Daddy Langbein
sind an jedem schönen Tag über Land gelaufen; wir haben die ganze Umgegend erforscht, — in kurzen Röcken, mit gestrickten Jacken und Mützen und mit glänzenden Stöcken, mit denen wir zuschlagen konnten. Einmal gingen wir bis zur Stadt — vier Meilen — und gingen in ein Restaurant, wo College-Girls essen gehen. Geschmorter Hummer (35 Cents) und als Nachtisch Buchweizenküchlein mit Syrup (15 Cents), nahrhaft und billig.
Es war ein richtiges Abenteuer! Besonders für mich; denn es war so ganz anders als in der Anstalt — ich fühle mich wie ein entlaufener Sträfling, sooft ich den Campus 5 ) verlasse. Bevor ich mich versah, fing ich an, den anderen zu erzählen, was für ein Erlebnis das für mich war. Die Katze war fast aus dem Sack, als ich sie am Schwanz packte und zurückholte. Es ist gräßlich schwer für mich, nicht alles zu sagen, was ich weiß. Ich bin von Natur sehr mitteilsam. Wenn ich Sie nicht hätte, würde ich platzen.
Letzten Freitag hatten wir ein Bonbonziehen, das die Leiterin von Fergussen für alle Zurückgebliebenen in den übrigen Gebäuden veranstaltete. Wir waren im ganzen zweiundzwanzig, Freshmen und Sophomores und Juniors und Seniors, alle in freundschaftlicher Übereinstimmung vereint * ). Die Küche ist riesig, mit Kupferkesseln und Töpfen, die reihenweise an der Wand hängen, — die kleinste Kasserolle ist ungefähr so groß wie ein Waschkessel. Vierhundert Mädchen wohnen in Fergussen. Der Küchenchef, in weißer Schürze und Mütze, holte zweiundzwanzig weitere weiße Schürzen und Mützen hervor — ich kann mir nicht vorstellen, wo er sie her hatte —, und wir verwandelten uns in Köchinnen.
Es war sehr lustig, obwohl ich schon bessere Bonbons gegessen habe. Als wir alles fertig hatten, und wir selbst' und die Küche und die Türklinken gründlich klebrig waren, organisierten wir, immer noch
in unseren Schürzen und Mützen, eine Prozession. Jeder trug einen großen Löffel oder eine Gabel oder eme Bratpfanne. Wir marschierten durch die leeren Gänge bis zum Wohnzimmer der Beamten, wo ein halb Dutzend Professoren und Dozenten einen stillen Abend verbrachten. Wir machten ein Ständchen mit Collegeliedern und boten Erfrischungen an. Sie nahmen höflich, aber mit sichtlichen Zweifeln. Als wir sie verließen, lutschten sie große Stücke Melassebonbons und waren klebrig und sprachlos.
Wie Sie sehen, Daddy, macht meine Erziehung Fortschritte.
Finden Sie nicht auch, daß ich ein Künstler sein sollte, statt ein Schriftsteller ?
Die Ferien sind in zwei Tagen vorbei, und ich werde froh sein, die Mädchen wiederzusehen. Mein Turm ist doch ein bißchen einsam. Wenn neun Menschen ein Haus bewohnen, das für vierhundert gebaut wurde, klappern sie darin herum wie ein paar Erbsen in einer leeren Schachtel.
Elf Seiten — armer Daddy, Sie müssen genug haben! Dies sollte nur ein kleines Dankbillett werden — aber wenn ich einmal anfange, scheine ich eine willige Feder zu haben.
Adieu und vielen Dank dafür, daß Sie an mich gedacht haben. — Ich wäre ganz glücklich, abgesehen von einer kleinen drohenden Wolke am Horizont. Die Prüfungen sind im Februar.
Mit Liebe Ihre
Judy.
P. S. Vielleicht gehört es sich nicht, daß ich Liebe schicke? Wenn nicht, dann entschuldigen Sie bitte. Aber ich muß jemand lieben, und ich habe nur die Wahl zwischen Ihnen und Mrs. Lippett; Sie sehen also, daß Sie es über sich ergehen lassen müssen, lieber Daddy, denn Mrs. Lippett kann ich wirklich nicht lieben.
Am Vorabend.
Lieber Daddy-Langbein!
Sie sollten sehen, wie dieses College studiert!
Wir haben vergessen, daß wir je Ferien hatten. Fünfundsiebzig unregelmäßige Verben habe ich in den letzten vier Tagen in mein Hirn eingetrichtert
— ich hoffe nur, sie bleiben bis nach dem Examen.
Einige der Mädchen verkaufen Ihre Lehrbücher, wenn sie damit fertig sind. Aber ich will meine behalten. Wenn ich dann mein Examen habe, wird meine ganze Ausbildung in einer Reihe im Büchergestell stehen, und wenn ich irgendeine Einzelheit brauche, kann ich mich ohne das geringste Zögern an sie wenden. Es ist so viel einfacher und genauer als zu versuchen, es im Kopf zu behalten.
Julia Pendleton kam heute abend herein, um einen gesellschaftlichen Besuch zu machen, und sie blieb eine geschlagene Stunde. Sie kam auf das Thema Familie, und ich konnte sie einfach nicht davon abbringen. Sie wollte wissen, was meine Mutter für eine geborene war — haben Sie je eine Frage gehört, die gegen ein
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