Conan-Saga 25 - Conan der Unüberwindliche
auf
Gnade und Ungnade zu ergeben. Jhandar hatte sie nicht sofort getötet, als sie
sich sicher in ihrem Gemach im Palast ihres Gemahls wähnte, sondern sie
hierherbringen lassen, damit sie ihren Zweck in seinem großen Plan erfüllen
möge. Es war der Tod, vor dem sie sich fürchtete, doch er hatte Schlimmeres mit
ihr vor.
»Bereitet sie vor!« befahl der
Zauberer.
Vergebens wehrte sich die Frau
gegen die Männer, die sie an Hand- und Fußgelenken an den schwarzen Altar
banden. Sie wurde vom Knebel befreit, und sie benetzte die trockenen Lippen.
»Gnade, Großmeister«, flehte sie. »Laßt mich Euch dienen!«
»Das tust du«, erwiderte
Jhandar.
Von einem Tablett aus
gehämmertem Gold, das einer der Auserwählten hielt, nahm der Zauberer einen
Dolch mit Silberklinge und hob ihn hoch über die Frau. Der Mann mit dem Tablett
wich hastig zurück. Natryns Schreie vermischten sich mit Jhandars Beschwörung,
als er die Macht des Chaos rief. Seine Worte hallten von den Wänden wider,
obgleich er seine Stimme nicht hob, denn er wollte nicht, daß sie das Schreien
und Wimmern der Frau übertönte. Er spürte die Macht in ihm, durch ihn strömen.
In silberschimmerndem Blau wölbte sich eine Kuppel über Altar, Opfer und
Zauberer. Die Auserwählten fielen auf die Knie und preßten ehrfürchtig die
Stirn auf den Marmorboden. Jhandars Dolch sauste hinab. Natryn zuckte und
schrie ein letztes Mal, als die Klinge bis zum Schaft in ihre Brust stieß.
Schnell bückte Jhandar sich nach
einer goldenen Schale. Die Klinge und eine Seite der Parierstange waren hohl,
und so konnte das Blut aus dem Herzen in das Gefäß fließen. Als es voll war,
zog Jhandar die Klinge zurück, hob sie mit der Schale hoch und rief mit
schneidend kalter Stimme nach der Macht, rief nach Leben, das keines war, nach
Tod, der keiner war. Dann hob er die Schale noch höher, kippte sie und
schüttete sie aus. Das Blut strömte hinab und verschwand im Nichts, und mit ihm
schwand die glühende Kuppel.
Mit einem zufriedenen Lächeln
ließ Jhandar seine Zauberinstrumente auf den Boden fallen. Nun verunstaltete
keine Wunde Natryns Schönheit mehr. »Erwache, Natryn!« befahl er, während er
ihre Fesseln löste.
Die Lider der soeben Erstochenen
zuckten. Sie hob sie und starrte Jhandar an. Ihr Blick war mit Grauen gefüllt
und doch leer. »Ich – ich war tot«, wisperte sie. »Ich stand vor Erliks Thron.«
Schaudernd krümmte sie sich auf dem Altar zusammen. »Mir ist kalt.«
»Natürlich ist dir kalt«,
bestätigte Jhandar grausam. »Es fließt ja auch kein Blut mehr durch deine
Adern, da du nicht mehr am Leben bist. Aber du bist auch nicht tot; weder tot
noch lebendig, und du kannst nur noch eines: mir willenlos gehorchen, bis du
den wahren Tod findest.«
»Nein«, wimmerte sie. »Ich werde
nicht …«
»Sei still!« sagte er scharf.
Sofort verstummte sie.
Jhandar wandte sich wieder
seinen Anhängern zu. Seine Auserwählten wagten jetzt, die Köpfe zu heben. Sie
beobachteten ihn erwartungsvoll. »Wofür kämpft ihr?« rief er nun.
Unter ihren Gewändern holten die
Auserwählten nadelspitze Dolche hervor und stießen sie durch die Luft. »Wir
kämpfen für Unordnung, Wirrnis und Anarchie!« brüllten sie. »Wir kämpfen für
das heilige Chaos bis zum Tod!«
»So kämpft!« befahl Jhandar.
Die Dolche verschwanden, und die
Auserwählten verließen der Reihe nach das Heiligtum, um jene aufzusuchen, deren
Namen Jhandar ihnen zuvor gegeben hatte.
Wahrhaftig bedauerlich, daß der
alte Magier nicht mehr lebt! dachte Jhandar. Wie sehr sein Schüler ihn doch
bereits übertroffen hat! Und wieviel größer sein Schüler noch werden würde!
Er schnippte mit den Fingern,
und sie, die nun nur noch zum Teil Lady Natryn von Turan war, folgte ihm
willenlos aus dem Opferraum.
Conan
der
Unüberwindliche
1
Viele Städte trugen den Beinamen
»die Mächtige« oder »die Verruchte«, doch Aghrapur, diese große Stadt mit ihren
Elfenbeintürmen und goldenen Kuppeln, Königsstadt und Hauptstadt des gewaltigen
Turans, hatte einen solchen Beinamen nicht nötig. Die Verruchtheit und Macht
dieser Stadt waren überall so wohlbekannt, daß es gleichbedeutend gewesen wäre,
wie Gold zu vergolden, wenn man ihr einen Beinamen gegeben hätte.
Eintausendunddrei Goldschmiede
waren in der Gilde eingetragen, doppelt soviele Silberschmiede, und noch einmal
halb soviele Meister, die Edelsteinen Schliff und Fassung gaben. Sie und eine
riesige Zahl von Kaufleuten, die mit Seiden
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