Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cyber City

Cyber City

Titel: Cyber City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
Vom Netzwerk:
hatte begonnen, zu wachsen. Noch war es Teil des alten Elysium – ein neues Gitter, das von den Prozessoren des alten simuliert wurde –, aber sie wußte, daß die Kontrollsoftware ihr keine weitere Gelegenheit geben würde. Sie würde nicht zulassen, daß sie den START verzögerte.
    Erneut blickte sie zum Eingang zurück. Der Korridor glitt noch immer sanft von ihr weg, ein paar Zentimeter in jeder Sekunde. Wieviel weiter könnte er noch zurückweichen, bevor der Eingang auf eine Wand treffen würde und Durham gestrandet wäre?
    Fluchend machte sie einen Schritt auf den Eingang zu und griff mit der Hand hindurch. Die unsichtbare Grenze zwischen den Umgebungen war noch durchlässig. Sie ging in die Hocke und tastete nach dem Boden; ihre Hand erwischte noch eben den zurückweichenden Teppich.
    Sie zitterte vor Furcht, als sie wieder aufstand und die Schwelle übertrat. Sie verharrte einen Augenblick, um hinter den Eingang zu sehen; er mündete in einer Entfernung von zwölf oder fünfzehn Metern in eine Sackgasse. Sie hatte vier oder fünf Minuten. Höchstens.
    Durham war noch immer im Garten. Er versuchte weiterhin erfolglos, den Mann zu Bewußtsein zu bringen. Als er sie hörte, blickte er ärgerlich hoch. »Was machen Sie denn hier?«
    Sie kam wieder zu Atem. »Ich habe den START verpaßt. Und dieses … Ding hier ist dabei, sich abzutrennen. Wie die Stadt. Sie müssen raus!«
    Durham wandte sich wieder dem Fremden zu. »Er sieht aus wie ein verjüngter Thomas Riemann, aber es könnte auch ein Nachfahre sein. Einer von Hunderten. Oder Millionen. Wir wissen es nicht.«
    »Millionen? Wo sind sie? Es sieht so aus, als wäre er ganz allein hier. Es gibt keine Anzeichen von anderen Umgebungen, und Sie haben nur diesen einen Kommunikationskanal entdeckt, oder?«
    »Wir wissen nicht, was das bedeutet. Die einzige Möglichkeit, um sicher zu sein, ist, das wir ihn wecken. Wir müssen ihn fragen. Und ich kriege ihn nicht wach!»
    »Und wenn wir ihn einfach … hier heraustragen? Ich weiß: Dieses Modell ist deswegen noch lange nicht in einer sichereren Umgebung – aber wenn unsere Modelle von dieser Umgebung beeinflußt worden sind und wieder der menschlichen Physiologie gehorchen müssen, dann ist die Logik hinter all dem sowieso bereits unterminiert.«
    »Und was ist, wenn es andere gibt? Ich kann sie nicht einfach im Stich lassen!«
    »Wir haben keine Zeit mehr! Was können Sie denn für die anderen tun, wenn Sie hier drin gefangen sind? Wenn diese Welt zerstört wird? Nichts! Wenn sie irgendwie überlebt … dann auch ohne Sie!«
    Durham blickte sie angewidert an, aber schließlich nickte er zögernd.
    Sie sagte: »Los, setzen Sie sich in Bewegung! Sie sind verletzt. Ich werde die schlafende Schönheit tragen.«
    Sie beugte sich nieder und versuchte, den schlafenden Riemann – Thomas oder wer auch sonst – auf die Schultern zu laden. Es hatte immer so einfach ausgesehen, bei der Feuerwehr. Durham war stehengeblieben und hatte ihr zugesehen; jetzt kam er zurück, um ihr zu helfen. Nachdem sie stand, war es nicht mehr ganz so schwer. Für die ersten Meter.
    Durham humpelte neben ihr her. Zuerst beschimpfte sie ihn und versuchte mit falschem Lächeln, ihn zum Vorangehen zu bewegen, aber dann gab sie auf und gestand sich die Unmöglichkeit ihres Vorhabens ein. Rot und atemlos keuchend sagte sie: »Ich hätte nie gedacht, … daß ich eines … Tages Zeugin der Auflösung eines … Universums werden würde, … während ich einen nackten … Handelsbankier auf den Schultern …« Sie zögerte. »Glauben Sie, es hilft, wenn wir unsere Augen schließen und gemeinsam sagen: ›Wir glauben nicht an Treppenstufen‹? Vielleicht …«
    Auf der Treppe brach sie unter dem Gewicht Riemanns fast zusammen. Sie hatte den verzweifelten Wunsch, ihre Last abzulegen und sich auszuruhen, aber sie war sicher, daß sie es dann nie schaffen würden.
    Schließlich erreichten sie den Korridor. Der Eingang war noch immer sichtbar, aber er bewegte sich langsam weg. Maria sagte: »Laufen Sie voraus und … halten Sie ihn irgendwie offen!«
    »Wie?«
    »Weiß nicht. Stellen Sie sich in die Mitte …«
    Durham warf ihr einen zweifelnden Blick zu, aber er humpelte los und erreichte den Durchgang ein ganzes Stück vor ihr. Er schritt hindurch, drehte sich und stellte ein Bein auf jede Seite der Schwelle, streckte eine Hand nach ihr aus – bereit, sie auf den abfahrenden Zug zu ziehen. Eine Vision tauchte vor ihrem geistigen Auge auf: Er wurde in

Weitere Kostenlose Bücher