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Dark Love

Dark Love

Titel: Dark Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lia Habel
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Bei ihrem Klang gruben sich Brams Finger in meine Schulter. Ich hielt den Atem an, damit mir nichts Unüberlegtes herausrutschte. Nach allem, was dieser Mann getan hatte, wollte er nicht einmal eine letzte Erklärung abgeben? Um Vergebung bitten? Oder eine weitere niederträchtige Rede anstimmen?
    »Bringt die Sache einfach hinter euch«, hörte ich Samedi murmeln. Beryl legte ihm rasch einen Finger auf die Lippen.
    Das Hinrichtungskommando hob die Gewehre und legte an. Die Protestanten schrien noch lauter. »Gnade!«, rief eine untote Frau. »Gnade! Er hat genug gelitten!«
    Die Soldaten feuerten. Wolfes Körper fiel zu Boden.
    Es war vorbei.
    Die verschleierten Frauen begannen zu wehklagen und drängten sich vor dem Galgen zusammen. Ihr Weinen mischte sich mit den Schreien der Protestierenden. Durch das plötzliche Aufbrausen von Stimmen hörte ich, wie jemand »Daddy! Daddy!« schrie.
    Der Schreck durchfuhr mich, als ich begriff, dass die Frauen dort vor dem Galgen Wolfes Frau und Töchter sein mussten, von denen er in seinem Büro gesprochen hatte.
    Tiefes Mitleid stieg in mir auf und erstickte mich beinahe. Dieses eine tränenerstickte Wort sagte mir, dass sie gerade das durchlebten, wovor ich mich inzwischen am meisten fürchtete, jenen Albtraum, der mich, sollte er jemals wahr werden, zerstören würde und es beinahe schon einmal getan hatte.
    Sie waren lebendige Frauen, die gezwungen waren, den Toten, den sie noch immer liebten, sterben zu sehen.
    Mir war übel. »Es ist vorbei«, flüsterte ich Bram zu. »Ich möchte gehen. Jetzt sofort.«
    Bevor er etwas erwidern konnte, erklangen Schüsse aus der Richtung der Protestierenden.
    Bram zog mich an sich und schirmte mich mit seinem Körper ab. Schreie erhoben sich rings um uns. »Wir müssen hier weg!«, rief Charles. »Die Protestler kämpfen!«
    Hinter den Linien der Polizei gingen die Lebenden und die Toten aufeinander los. Beide Seiten schwenkten demonstrativ ihre Banner, doch eine Seite bleckte außerdem demonstrativ die Zähne. Reporter versuchten, der Gefahrenzone zu entkommen, und trugen zu dem sich rasch bildenden Gedränge vor den Toren des Parks bei. Ich hatte bisher noch nicht gehört, dass einer der Proteste in Gewalt ausgeartet war, doch jetzt geschah genau das vor meinen Augen.
    »Sind alle bereit?«, brüllte Bram über meinen Kopf hinweg. »Kommt schon, zum Westtor!«
    Ich ließ mich einfach mitziehen, um den Kampf nicht mit ansehen zu müssen. Ich erhaschte einen Blick auf einen Lebenden, der mit seinem Schild, auf dem stand: »Kein Sonderrecht für die Vermodernden!« auf einen Zombie einschlug. Ich sah, wie ein neuviktorianischer Soldat in die Luft feuerte, um die Menge zu zerstreuen. Ich betete, dass dies die einzige Quelle der Schüsse war, die wir gehört hatten.
    Wir hatten in einer nahe gelegenen Straße geparkt, durch die sich jetzt Menschenmassen schoben, während sowohl Protestierende als auch Zuschauer versuchten, dem Krawall zu entkommen. Als wir unsere Kutschen endlich erreichten, hatte ich mich von meinem Schrecken erholt und half gemeinsam mit Bram den anderen beim Einsteigen. Ich sah, wie Dad neben Salvez und Evola auf eine der Kutschen zuhumpelte. Ich wusste, dass sie sich auf den Weg zu den Krankenschiffen machen würden, um zu sehen, ob sie dort gebraucht wurden.
    »Komm, Chas, wir quetschen uns zusammen auf den Vordersitz«, sagte ich und nahm ihren Arm. Sie nickte, ihr Gesicht war voller Sorge.
    »Was war das?«, fragte Coalhouse vom Rücksitz.
    »Wut«, antwortete Bram und setzte sich hinters Steuerrad. Er warf mir einen sorgenvollen Blick zu, bevor er losfuhr. »Fehlgeleitete Wut.«
    »Wolfe wurde nicht für das bestraft, was er war «, argumentierte ich mit bebender Stimme. »Sondern für das, was er getan hat. Aber das verstehen sie nicht und … o Gott. Seine Familie war da. Ich habe nicht einmal daran gedacht , dass sie da sein könnten.«
    »Ist schon gut.« Bram klang, als wolle er sich selbst überzeugen. »Es ist alles in Ordnung. So etwas musste passieren. Lasst uns heimfahren.«
    Ich wusste, was er dachte. Ich wusste, wovor er Angst hatte. Ich fürchtete dasselbe.
    Einen Vergeltungsschlag gegen die Toten.
    Vielleicht würde Wolfe seinen Willen doch noch bekommen.

    In der Nacht machte ich kein Auge zu.
    Ich kuschelte mich in mein Kissen und meine Finger strichen über die kühle Baumwolle, während Beryl neben mir schnarchte. Die Ereignisse des Tages gingen mir nicht aus dem Kopf und auch die nagende Angst wich

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