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Damals im Dezember

Damals im Dezember

Titel: Damals im Dezember Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Paul Evans
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ihre Seelen retten.«
    »Das scheint nicht zu funktionieren«, sagte ich. »Nein, das glaube ich auch nicht.«
    »Was ist mit dir«, fragte ich. »Bist du religiös?«
    »Eigentlich nicht. Ich gehe ab und zu in die Kirche, zu Weihnachten, Ostern und so. Und du?«
    »Als ich klein war, ja. Als meine Mutter noch lebte.«
    »Du hast deine Mutter verloren?«
    »Mit sieben.«
    Sie sah mich teilnahmsvoll an. »Das tut mir leid. Das muss entsetzlich gewesen sein.«
    »Das war es.« Ich drehte mich zu ihr hin. »Und, wie hast du Seans Frage beantwortet? Was ist der Sinn des Lebens?«
    »Ich glaube«, sagte sie bedächtig, »dass der Sinn des Lebens genau das ist, als was man ihn definiert.«
***
    Wir erreichten unseren Wohnblock und gingen hinein. Vor dem Fahrstuhl blieben wir stehen.
    »Sag mir eines«, fragte ich sie. »Warum hast du mich eingeladen, heute Abend mitzukommen?«
    Sie lächelte. »Ich weiß nicht. Du bist mir im Kurs einfach aufgefallen. Irgendetwas an dir hat mich fasziniert.« Sie fügte hinzu: »Hinter dir steckt mehr.«
    »Mehr?«
    »Ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll. Festigkeit.«
    Ich grinste leicht. »Festigkeit also? Willst du damit sagen, dass ich dick bin?«
    »Nein, ich sage, dass du Substanz hast. Ich habe mit genug hohlen Menschen gelebt, um das zu wissen.«
    »Das nehme ich als Kompliment.«
    »Ich hab’s auch so gemeint«, sagte sie. »So, jetzt bin ich dran. Warum hast du meine Einladung akzeptiert?«
    »Leider wird meine Antwort alles, was du gerade gesagt hast, vollständig widerlegen.«
    »Ja?«
    »Ich fand, dass du schöne Augen hast.«
    Ein breites Lächeln huschte über ihr Gesicht. Einen Augenblick später öffnete sich die Fahrstuhltür, und wir stiegen beide ein. Ich drückte auf die Knöpfe für ihr und für mein Stockwerk. Als wir den dritten Stock erreichten, beugte sie sich vor und küsste mich flüchtig auf die Wange.
    »Danke noch mal, dass du mitgekommen bist. Ich seh dich dann im Kurs.« Sie verließ den Fahrstuhl und drehte sich noch einmal um. »Gute Nacht, Luke.«
    »Gute Nacht, Candace.«
    Sie winkte mir zum Abschied zu, während sich die Türen schlossen. Wharton gefiel mir bereits erheblich besser.

Siebtes Kapitel
    Das Gesetz der Zentrifugalkraft scheint für die menschliche Befindlichkeit genauso zu gelten wie für die Newtonsche Mechanik – je schneller sich unser Leben dreht, desto mehr Dinge neigen dazu auseinanderzufliegen.
    Aus dem Tagebuch von Luke Crisp
    Nach jenem ersten Abend begannen Candace und ich, uns drei- bis viermal die Woche zu sehen. Ich war fasziniert von ihr. Sie war aufgeweckt, allerdings eher clever als akademisch intelligent. Sie vertraute mir an, dass sie in den meisten ihrer Kurse Probleme hatte, dem Stoff zu folgen.
    Candace stellte mir zahlreiche Fragen zu meiner Kindheit, aber sie erzählte nicht viel über sich selbst. Doch ich hatte weniger den Eindruck, dass sie irgendetwas verheimlichen wollte, als vielmehr den, dass sie keinen Wert darauf legte, von sich zu berichten. Eigentlich wusste ich über ihre Vergangenheit nur, dass sie häufig umgezogen war und dass sich ihre Eltern ein Jahr vor Beginn ihres Collegestudiums hatten scheiden lassen, was eine für sie zutiefst schmerzliche Erfahrung gewesen war. Als ich sie besser kennenlernte, begann ich ihre Bemerkung zu verstehen, dass meine »Festigkeit« sie anziehe. Sie schien Angst vor dem Ungewissen zu haben – besonders in finanzieller Hinsicht. Seans Einschätzung, sie sei »auf der Hut« traf es ziemlich genau. Sie war zuversichtlich und auf der Hut, wenn das möglich ist. Einem Menschen wie ihr war ich noch nie begegnet.
    Rückblickend wird mir klar, dass mich meine Gefühle für Candace derart unmerklich befielen, dass ich nicht sagen kann, wann ich mich wirklich in sie verliebte. Aber Anfang November wusste ich, dass es mich erwischt hatte. Ich war vermutlich noch nie zuvor richtig verliebt gewesen. Das heißt nicht, dass es vorher keine Frauen oder zumindest Mädchen in meinem Leben gegeben hatte; das hatte es, und ich hatte mich auch schon in einige verknallt. Aber meine Gefühle für Candace waren etwas Neues, Mächtiges. Und sie wurden immer stärker. Ehe ich mich versah, verbrachte ich jede freie Minute mit ihr, und wenn ich nicht mit ihr zusammen war, dachte ich an sie. Möglicherweise hatte es etwas damit zu tun, dass ich ohne Mutter aufgewachsen war, denn ihr fürsorgliches Wesen zog mich an. Als ich mich einmal am Papier schnitt, ergriff sie sofort meine Hand

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