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Cut

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Titel: Cut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Kyle Williams
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Rauser und las ihm vor, so wie ich in meiner Kindheit meiner Mutter vorgelesen hatte. Jeden Tag bekam er den Inhalt der Morgenzeitung zu hören, außerdem eine großzügige Dosis meiner persönlichen Gedanken. Ich wollte, dass er mit dem Leben verbunden blieb, mit mir und meiner Stimme und mit den Nachrichten über die Stadt, die zu schützen er geschworen hatte. Wenn ich nachts das Gefühl hatte, dass alles auf mich einstürzte und ich meine Erinnerungen an die Schüsse auf Rauser oder an Dianes Stimme, als sie versuchte, mich zu töten, nicht mehr ertrug, hatte ich mir angewöhnt, wieder in sein Zimmer zu gehen.
Weil du nicht aufhören wirst
  … Dann schmiegte ich mich an ihn und musste an tausend kleine Momente mit ihm denken. Ich hätte netter sein sollen, dachte ich. Manchmal hatte ich ihn rücksichtslos gehänselt. Hatte ich ihm eigentlich jemals erzählt, wie klug oder wie gut aussehend oder wie lustig ich ihn finde oder wie unglaublich sexy er in diesen dämlichen Liebestötern aussieht? Warum hatte ich nicht zugegeben, dass ich eifersüchtig auf Jo Phillips war? Und die Sache mit Jodie Foster, von der er immer wieder angefangen hatte, hatte mich tatsächlich ein bisschen wütend gemacht. Gott, was würde ich dafür geben, nur eine von seinen nervtötenden kleinen Eigenarten wiederzuhaben.
    Ich dachte an die Nacht auf dem Spielplatz zurück, daran, wie Rauser sich an die Brust gefasst und völlig überrascht ausgesehen hatte, als ihm klargeworden war, dass man auf ihn geschossen hatte. Mein Magen verkrampfte sich vor Wut und Trauer. Ich hätte es wissen müssen. Ich hätte sie aufhalten können.
    Ich rutschte vom Bett und griff nach meiner Jogginghose. Ich weigerte mich kategorisch, im Nachthemd durch Krankenhausgänge zu laufen. Ich sah so schon schlimm genug aus.
    Mein Telefon signalisierte mir, dass ich eine SMS erhalten hatte. Ich seufzte. Erst heute hatte meine Mutter rausgekriegt, wie man Textnachrichten schrieb und verschickte, und leider war sie schnell sehr gut darin geworden.
    Als ich aufs Display sah, hatte ich das Gefühl, ein Schlag in den Magen bekommen zu haben. Ein unbekannter Teilnehmer. In gewisser Weise hatte ich damit gerechnet, seit ich wusste, dass Margaret Haze verschwunden war.
    Was für ein Jammer mit Diane. Sie war so labil. Wie hat es sich angefühlt zuzusehen, wie sie ihr Leben aushaucht? Sorry, dass ich plötzlich gehen musste. Ein neues Leben beginnt. Aber keine Sorge. Die Leute machen immer ihre Tür auf. M.
    Ich schickte die Nachricht an Williams weiter. Er würde sofort alle Hebel in Bewegung setzen, um die SMS zurückzuverfolgen, aber ich wusste, dass Margaret sie nicht abgeschickt hätte, wenn sie nicht in Sicherheit gewesen wäre.
    Wie es sich anfühlt? Als würde ich nicht mehr wissen, wo oben und unten ist, Margaret, so fühlt es sich an. Als wäre ich selbst tot auf den Scheißboden gefallen.
    Ich schob die schwere Tür von Rausers Krankenhauszimmer auf, schmiegte mich an ihn, legte ihm eine Hand auf die Brust und flüsterte: «Ohne dich ist alles sinnlos.» Dannschloss ich die Augen. Unendliche Traurigkeit überkam mich, doch ich schien keine Tränen mehr übrig zu haben. Ich küsste ihn auf die Wange und schob mir seinen Arm unter den Hals. Ich vermisste es so sehr, mit ihm zu lachen und zu sprechen. Wir hatten miteinander gesprochen wie zu keinem anderen Menschen. Wir hatten uns unser Leben erzählt, all die Dinge, die uns geprägt und verändert und erfreut hatten, Geschichten, die man sich für den Menschen aufspart, der einem vom Schicksal wie ein Wahrheitsserum gegeben wird. Und wenn man diesen Menschen nicht mehr hat, ist es, als wäre man gefesselt und geknebelt. Alles staut sich in einem an, ohne Ventil, wie ein Fluss, der über seine Ufer tritt.
    «Rauser, du Mistkerl, wenn du nicht aufwachst, mache ich mein ganzes Leben lang nur noch verächtliche Bemerkungen über Jodie Foster», sagte ich zu ihm, und dann schlief ich dicht neben ihm ein wie in so vielen Nächten seit den Schüssen im Park.
    Es war noch dunkel, als ich aufwachte und einen Druck auf meiner Schulter spürte. Er konnte nur von seiner Hand stammen. Das war nicht mehr der schlaffe Arm, den ich mir vor dem Einschlafen unter den Hals geschoben hatte.
    Mein Herz raste, doch einen Moment lang war ich ganz still, und dann begriff ich, dass Rauser mich hielt. Seine Brust hob und senkte sich. Er atmete gleichmäßig und kräftig. Er wirkte gestärkt.
    Ich hob langsam den Kopf.
    «Ich dachte schon, du

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