Bei Landung Liebe
Kapitel 1 - Isa
Schon bevor ich den Schlüssel in das Schloss steckte, hörte ich das Gelächter, das mich hinter meiner Wohnungstür erwartete. Und das wiederum sagte mir, dass der ruhige Abend, auf den ich mich so gefreut hatte, hinfällig war. Ich öffnete die Tür zu unserer hübschen Dreizimmerwohnung, die im zweiten Stock eines frisch sanierten Altbaus lag, und dabei wäre ich beinahe über die beiden riesigen Reisetaschen gestolpert, die mitten im Flur standen.
Der Geräuschpegel, der aus dem Wohnzimmer drang, bestätigte meine Befürchtung. Mein drei Jahre älterer Bruder Markus, mit dem ich seit zwei Jahren die Wohnung teilte, belagerte mit einem seiner Kumpels Fernseher und Sofa. Aber warum die Reisetaschen? Das war ein wenig merkwürdig. Als ich durch die offen stehende Tür ins Wohnzimmer spitzelte, dachte ich, ich sehe nicht richtig und mein Magen zog sich schmerzhaft zusammen.
Markus saß dort keineswegs mit einem seiner Freunde, die ich längst kannte und an die ich mich während der letzten beiden Jahre schon gewöhnt hatte. Nein, mein Bruder saß mit keinem Geringeren als meinem schlimmsten Feind auf dem Sofa im Wohnzimmer. Umringt von Bierflaschen, Chipstüten und leeren Pizzakartons spielten sie irgendwelche Rennspiele auf der Playstation und so wie das Wohnzimmer aussah, hielten die beiden sich da schon eine ganze Weile auf. Mit seinen siebenundzwanzig Jahren sollte Markus eigentlich der Vernünftigere von uns beiden sein, aber dem war leider nicht so. Zumindest nicht immer.
„Los, gleich hast du ihn!“, schrie Ryan und gab meinem Bruder einen Klaps auf den Rücken. „Streng dich an!“
Ich schlug mir die Hand vors Gesicht und war kurz davor, wieder kehrt zu machen, um den Rest des Abends irgendwo anders Unterschlupf zu suchen. Da die beiden so mit ihrem Spiel beschäftig waren, blieb ich bisher unbemerkt. Im Flur lehnte ich mich gegen die Wand und überlegte, was ich nun tun sollte. Sogar Arbeit wäre mir in diesem Moment lieber gewesen. Ich war einfach nicht darauf vorbereitet, meinem schlimmsten Albtraum gegenüberzutreten.
Wo kam Ryan denn plötzlich wieder her? Er war doch mit seinem Vater zurück in die USA gegangen? Was saß er also jetzt zusammen mit meinem Bruder auf dem Sofa unseres gemeinsamen Wohnzimmers? Das durfte einfach nicht wahr sein! Vielleicht hatte ich mich eben doch getäuscht? Ich wagte noch einen kurzen Blick. Nein, obwohl ich Ryan schon so lange nicht mehr gesehen hatte, erkannte ich ihn doch sofort.
Die Jungs grölten und jubelten derweil munter weiter. Flaschen klirrten aneinander und wurden wieder auf den Tisch geknallt. Einer der beiden rülpste, der andere lachte darüber. Oh, mein Gott.
Wie konnte Markus mir das nur antun? Wie konnte er ausgerechnet Ryan hier reinlassen?
Seufzend zog ich meine Schuhe aus, stellte sie auf das kleine Schuhregal und schob zwei Paar ausgetretene Turnschuhe zur Seite, damit zumindest eine Stolperfalle weg war. Die Taschen ließ ich stehen, wo sie waren. Dann atmete ich tief durch, fasste mir ein Herz und betrat das Wohnzimmer. Kichernd wie zwei kleine Kinder lungerten die beiden Jungs, die mir gerade meinen ruhigen Abend verdarben, auf MEINEM Sofa herum. Auf dem Teppich zeichneten sich schon etliche Flecken ab, und einer der beiden hatte es doch tatsächlich fertiggebracht, seine Kippe auf der Glasplatte des Wohnzimmertisches auszudrücken!
Mein Bruder rauchte gelegentlich, aber bisher war er dafür immer brav auf den Balkon gegangen.
„Ey Schwesterherz!“, rief Markus, als er mich bemerkte, und anhand seines wässrigen Blicks war unschwer zu erkennen, dass die Flasche Bier in seiner Hand nicht seine erste war.
Im selben Moment riss Ryan ihm den Controller der Playstation aus der Hand und kippte dabei fast die volle Bierflasche auf dem Tisch um.
Oh, mein Gott. Was für ein Chaos!
„Kannst du mir bitte erklären, was hier vor sich geht?“, zischte ich meinem Bruder zu und stemmte die Hände in die Hüften. Markus rappelte sich schwerfällig vom Sofa auf und kam leicht schwankend auf mich zu.
„Ach, Schwesterherz, Ryan ist gerade aus Miami angekommen und das mussten wir doch feiern“, lallte er und legte den Arm um meine Schultern. Da ich zierlich gebaut und um einiges kleiner bin als mein Bruder, erdrückte er mich fast mit seinem Gewicht, aber ich hätte mir eher die Hand abhacken lassen, als vor Ryan irgendeine Schwäche zu zeigen. Die Biere der letzten Stunden brachten meinen großen Bruder bereits aus
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