Darkover 23 - Asharas Rückkehr
froh, dass sie dich hatte.«
»Aber warum hattet ihr nie andere Kinder?« Sie hatte sich nach Brüdern und Schwestern gesehnt, nach einer großen, betriebsamen Familie wie bei den Bewohnern von Thetis. Margaret hatte sich immer ein bisschen betrogen gefühlt, weil sie ein Einzelkind war.
»Ich habe mich nicht getraut«, sagte er rau. Ein schreckliches Bild blitzte in ihrem Kopf auf, von einem grässlich missgebildeten Kleinkind, das nicht lebensfähig war. »Ich konnte sie das nicht noch einmal durchmachen lassen … Kein Mann hätte das gekonnt.« Er stockte. »Dio meinte, du solltest es erfahren, aber ich war immer zu feige dazu. Unser Sohn - ist gestorben. Dann habe ich dich gefunden. Du warst so ein wundervolles kleines Mädchen, und Dio wollte so gern ein Kind von mir. Ich glaube, sie war eine gute Mutter.«
»Das ist sie. Das habe ich nie in Frage gestellt.« Aber wo - und wer ist Thyra, meine eigene Mutter?
»Dio hätte ein halbes Dutzend Kinder bekommen müssen. Es hätte ihr gefallen, aber ich konnte es einfach nicht riskieren.« Margaret konnte ihm nicht widersprechen. Aber wieso war es ein Geheimnis? Und warum hatte sie immer das Gefühl gehabt, dass es irgendwie ihre Schuld, ein Versagen ihrerseits war, dass es keine weiteren Kinder gab?
»Nein«, sagte er sanft, und sie wusste, dass er sie auf diese seltsame Weise wieder einmal gehört hatte. Sie war nie dahinter gekommen, wie er das anstellte - als könnte er ihre Gedanken lesen. Aber das war unmöglich. Aufjeden Fall war es undenkbar - Menschen sollten nicht in der Lage sein, in die Gedanken von anderen einzudringen. »Es hatte nichts mit dir zu tun, obwohl das in deinem Alter sicher schwer zu glauben ist. Als ich so alt war wie du, dachte ich, dass alles, was meinem Vater zustieß, meine Schuld war, und ich nehme an, du bist genauso.«
Da Margaret sich nicht vorstellen konnte, dass ihr Vater jemals jung war, und schon gar nicht, dass er im Unrecht war, hatte sie sich zurückgezogen, bevor er mehr erzählen konnte. Sie wusste noch, wie sie auf ihr Zimmer gegangen war und dort seine Worte wegschloss, sich zwang, sie zu vergessen. Jetzt kam ihr zu Bewusstsein, dass sie das auch bei anderen Gelegenheiten getan hatte. Immer wenn ihr etwas Angst machte oder wenn etwas zu schmerzlich war, schickte sie die Erinnerung an einen geheimen und verschlossenen Ort in ihrer Seele. Nun, im warmen Wasser des Bades, fragte sie sich, ob die rothaarige, kreischende Frau in ihren Träumen diese Thyra war. Margaret dachte nur ungern daran. Und wer war dieser Mann, von dem sie immer kurze Blicke erhaschte? Wenn sie dem Alten damals vor vielen Jahren nur die Wahrheit über ihre Träume gesagt hätte. Aber sie hatte ihm nicht genügend getraut, um ihm ihre Träume zu enthüllen. Und es hatte keinen Sinn, über die Vergangenheit nachzudenken. Sie war vorbei, und sie interessierte sie eigentlich nicht.
War die Thyra, der die Ryll gehört hatte, dieselbe Frau? Vieles sprach dafür, aber es gab niemanden, den sie fragen konnte. Sie bemerkte, dass ihre Finger vom Wasser runzlig wie Dörrpflaumen wurden, und das war eine so alltägliche Sache, dass es ihr unwillkürlich besser ging. Margaret schob die
ses Rätsel, das sie wahrscheinlich nie lösen würde, beiseite und beendete ihr Bad.
Falls die Frau in ihren Träumen dieselbe Thyra war, deren Ryll sie vor zwei Tagen gespielt hatte, falls sie in der Tat ihre Mutter war, dann hatte ihr der Alte eine Menge zu erklären. Falls sie ihn wiedersah nein: Wenn sie ihn wiedersah -, würde sie ihn auf einen Stuhl fesseln und erst freilassen, wenn er ihr alles erzählt hatte! Dieser Entschluss machte Margaret Mut, denn ihr wurde klar, dass sie kein verängstigtes kleines Mädchen mehr war. Gut, vielleicht noch ein bisschen verängstigt, aber ganz bestimmt kein Kind mehr.
Die Bürokratie, dachte Margaret, musste der Teufel erfunden haben, um den Menschen das Leben schwer zu machen. Nachdem sie zwei Tage mit kleinlichen Angestellten im Terrani-schen Sektor gerungen hatte, bekam sie den Bescheid, dass sie Ivors Leichnam nicht nach Hause schicken durfte, weil sie keine Verwandte war. Er musste auf Darkover beerdigt werden, und wenn Ida Anspruch auf den Leichnam erhob, musste sie kommen und ihn hier geltend machen. Sie hatte die Person hinter dem Schalter mit einigen farbigen und unmöglichen Namen bedacht, und dann war sie mit diesen Kopfschmerzen davongestapft, die anscheinend zur festen Einrichtung wurden. Sie hatte Ida ein Telefax geschickt
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