein. Boghra Khan hielt seine Schützen eine Weile zurück, um nicht unnötig Pfeile zu vergeuden. Doch diese Anwandlung von Sparsamkeit wurde ihm zum Verhängnis. Aus dem Lärm im Paß erhob sich eine grollende Donnerstimme:
»Stürmt die Hänge! Zeigt's den Burschen!«
Conans Stimme war es. Einen Herzschlag später lenkte er bereits seinen kräftigen feurigen Hengst die steile Steigung hinauf. Der Gedanke mochte sich aufdrängen, daß nur ein Narr oder eine Verrückter eine Böschung aus nachgiebigem Sand und bröckelndem Gestein geradewegs dem Rachen des Feindes entgegenstürmen würde, doch Conan war weder das eine noch das andere. Gewiß, wilder Rachedurst brannte in ihm, doch hinter seinem grimmigen sonnengebräunten Gesicht und den gleich blauen Flammen funkelnden Augen war der scharfe Verstand eines erfahrenen Kriegers am Werk. Er wußte, daß durch einen Hinterhalt der unerwartete Weg manchmal der einzige war.
In ihrer Überraschung senkten die Turaner die Bogen und starrten auf das ungewöhnliche Schauspiel: Aus dem staubverhangenen Paß raste eine wilde heulende Horde Zuagir, zu Fuß und beritten, den steilen Hang herauf, geradewegs auf sie zu. Wenige Atemzüge später erreichten die Wüstenkrieger – bedeutend zahlreicher, als der Amir angenommen hatte – brüllend, fluchend und ihre Krummsäbel schwenkend die Kuppe.
Ihnen voraus ritt der riesenhafte Cimmerier. Pfeile hatten seinen weißen Khalat aufgerissen, der nun sein glänzendes schwarzes Kettenhemd freigab. Seine Löwenmähne hing wie ein
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