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Damon Knights Collection 9

Damon Knights Collection 9

Titel: Damon Knights Collection 9 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damon Knight
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Gerücht durch, daß der alte Richter Cotton endlich mit einer Entscheidung an die Öffentlichkeit treten würde. Sturbridge traf Jennings vor dem alten Gerichtsgebäude. Zusammen kletterten sie die schmutzigen, feuchten Granitstufen empor, beugten ihre Köpfe vor dem Wind und Regen, bis sie die riesige Tür erreichten, die sich in dem Wind nur widerwillig öffnen ließ, und schlüpften hinein in den Vorraum.
    Sturbridge war wieder einmal betroffen über den Kontrast zwischen Vorstellung von der Gerechtigkeit und ihrer Verwirklichung. Anwälte und Klienten standen herum, ihre durchnäßten Mäntel tropften. Die Marmorwände hatten vor Schmutz und Qualm ihre Farbe verloren. Das Licht von den gewaltigen Kandelabern versickerte in bräunlicher Dunkelheit. Der Gerichtsdiener, rotwangig und geschwollen bei seinem bedeutenden Auftritt, rief: „Hören Sie – Hören Sie –“ und alle sprangen auf. Das Gehuste hörte auf. Richter Cotton war ein kleiner Mann, der hinter dem riesigen Eichentisch beinahe verschwand. Man sah ihn erst richtig, als er einen hohen Stuhl erklettert hatte. Er wandte sich zu dem Gerichtsdiener, nickte ihm zu, und Sturbridge bemerkte die Schuppen, die hinten auf seiner verschlissenen Robe verstreut waren. „Auch wenn er sich bald zurückzieht, könnte er soviel erübrigen, um sich eine neue Robe zu kaufen“, sagte Jennings, als sie sich wieder setzten.
    Der Richter saß senkrecht zwischen den Flaggen, die achtlos an ihren Stangen hingen. Hinter und über ihm ein riesiger, vergoldeter Adler, der aber schon einiges von seinem Glanz eingebüßt hatte. Der Richter schaute auf. Ein Seufzen und dann Schweigen. Jedermann wartete. Dann strömten eine Menge Anwälte und Schreiber vor den Richtertisch: das schwitzende Auditorium, das Höllenqualen ausgesetzt war, schnupfte seine Nasen, lockerte seine Krawatten und ächzte unter der ewigen menschlichen Anstrengung, einen harten Hintern einem harten Eichensitz anzupassen.
    Dann ein zweites Seufzen. Die Anwälte und Schreiber waren wieder vertrieben worden. Der Richter war allein. Schweigen.
    „Ich finde in dem vorliegenden Fall“, sagte er, mit einer so trockenen und feierlichen Stimme wie das Flüstern der Blätter an einem frühen Morgen, „daß die Empfänger von Organverpflanzungen von John Phillpott Tanker zusammen mit den legitimen Erben bei der Aufteilung seines Vermögens berücksichtigt werden sollten. Sie können diese Erben nicht ersetzen, aber sie können nicht ausgeschlossen werden. Der Anteil an dem Vermögen wird durch künftige Verhandlungen vor diesem Gericht bemessen werden.“
    Jennings schaute Sturbridge an und seufzte erleichtert. „Ich hatte schon Angst, Walter, daß er die Familie völlig ausgeschlossen hätte. So läßt es sich machen. Wir werden eine Regelung treffen müssen, weil niemand von uns für immer warten will. Ich muß meine Frau anrufen.“
    In dieser Nacht sah Sturbridge Sidney Rowalski im Fernsehen. Rowalski wurde über den Prozeß befragt. „Nach allem“, sagte er, „Gott weiß es, bin ich dankbar, daß ich Mr. Tankers Herz bekam. Ich wäre wahrscheinlich tot, wenn ich es nicht hätte, weil ich nicht länger an der Maschine hätte bleiben können. Ich hatte rheumatisches Fieber, als ich ein Kind war, und mein schwaches Herz ging dabei in die Brüche. Aber dennoch fühle ich mich seltsam. Ein Teil von mir ist wirklich Mr. Tanker, und das übrige von Mr. Tanker ist weg. Ich glaube, es ist ganz anders, ein Herz aus Plastik oder Metall zu haben. Ich hatte niemals eines, aber man kann sich sicher vorstellen, daß es ein Teil von einem selbst ist, wie eine Brille oder falsche Zähne. Aber mein Herz gehört Tanker, das ist mein Ernst.“
    Später wurde er über das Geld gefragt. „Nun, ich bin froh“, sagte Rowalski. „Zuerst, ich gebe es zu, hatte ich ein komisches Gefühl, daß ich irgendwie undankbar sei und daß es gerade genug wäre, Mr. Tankers Herz zu bekommen. Meine Frau stritt mit mir und hob hervor, daß, wenn ich mich jetzt auch recht gut fühlte, ich nicht wüßte, was vor mir liegt. Und dann waren da die Kinder. Wenn ich am Leben bleiben wollte, dann mußte ich mich um Mr. Tankers Herz kümmern. Wir beide kamen in meiner Person zusammen. Ich kannte Mr. Tanker nicht, aber schließlich dachte ich, er würde es wünschen, daß für sein Herz und mich gut gesorgt wird.“
    Direkt anschließend an seine Kolumne über die Gerichtsentscheidung wurde er benachrichtigt, daß er den Pulitzer-Preis gewonnen habe.

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