Dackelblick
durchpassen.
»Los! Worauf wartest du?«, drängelt Beck.
»Keinen Stress! Ich muss mich konzentrieren.«
Ohne einen kleinen Sprung wird es nicht gehen - schließlich will ich nicht stecken bleiben. Aber um zu springen, brauche ich ein bisschen Anlauf, und das ist auf dem Stuhl unmöglich. Mist, ich müsste einfach noch ein Stück höher sein, dann wäre es deutlich einfacher.
»Herkules, schau mal, ob du mit der Schnauze an den Griff kommst. Vielleicht kannst du die Tür ganz öffnen, wenn du den Griff mit den Zähnen zu packen kriegst. Dann musst du ihn nur noch nach unten ziehen.«
Was heißt denn hier
nur noch?
Sind wir hier im Zirkus? Das Öffnen von versperrten Türen durch kleine Dackel fällt doch wohl eindeutig unter
technische Kunststücke.
»Probier's einfach mal, das kann doch nicht so schwer sein!«
Der hat gut reden, wie er da auf seinem dicken Hintern sitzt. Andererseits - vielleicht ist die Idee nicht so schlecht. Auf alle Fälle besser, als bei einem Sprung in dem Spalt stecken zu bleiben. Ich mache also Männchen, bekomme tatsächlich den Griff der Tür zu fassen, schnappe zu und lasse mich dann wieder auf die Sitzfläche fallen. Mit einem Ruck bewegt sich der Griff nach unten - und die Tür schwingt auf! Sensationell! Ich, Carl-Leopold von Eschersbach, habe soeben eine Balkontür geöffnet!
Meine Euphorie währt allerdings nur einen kurzen Augenblick. Denn zwei Sekunden später stehe ich zwar neben Herrn Beck auf dem Balkon, aber schnell wird mir klar, dass unser Spitzenplan nicht bis zu Ende gedacht war. Wie, zum Geier, komme ich von diesem Balkon herunter?
NEUNZEHN
»Ich bin ein Held, ein Supermann, ein Superdackel!« »Hast du diesen Satz gesehen? War das nicht phänomenal? Geradezu eine Sensation?« »Ja, war ganz gut.«
»Ganz gut? Es war PERFEKT! Ich habe es einfach drauf, mein Lieber.« Herr Beck scheint nicht ganz zu begreifen, dass dies gerade eine athletische Jahrhundertleistung war. »Ich meine, hast du schon mal einen anderen Dackel gesehen, der aus dem ersten Stock gesprungen ist? Ich würde sagen, ich gehe mittlerweile als Katze durch.«
Beck schüttelt den Kopf. »Also, wie ich schon sagte: Es war okay. Aber erstens ist das eher Hochparterre und zweitens bist du in den Wäschekorb der alten Meyer gesprungen. Wenn ich den nicht gefunden hätte, würdest du immer noch vor dem Balkongeländer hocken und weinen.«
Ist es denn die Möglichkeit? Dieser fette Kater! Mir ist kein anderer Dackel bekannt, der jemals so ein waghalsiges Manöver ausgeführt hätte. Allein die Meisterleistung, sich durch die Stäbe des Balkongeländers zu zwängen, dem sicheren Abgrund entgegen. Und dann der Sprung selbst: zielsicher in den Wäschekorb mit Handtüchern von Frau Meyer. Und das im Dunkeln! Gut, wenn die Meyer den Korb nicht draußen hätte stehen lassen, wäre es in der Tat ein wenig komplizierter geworden. Aber mutig war die Aktion allemal. Ich hätte schließlich auch unglücklich neben dem Korb landen und mir alle Pfoten brechen können.
»So, wenn du dich von deiner Heldentat ausreichend erholt hast, können wir doch mal los, oder?«
Böse funkele ich Beck an, was der leider nicht sehen kann, weil es schon dunkel ist. Andererseits ist es auch langweilig, hier weiter zwischen den Handtüchern zu hocken. Und so beschließe ich in einem Akt wahrer Größe, Herrn Beck zu verzeihen, obwohl er sich nicht entschuldigt hat.
Ich hüpfe aus dem Korb und trabe hinter Beck her, der schon Richtung Gartenpforte strebt. Ein leichter Wind weht mir um die Nase, es riecht schon ein bisschen nach Abenteuer. Auch wenn Herr Beck eine blöde Katze ist, in einem hat er natürlich völlig Recht: So ein Spaziergang ohne Carolin ist die beste Gelegenheit, endlich einmal auf die Jagd zu gehen. Sofort spüre ich dieses angenehme Kribbeln in der Nase, und meine Rute wippt automatisch nach oben. Nehmt euch in Acht, ihr Kaninchen! Carl-Leopold von Eschersbach will euch an den Kragen - und er wird euch kriegen.
Im Park angekommen, ist von Kaninchen erst einmal nichts zu sehen und zu riechen. Ob die schon alle im Bau liegen und schlafen? Egal, ich werde sie schon aufstöbern. Herr Beck ist eher auf Vögel spezialisiert, da kommen wir uns schon mal nicht ins Gehege. Mit der Nase dicht über dem Boden laufe ich den Kiesweg entlang. Nach ein paar Metern ein sehr vielversprechender Geruch: Hier muss vor kurzem noch ein Kaninchen entlanggehoppelt sein, wahrscheinlich auf dem Weg in seinen Bau. Ich bin ganz
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