Corbins 04 - Wer den Weg des Herzens folgt...
war
zerzaust vom ewigen Darüberstreichen.
Gillian trat zu dem Mann, der sie so
lange und so gut geliebt hatte, und stellte sich zwischen ihn und die Frau, die
er unablässig beobachtete. »Wir haben noch Zeit für einen ... ganz privaten
Abschied«, sagte sie in lockendem Ton und ergriff eines seiner Krawattenenden.
Doch Quinns Augen funkelten so
empört, daß sie augenblicklich ihre Hände sinken ließ. »Wir haben uns schon vor
vielen Jahren verabschiedet, Gillian«, sagte er.
Gillian senkte den Blick, weil sie
die Verachtung, die in seinen Augen lag, nicht ertrug. »Vor Jahren? Wir waren
bis vor wenigen Wochen noch verlobt, Quinn. Du hast mich geliebt, und du
wolltest mich heiraten . .«
»Nein«, antwortete er. »Ich habe nur
eine Rolle gespielt — genau wie du. Wenn es uns ernst gewesen wäre mit der
Heirat, hätten wir bestimmt nicht so viele Ausreden gefunden, die Trauung zu
verschieben.«
Gillian war betroffen, weil es
stimmte, was Quinn sagte. Sie war gern mit ihm zusammen gewesen, aber seine
Frau hatte sie nie sein wollen, denn dann hätte sie sich Rafferty nennen
müssen, und der Name war ihr ein Greuel. Quinns Vater war ein verachtenswerter
Mensch und seine Mutter eine scheue, unterdrückte Kreatur gewesen, die anderer
Leute Wäsche gewaschen hatte.
Sie schaute auf und sah, daß Quinn
lächelte. »Du wirst sehr glücklich in England sein«, sagte er. »Du bist dazu
geboren worden, einmal die Herrin auf einem Schloß zu sein.«
Gillian fühlte sich etwas besser.
»Und sie?« fragte sie mit einem Blick auf Melissa. »Wozu ist sie geboren?«
Quinn lachte. »Um mir das Leben zu
vergiften. Als wandelnde Strafe für alle Sünden, die ich je begangen habe oder
je begehen werde. Und ich weiß nicht, wie ich bisher ohne sie leben konnte ...«
Gillian stellte sich auf die
Zehenspitzen, küßte Quinn und wandte sich ab — voller Freude auf die Zukunft
und auf Ajax, den sie in New York treffen und mit dem sie ein neues Leben
beginnen würde. Sie hatte noch so viel zu packen ...
Jeff drängte Melissa in eine stille Ecke
des Gartens. »Gut«, sagt er er dann. »Jetzt will ich wissen, was hier vorgeht.«
Melissa gab sich erstaunt, obwohl
sie genau wußte, daß Jeff sich fragte, warum sie den Tag mit Mitch verbrachte,
statt mit Quinn, von dem Jeff glaubte, daß er ihr Ehemann wäre. Während sie
noch überlegte, was sie sagen sollte, legten sich von hinten zwei starke Arme
um sie.
Sie zuckte erschrocken zurück, aber
dann sah sie, daß es Quinn war. Er küßte sie schamlos, und sie errötete, als er
sie endlich freigab, aber ein Blick auf Jeff bewies, daß seine Frage für den
Moment beantwortet war.
»Ich dachte schon, ihr wärt beide
mit anderen Partnern hier«, sagte Jeff, erleichtert, sich geirrt zu haben.
Quinn stand hinter Melissa und hielt
sie fest in den Armen. Dann gab er ihr einen liebevollen Klaps auf den Po. »Ich
lasse meiner kleinen Frau gern ihre Freiheit«, meinte er großzügig.
Melissa hätte ihn am liebsten
getreten. Er forderte sie absichtlich heraus, weil er wußte, daß sie es nicht
wagen würde, Jeff die Wahrheit zu erzählen. So blieb ihr nichts anderes übrig,
als errötend den Kopf abzuwenden.
Das brachte Jeff zum Lachen. Er
ging, um Fancy zu suchen, und dachte sicher, er hätte Melissa einen Gefallen getan, sie mit ihrem Mann allein zu lassen. Als sie herumwirbelte, um
Quinn für seine Frechheit zu bestrafen, zog er sie von neuem in die Arme und
begann sie leidenschaftlich zu küssen.
Dann erklang Musik aus dem Ballsaal,
und Quinn und Melissa lösten sich widerstrebend voneinander. In der Ferne
ballten sich dunkle Wolken am Horizont zusammen. Melissa erschauerte ein wenig
und ließ sich bereitwillig von Quinn hinein und auf das Parkett führen.
Eine Tanz folgte auf den anderen,
bis Melissa völlig außer Atem war. Der enge Kontakt mit Quinn löste ein
heftiges Verlangen in ihr aus, und es beschämte sie, in aller Öffentlichkeit
derartige Gefühle zu verspüren.
Irgendwann ging sie unter einem
Vorwand in den Garten hinaus, um sich in der kühlen Brise zu beruhigen und ihr
inneres Gleichgewicht wiederzufinden.
Die heiße Quelle im Teich zog sie
wie magisch an. Sie holte den Schlüssel zu dem pavillonartigen Gebäude, in dem
sich der Teich befand, schloß auf und streifte ihre Schuhe ab.
Das Wasser sah so einladend aus, daß
Melissa ihre schulterfreie spanische Bluse und den bunten Rock auszog und
beides — zusammen mit ihrer Unterwäsche und ihren Strümpfen — auf eine
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