Conan-Saga 21 - Conan der Barbar
verlassen.«
Der Mann schloß die Hände um die kleinen seines Sohnes und legte sie um den Griff des gewaltigen Schwertes. »Das Herz eines Mannes ist wie ein Stück unbearbeitetes Eisen. Erst Not und Widrigkeiten tempern es, und die Hindernisse, die gedankenlose Götter ihm in den Weg werfen, und die er überwindet, schmieden es. In den Feuern des Kampfes wird es geläutert und gehärtet, und auf dem Amboß des seelischen Leides und der Verzweiflung geformt.
Erst wenn dein Herz dem Stahl gleicht, bist du würdig, ein edles Schwert zu führen und damit deine Feinde zu besiegen, wie die Götter es taten, als sie die finsteren Riesen schlugen. Wenn du die Geheimnisse des Stahles beherrschst, mein Sohn, wird dein Schwert dir zur Seele werden.«
Sein ganzes Leben blieben Conan diese Worte seines Vaters in jener blitzzerrissenen Nacht in Erinnerung. Mit der Zeit begann er, die ihm damals rätselvollen Sätze, und das, was sein Vater ihn damit lehren wollte, zu verstehen: daß aus Leid Kraft geboren werden kann, und das Menschenherz nur durch Schmerz und Entbehrung so stark wie Stahl wird. Doch viele und lange waren die Jahre, bis er eins mit dieser Weisheit wurde.
Auch eine andere Nacht blieb Conan unvergessen, eine Nacht vierzehn Tage früher, als der Mond sich wie ein schimmernder Totenschädel vom schwarzen Leichentuch des Himmels abhob. Der Schnee glitzerte in seinem unheimlichen Licht, und ein schneidender Wind ächzte durch die reifschweren Tannen. Der Junge stapfte durch das schlafende Dorf über die holprige Straße zur Schmiede seines Vaters. Ein Feuer loderte und scheuchte die Finsternis. Es warf seinen Schein golden, dann rot und wieder golden auf den Lederschurz des Schmiedes und sein von Funken versengtes Beinkleid. Er spiegelte sich auf der schweißnassen Stirn wider und spielte über das Gesicht des Jungen, der mit großen Augen von der Tür aus zusah.
Unermüdlich trat sein Vater auf den Blasebalg. Dann griff er nach einer langen Zange und holte aus dem Herzen der Esse ein weißglühendes langes, flaches und schmales Stück Eisen. Er legte es auf den Amboß und hämmerte es zur gewünschten Form. Bei jedem Schlag stob ein Funkenregen davon.
Als der abkühlende Kern des Eisens sich von weiß zu gelb und schließlich zu einem schwelenden Rot gewandelt hatte, schob der Schmied es in die Esse zurück und trat erneut den Blasebalg. Zufällig fiel sein Blick auf die Tür, und er sah den Jungen. Seine ernsten Züge erhellten sich.
»Was machst du hier, Sohn? Solltest du nicht im Bett sein?«
»Du sagtest, ich darf dir zusehen, wie du das Eisen zu Stahl machst, Vater.«
»Das tat ich. Mit ein wenig Glück werde ich es heute nacht noch schaffen. Die Leute hier halten Nial, den Schmied, für eine Art Zauberer, weil er Eisen in Stahl verwandelt, da möchte ich sie nicht gern enttäuschen.«
Tatsächlich erachteten seine Nachbarn den Schmied fast für etwas wie einen Gott. Er war aus den Landen im Süden gekommen, mit dem Geheimnis des Stahles in seiner Brust – jenem kostbaren Erbe der alten Atlanter, das von den Menschen dieser Zeit für verloren und vergessen gegolten hatte.
Als der Junge näherkam, holte der Schmied das Eisen erneut aus dem Feuer. »Halte Abstand«, wandte er sich an seinen Sohn, »denn die Funken sprühen weit. Ich möchte nicht, daß du dich verbrennst.«
Der Amboß schallte wie eine von einem Riesen geschlagene Bronzeglocke. Ein Sprühregen von Funken stieg vor dem schwer arbeitenden Schmied auf und fiel hernieder. Allmählich nahm das glühende Eisen die Form einer gewaltigen Schwertklinge an. Mit der Zange hob er das Metall vor die Augen und begutachtete es Zoll für Zoll. Als er eine leichte Unebenheit entdeckte, hämmerte er sie mit ein paar Schlägen gerade.
Nach einer weiteren Erhitzung und sorgfältigen Begutachtung tauchte Nial das glühende Eisen in einen Bottich mit Wasser, um das formbare Eisen vor seiner endgültigen Verwandlung zu Stahl abzuhärten. Es zischte wie eine Schlange und eine Dampfwolke stieg auf, die den Schmied einen Herzschlag lang in das schleierfeine Gewand eines Gottes zu hüllen schien.
»Bring mir den Eimer Holzkohle!« wies Nial seinen ehrfürchtig staunenden Sohn an. »Um den Stahl hart und doch geschmeidig zu machen, muß die Klinge jetzt in einem Bett aus Kohle bei gleichmäßiger Temperatur gebacken werden. Das ist das Geheimnis der alten Atlanter: das Wissen, das ich aus dem Süden mit mir brachte, als ich meinen Stamm verließ.
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