Darkover 23 - Asharas Rückkehr
mir, wenn du es kannst, was du gefühlt oder gesehen hast und wer durch deinen Mund sprach.«
»Ich weiß es nicht.« Margaret griff mit zitternden Händen nach ihrer Teetasse. Sie starrte dumpf in deren leere Tiefen, dann goss sie sich nach und trank einen Schluck. »Oder besser, ich weiß es, bin aber nicht in der Lage, es zu sagen.« Sie spürte, wie sich etwas löste, eine Art Spannung, die sie ihr ganzes Leben in sich gehabt hatte, aber sie war einfach zu müde, um der Sache viel Beachtung zu schenken.
»Hast du es immer gewusst?«
»In gewisser Weise. Ich war immer sehr hektisch, eine Art Träumerin, aber wenn ich krank war, wurde ich sehr viel klarer.« Sie runzelte die Stirn. »Ich glaube, Dio weiß darüber Bescheid, jedenfalls war sie über mich beunruhigt, als ich noch klein war. Sie hat es meinem Vater erzählt, und ich erinnere mich, dass er etwas von
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Kanälen
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sagte, was immer es damit auf sich hat. Wenn ich krank war, hörte ich die beiden miteinander sprechen, vermutlich in meiner Einbildung. Ich erinnere mich nicht an viel, aber irgendetwas ist mit mir geschehen, nachdem wir Darkover verlassen haben.« Ein Teil von Margaret wollte nicht sprechen, aber ein anderer Teil fühlte sich dazu gedrängt, die Geheimnisse in ihrem Innern zu entdecken, koste es, was es wolle. Istvana Ridenow war im Grunde nicht die Person, die sie sich ausgesucht hätte, um ihre Geheimnisse vor ihr zu offenbaren, aber ein Gefühl tief in ihr vertraute der kleinen Frau, und sie wusste, eine bessere Gelegenheit als die hier kam nicht mehr. Der feste Knoten in ihr geriet erneut in Bewegung, es war eine Art Abspulen, und Margaret entschied, dass sie offenbar das Richtige tat, denn sie wollte herausfinden, was in ihrem Innern verschüttet lag. In diesem Augenblick war das die wichtigste Sache der Welt.
»Dein Vater wusste, dass deine Kanäle manipuliert waren, und hat nichts unternommen?« Istvana klang nun äußerst aufgebracht, ihre Wut wärmte Margaret und gab ihr das Gefühl, beschützt zu werden. »Er dachte, ich würde aus allem herauswachsen.«
»Dann ist er ein noch größerer Narr, als ich annahm! Aus so etwas wächst man nicht heraus - es muss geheilt werden, gepflegt.« Sie hielt inne. »Ich glaube, die beste Lösung wäre, wenn du für einige Zeit mit mir nach Neskaya kämst.«
Margaret fing das Bild eines hohen steinernen Turms auf, der sich leuchtend vor dem Nachthimmel abhob. In seinem Innern gingen Leute umher, und sie sah große Kristalle mit funkelnden Facetten, die in langen Reihen angeordnet waren. Sie begann, heftig zu zittern. Auch dieser Raum war aus Glas, war eine Falle aus Kristall. Ihre Hand zitterte, heißer Tee benetzte die Wunden in ihrer Handfläche, und sie schrie vor Schmerz auf.
Nein! Zwing mich nicht, in den Spiegel zurückzugehen! Ich will nicht dort sterben!
Istvana Ridenow zuckte, als hätte man sie ins Gesicht geschlagen. Sie rieb sich die Stirn und bewegte ihre schmalen Schultern, wie um eine Last abzuschütteln. »Kannst du mir von dem Spiegel erzählen, Marguerida?«, fragte die Leronis schließlich.
»Spiegel?« Margaret blickte sich benommen im Zimmer um, dann stellte sie ihre Tasse hin und wischte sich die Hand am Rock ab, wobei sie Tee und Blut über das rotbraune Gewebe verschmierte. »Hier drin ist kein Spiegel, oder?«
»Nein, hier nicht. Aber es gibt einen Ort in deinem Geist, einen Ort voller Spiegel oder Glas, und er macht dir entsetzliche Angst. Hab ich Recht?«
»Ja.«
»Und mein Matrix-Kristall erinnert dich daran?«
»Vermutlich.« Sie war so müde. Warum konnte man sie nicht in Ruhe lassen?
Weil du eine Gefahr für dich und alle anderen bist, solange diese Sache nicht geklärt ist. Das war mit Strenge geäußert, aber nicht unfreundlich.
»Erzähl mir, woran du dich erinnerst, und hör auf, wenn du dich bedroht fühlst.«
»Ich fühle mich die ganze Zeit bedroht, aber es gibt Worte, bestimmte Worte, da ist es ganz besonders schlimm. Und meistens kann ich mich an die Worte nicht erinnern, sondern nur um sie herumgehen wie um Absperrungen. Rafaella hat heute etwas erwähnt … über eine Rebellion, und das hat es ausgelöst. Einen kurzen Augenblick konnte ich mich fast erinnern, aber dann … befahl sie mir aufzuhören. Nicht Rafaella, sondern jemand in meinem Kopf.« Es ist so kalt im Spiegel, so kalt.
»Du bist sehr stark, Marguerida, und dafür können wir dankbar sein. Wenn du weniger stark wärst, hättest du schon längst den Verstand verloren. Aber dieselbe
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