Daraus lassen sich ein paar Erzählungen machen

schreckliche Verpflichtung des menschlichen Fortbestehens im zeitlichen Kontinuum.
    Jeden Morgen erzählten die Kinder ihre Träume. Sie warteten, bis genug Sterne am Himmel waren, und suchten dann die hellsten. Sie schliefen unter freiem Himmel im Garten, auf warmen, selbstbereiteten Lagern. Über ihnen fielen Sternschnuppen, die deutlich erkennbaren Satelliten fielen nicht, sie verbrannten sich an Brennesseln, sie wurden von Insekten gestochen, von verschiedenen Arten von Insekten. Sie retteten Nachtfalter und fischten einen Maulwurf aus dem Wasser. Vor herannahenden Zügen klaubten sie Hunderte von Kartoffelkäfern, die sich dort wärmten, von den Schienen. Sie machten Eintagsbögen und Bögen, größer als sie selbst, dicker als ihre Arme unterhalb des Ellenbogens. Sie rollten Hügel hinunter. Kletterten auf Bäume. Sie aßen sich an Sauerkirschen, Pflaumen, Klaräpfeln und Birnen satt. Suchten Heidelbeeren und Brombeeren, sammelten sie aber nie in Gefäßen, sondern aßen immer alles an Ort und Stelle auf. Sie badeten stundenlang im Fluß. Rutschten auf den glitschigen Steinen aus und fielen ins Wasser. Sie warfen mit Äpfeln, mit Steinen – wer weiter wirft, wer besser trifft, wer wen trifft. Sie schnitzten Pfeile. Kletterten in verschiedene Verstecke, Nester und Höhlen. Sie verbrannten Knoblauchlaub. Sie machten Lagerfeuer, aßen halbrohe Kartoffeln, halbrohes und verbranntes Fleisch. Mit einer unglaublich schweren Machete zerteilten sie Äpfel, die sie einander zuwarfen. Sie mähten mit der Sense. Sie legten Stacheldraht auf die Schienen, der zu Stiletten wurde. Sie lagen da und dachten nach. Sie sprachen mit den Hunden und im Namen der Hunde. Sie suchten am Flußufer nach ungewöhnlichen Steinen und abgeschliffenen Scherben grüner, blauer, brauner und weißer Flaschen. Sie schossen mit Gewehren, ein Auge verbunden, weil es nicht geschlossen bleiben wollte. Sie hörten zu, wenn vorgelesen wurde. Sie veranstalteten große Kartenturniere, merkten sich jedes Blatt. Sie malten geniale Festungen und Stammbäume. Sie scherzten, spielten mit Wörtern, Intonationen und Sprachen, erfanden Geschichten und schlüpften in verschiedene Rollen. Sie waren traurig, wenn sie spürten, daß Mitte August nahte. Sie brachten sich selbst bei, einen vollen Eimer Wasser aus dem Brunnen zu ziehen, indem sie die Kraft des Gewichts zu überwinden lernten. Sie tranken den ganzen Sommer unabgekochtes Brunnenwasser. Obwohl sie jeden Tag viel zu viel Quark aßen … Außerdem unterhielten wir uns sehr viel. Ernst lauschte ich ihren Entdeckungen, und sie hatten nichts, woran sie meine Erklärungen hinsichtlich der Ordnung der Welt überprüfen konnten.
    Genau wie früher werde ich panisch, wenn ich spüre, daß der Schulbeginn naht.
    Vor vielen Jahren habe ich mir einen Trick ausgedacht, der mir das schmerzhafte Dasein abseits der Sommerferien deutlich erträglicher machte. Ich kam zu dem Schluß, daß die Welt größer ist als der Sommer und die Entfernungen kleiner, als sie einem erscheinen. Man kann also dem System zum Trotz öfters dorthin fahren, wo es auch andere, uns noch unbekannte Jahreszeiten gibt. So kann man Abhängigkeit mit Abhängigkeit verdrängen.
    Vor ein paar Tagen haben mir die Kinder das Versprechen abgerungen, daß wir im September, Dezember, März und Mai wieder herkommen. Ich gab es ihnen …
     
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    Gerade mal Sechsundsechzig Jahre alt. Kräftig, gut gebaut, schlicht und elegant zugleich, sehr rational, recht auffällig (so sehr es die Eleganz erlaubt), freundlich (also hell), nicht allzu groß, aber bedeutend größer als klein, natürlich ein bißchen einsam (kommt mit Veränderungen bestens zurecht, schlägt Freuden nicht aus, die sich sogar zu Zeiten schlimmster Veränderungen, zu Zeiten von Veränderungen zum Schlimmsten, finden lassen, gibt die Hoffnung nicht auf, daß auch diese Veränderungen wieder Veränderungen unterliegen). Seine derzeitigen Dokumente entsprechen allen Anforderungen der aktuellen Gesetzgebung, obwohl sie auf der Grundlage einer nicht ganz rechtmäßigen Geburtsurkunde ausgestellt wurden.
    Die Geschichte dieses Hauses ist derart symbolträchtig, daß man sich – würde man nur sie kennen – ein vollständiges Bild davon machen kann, was sich in unserer Gegend in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts, ein paar Jahrzehnte davor und bereits drei Jahre nach seinem Ende, dem Ende des Jahrtausends, zugetragen hat.
    Der Bau des Hauses begann 1937. Es wurde von Ukrainern