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Damon Knights Collection 7

Damon Knights Collection 7

Titel: Damon Knights Collection 7 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damon Knight
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Küche oder im Hof hinten, auf der Schaukel. Sie tranken dann Kaffee oder spielten Karten. Manchmal forderte sie ihn auf, ihr eine Geschichte zu erzählen, weil sie gern spannenden Geschichten zuhörte, und dann berichtete er von der Zeit, als er sich in Louisiana versteckt halten mußte. Das war wegen irgendwem oder irgend etwas nötig, und er hatte sich unter den Negern drei Jahre lang verborgen gehalten, und sie hatten ihn aufgenommen und ihm Arbeit gegeben und für ihn gesorgt. Er sagte dann: »Die Farbigen sind Menschen wie wir. Sie stellen sich nur schlauer an. Das müssen sie, um durchzukommen. Sie lassen sich nicht für dumm verkaufen. Ich hab zwei Jahre lang ein farbiges Mädchen gehabt, so was Cleveres hab’ ich nie wieder erlebt. Und schön war sie. Nicht so schön wie die Weißen, aber schön auf ihre Art.«
    »Wart noch hundert Jahre«, fügte er nach einer Pause hinzu, »und dann sind wir alle Mischlinge.«
    »Oder zweihundert?« fragte unsere Mieterin und goß Kaffee ein. Er nahm einen Haufen Zucker dazu und sagte dann, das habe er sich in Bogalusa angewöhnt. Sie setzte sich wieder, stützte die Ellbogen auf den Tisch und lächelte ihn an.
    Er rührte den Zucker um, betrachtete sie einen Moment und fragte dann sanft:
    »Schwarze Frauen sind das Schlaueste in der Welt. Du bist doch auch eine Schwarze, oder?«
    »Teils«, antwortete sie.
    »Schöne Frau«, sagte er. »Niemand weiß es?«
    »Im Zirkus schon«, entgegnete sie. »Aber das ist ihnen gleich. Soll ich dir sagen, was wir Zirkusleute von euch denken?«
    »Von wem?« fragte er erstaunt.
    »Von euch allen«, sagte sie. »Von allen, die nicht zum Zirkus gehören. Von allen, die nicht das können, wozu wir fähig sind, die nicht die Größten und Besten sind, die nicht einen Menschen mit bloßen Händen umbringen oder eine neue Sprache in sechs Wochen lernen oder die Schlagader eines Menschen auf fünfzehn Meter Entfernung mit nichts anderem als einem Taschenmesser aufschlitzen oder an der Fassade der Greene County First National Bank vom Parterre bis zum fünften Stock ohne Hilfen hochklettern können. Das kann ich alles.«
    »Na, da bin ich platt«, murmelte Bogalusa Joe.
    »Wir verachten euch«, sagte sie. »Wir verachten euch wirklich und halten euch für Tölpel. Für Abschaum, mit dem man die Erde düngt. Das bist du, Joe.«
    »Mädchen, hast du heute ’ne miese Stimmung«, sagte er und ergriff ihre Hand auf dem Tisch, aber nicht wie im Kino oder in Romanen; den Ausdruck in seinem Gesicht hatte ich noch nie gesehen, nicht bei den Pennälern, die ein Mädchen einzuwickeln versuchten, nicht bei den Erwachsenen, nicht einmal bei Brautleuten, denn da sah es immer romantisch oder geil aus, während er sie mit unendlicher Zärtlichkeit und Sorge betrachtete. Sie entzog ihm die Hand. Mit dem gleichen schwachen, abwesenden Lächeln, das sie den ganzen Abend gezeigt hatte, schob sie den Stuhl zurück und stand auf. Ausdruckslos sagte sie:
    »Was ich alles kann. Und was nützt es mir?« Sie zuckte die Achseln und fügte hinzu: »Ich muß morgen weg.« Er erhob sich auch und legte den Arm um ihre Schultern. Das schaute meiner Meinung nach blöde aus, weil er fast zehn Zentimeter kleiner war als sie.
    »Du mußt doch nicht weg, Mädchen«, sagte er. Sie starrte in den Hof hinaus, als überbrücke sie Meilen, sei Ewigkeiten von uns entfernt, von unseren Gemüsebeeten und unserer Schaukel und unseren Blumen, irgendwo, wohin wir ihr nicht folgen konnten. Er bedrängte sie: »Hör doch, Schatz …« Und als sie ihre Haltung nicht änderte, legte er seine breiten Mechanikerpranken unter ihr Kinn und drehte den Kopf zu sich her. »Schatz, du kannst bei mir bleiben.« Er neigte sich ganz nah zu ihr hin. »Heirate mich«, bat er unvermittelt. Sie fing zu lachen an, ein Lachen, wie ich es noch nie zuvor so gehört hatte. Dann bekam sie einen Erstickungsanfall. Er legte den Arm um sie, und sie lehnte sich an ihn, keuchend und röchelnd wie jemand mit Asthma; dann legte sie die Hände vor das Gesicht und würgte, als würde ihr übel, und sie biß sich in die Handflächen. Erst nach ein paar Sekunden merkte ich, daß sie weinte. Er schaute sehr betreten drein. So standen sie da, sie schluchzte, er unbeholfen daneben – und ich in meinem Versteck, von dem aus ich alles beobachtete. Sie gingen langsam auf die Küchentür zu. Als sie verschwunden waren und das Licht gelöscht hatten, folgte ich ihnen in den dunklen Hof hinaus, zu der Schaukel, die mein Vater unter

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