Conan-Saga 26 - Conan der Siegreiche
…«
»Wein!«
unterbrach Conan ihn barsch und ließ ein paar Kupfermünzen auf den Boden
klappern. »Und seht zu, daß eine Maid ihn bringt.« Er deutete auf das für eine
Dirne so ungewöhnlich gekleidete Mädchen. »Die dort in der Ecke ist mir recht.«
»Sie
arbeitet nicht für mich«, brummte der Wirt. Er bückte sich, um Krug und Münzen
aufzuheben, dann ging er auf Hände und Knie, um sich auch noch das letzte
Kupferstück unter dem Tisch zu holen. »Aber Ihr sollt eine Maid bekommen, keine
Angst.«
Er
verschwand durch eine Hintertür, und kurz darauf eilte ein dralles Mädchen
heraus. Ein Streifen blauer Seide bedeckte kaum ihren durch die Hast ihrer
Bewegungen hüpfenden Busen, und ein etwas breiterer war um ihre Hüften
geschlungen. Sie stellte eine Kanne Wein und zwei verbeulte Becher vor die
beiden Männer. Sich in den Hüften wiegend, trat sie mit verführerischem Lächeln
dicht an Conan heran. Er bemerkte sie jedoch kaum, denn sein Blick haftete
wieder auf der Dirne mit dem rotbraunen Haar.
»Narr!«
fauchte die Schankmaid erbost. »Genausogut könntet Ihr einen Eisblock in die
Arme nehmen wie die da.« Ungehalten entfernte sie sich.
Conan
blickte ihr erstaunt nach. »Was, bei Zandrus Neun Höllen, ist in sie gefahren?«
knurrte er.
»Wer
versteht die Weiber?« brummte Boros abwesend. Hastig füllte er sich einen
Becher und goß die Hälfte in sich hinein. »Außerdem«, fuhr er düsteren Tones
fort, nachdem er tief Luft geholt hatte, »werden wir jetzt nach Tiberios Tod
ganz andere Sorgen haben.« Er setzte den Becher wieder an.
»Tiberio
ist tot?« fragte Conan ungläubig. »Keine zwei Stunden sind es her, da redeten
wir noch von ihm, und niemand erwähnte seinen Tod. Bei Erliks Thron, hör zu
trinken auf und sprich! Was ist mit Tiberio?«
Mit
sichtlichem Widerstreben setzte Boros seinen Becher ab. »Erst jetzt macht das
Wort die Runde. Vergangene Nacht starb er. Hat sich im Bad die Pulsader
aufgeschnitten. Das wird jedenfalls behauptet.«
Conan
brummte. »Wer soll das glauben? Schließlich hatte er nach Valdrics Tod das
größte Recht auf den Thron.«
»Die
Menschen glauben, was sie glauben wollen, Cimmerier. Oder sie fürchten sich, es
nicht zu glauben.«
Es
hatte kommen müssen, dachte Conan. So viele waren entführt worden: Gattinnen,
Söhne, Töchter. Manchmal war der Bruch eines Bündnisses verlangt worden oder
die Aufdeckung eines Geheimnisses; manchmal hatten die Entführer auch
geschwiegen, und so einen Edlen in seiner Burg vor Furcht gelähmt. Jetzt fingen
die Meuchelmorde an. Er war froh, daß immer ein Drittel seiner Freien Kompanie
Wache in Timeons Palast hielt. Einen Dienstherrn auf diese Weise zu verlieren,
wäre schlecht für den Ruf.
»‘s
paßt alles zusammen«, fuhr Boros mit lallender Stimme fort. »Jemand bemüht sich
um die Wiederauferstehung Al’Kiirs. Ich habe Lichter auf dem verfluchten Berg
gesehen, hörte wispern von Schwarzem Wissen. Und diesmal wird es keinen
Avanrakash geben, der ihn in Bann halten kann. Wir brauchten die Wiedergeburt
Moranthes des Großen. Nur einer wie er kann jetzt noch Ordnung schaffen.«
»Wovon
redest du eigentlich? Nicht so wichtig. Wer ist nach Tiberio der nächste in der
Thronfolge? Valentius, nicht wahr?«
»Valentius.«
Boros schnalzte abfällig mit der Zunge. »Ihn wird man den Thron nie besteigen
lassen. Er ist zu jung.«
»Er
ist ein erwachsener Mann«, entgegnete Conan verärgert. Er wußte wenig über
Valentius, und er interessierte sich auch nicht für ihn, aber immerhin war der
Graf ganze sechs Jahre älter als er.
Boros
lächelte. »Zwischen euch zwei ist ein großer Unterschied, Cimmerier. Du hast
die Erfahrung von zwei ganzen harten Leben in deine jungen Jahre gezwängt.
Valentius dagegen führte das Leben eines weichen Höflings, mit sanften Worten,
höfischem Benehmen und allem nur vorstellbaren Luxus.«
»Du
redest Unsinn«, brummte Conan. Wie hatte der andere seine Gedanken lesen
können? Ein schneller Aufstieg hatte seine Reizbarkeit nicht gebessert, wenn
von seiner Jugend gesprochen wurde, und auch nichts an seinem Ärger über jene,
die ihn für zu jung für seine Stellung hielten. Jedenfalls hatte er Besseres zu
tun, als mit einem Betrunkenen herumzusitzen, der es nicht bis zum richtigen
Zauberer gebracht hatte. Da war beispielsweise die Dirne mit dem rotbraunen
Haar. »Den Rest des Weines überlasse ich dir«, brummte er. Er griff nach dem
Sack mit der Bronzestatue und verließ Boros’
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