Darkover 23 - Asharas Rückkehr
eigenen Ruhms. Ich habe selten Gelegenheit, eine Dame der Comyn einzukleiden, denn meistens kaufen sie nur das Tuch und lassen es von ihren eigenen Dienern schneidern. Es geht mir gegen den Strich, wenn ich daran denke, dass sich ungeübte Hände an meinen schönen Waren vergreifen, aber so ist es nun einmal. Ich habe durchaus einen guten Ruf, aber weiter kommt man eben nicht mit gesellschaftlichen Aufsteigern, Dichtern und fahrenden Sängern.«
Margarets Schädel pochte nun, als würden tausend Trommeln in ihm geschlagen, und ihre Haut war kalt und klamm unter der Uniform. Sie bot ihre ganze Höflichkeit auf und erwiderte: »Glauben Sie mir, Meister MacEwan, sollte ich je Stammkunde bei einem Schneider werden, dann bei Ihnen. Sie waren mehr als freundlich. Ich erkenne einen Künstler, wenn ich einen sehe. Ich weiß nicht, für wen Sie mich halten, aber glauben Sie mir, ich bin kein Mitglied dieser Comyn. Von denen habe ich bisher noch nie gehört!«
Kaum hatte sie die Worte gesprochen, wurde Margaret klar, dass sie zwar nicht unwahr, aber auch nicht ganz richtig waren. Sie kannte das Wort, sie wusste, was es bedeutete, aber es hing mit jenem Ort in ihrem Gehirn zusammen, an den sie nicht gehen wollte. Nein, an den sie nicht gehen durfte, selbst wenn sie es gewollt hätte. Die Luft im Raum kam ihr zu still vor, und sie lauschte erneut nach dem Geräusch eines Sommergewitters.
Dann schien sich ein großes Gewicht auf ihre Brust zu senken. Eine riesige Hand griff nach ihrem Herzen und drückte es zusammen. Sie stützte sich auf den langen Schneidetisch, die Tischkante drückte an ihren Hüftknochen, und ein langer, rotierender Tunnel tat sich vor ihren Augen auf. Fallen, fallen! Sie taumelte in die Tiefe, und alles verschwand in kreiselnder Dunkelheit.
5
Margaret öffnete die Augen und spürte eine harte, glatte Oberfläche unter ihrem Rücken. Über sich sah sie ein hohes Gebälk, das mit so komplizierten Mustern bemalt war, dass sich ihr der Kopf drehte und ihr Magen rebellierte. Wo war sie? Einen Augenblick lang konnte sie sich nicht erinnern. Sie schloss die Augen, um die Balken nicht mehr sehen zu müssen. Etwas Weiches, Schweres lag auf ihrem Körper. Sie legte die Hand darauf und fühlte den warmen, rauen Kuss einer Wolldecke. Sie hatte den guten, sauberen Geruch von Bergbalsam. Sie hielt die Augen geschlossen und versuchte, normal zu atmen. Als sie die Augen wieder aufschlug, blickte sie in das dunkle, bärtige Gesicht von Aaron MacEwan, der sie ängstlich anschaute. Sie spürte etwas unter ihrem Kopf und vermutete, dass es sich um einen Stoffballen handelte. »Ganz ruhig, Kind. Manuella bringt Ihnen eine Tasse Tee. Sie haben uns einen schönen Schrecken eingejagt, einfach so ohnmächtig zu werden. Aber ich kann’s Ihnen nicht verübeln. Von dieser Hitzewelle wird mir auch manchmal schwindlig. Es ist dann so stickig im Laden.«
Hitzewelle! Sie fühlte sich wie ein Eisblock. Ihre Hände und Füße schmerzten vor Kälte, während ihre Brust nass von kaltem Schweiß war. Margaret hatte das Bedürfnis, wie von Sinnen zu schreien oder zu lachen. Sie atmete rau und tief und zwang sich zu einer Ruhe, die sie tief in ihrem Innern nicht fühlte. Die Erlebnisse des Vortags kehrten in ihr Gedächtnis zurück, und sie begriff, dass es für darkovanische Verhältnisse tatsächlich ein sehr warmer Tag war.
Margaret setzte sich mühsam auf, und die Welt drehte sich. Sie sank kraftlos wieder zurück, wütend, weil ihr Körper sie so im Stich ließ. Irgendetwas war passiert, etwas so Schreckliches, dass sie es nicht wissen wollte. Aber sie musste es wissen! Es wardringend. Doch ihr Gehirn verweigerte die Mitarbeit.
Hände halfen ihr, sich aufzusetzen, zärtliche Hände, schwielige, von Arbeit abgenutzte Hände, echte Hände von echten Menschen. Eine Tasse mit starkem, aromatischem Tee wurde ihr an die Lippen gehalten. Sie war so durstig! Sie schluckte und verbrannte sich leicht die Zunge. Der Tee enthielt reichlich Honig, er war heiß und süß. Sie trank gierig, dann hustete sie prustend, weil ihr ein Tropfen in die falsche Kehle geraten war. Die fürchterliche Schwäche verließ ihren Körper allmählich, und sie leerte die Tasse mit langen, wenig anmutigen Zügen. Der Zucker wirkte auf ihren Blutkreislauf wie eine Droge, und die Erinnerung flutete zurück.
Ivor! Mit Ivor stimmt etwas nicht! Die Gewissheit, mit der sie das wusste, machte ihr Angst. Sie konnte nicht sagen, woher sie es wusste, aber diesmal versuchte sie
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