Darkover 24 - Die Schattenmatrix
Ihr es mir beibringen? Ich kann wohl kaum ein guter König sein, wenn ich nicht weiß, wie man mit einem Schwert umgeht, oder?«
Mikhail nahm sich ein zu dunkel gebackenes Brötchen aus einer Schale und dachte nach. Je mehr er von Vincent mitbekam, desto weniger konnte er ihn sich auch nur als Marionet-tenherrscher vorstellen. Er war zu starrköpfig, zu arrogant und zu grausam. Und er war fast ein Jahr älter als Danilo Has-tur, der Regis auf jeden Fall ablösen würde. Nach Mikhails Einschätzung waren Danilo und Vincent unvereinbar - ein weiteres Problem, an das er nicht einmal gedacht hatte, als er seine beschwerliche Aufgabe übernahm. Der junge Hastur war nicht sehr energisch und hatte bislang nichts von Regis’ Talent erkennen lassen, die Menschen zusammenzubringen. Vincent würde Danilo mit Sicherheit bis aufs Blut tyrannisieren. Mikhail versuchte sich einzureden, dass es nicht zu seinem Auftrag gehörte, eine Entscheidung darüber zu treffen, welcher von Priscillas Söhnen am ehesten als König geeignet war. Er sollte lediglich einen suchen, der gesundheitlich in der Lage war, den Thron zu besteigen. Aber er verspürte ein tiefes Verlangen, nicht einfach irgendwen auszuwählen, sondern jemanden mit echten Führungsqualitäten. Möglicherweise hatte es gar nicht in Regis’ Absicht gelegen, dass Mikhail eine solche Person suchte sein Onkel war nicht besonders mitteilsam gewesen, was diese Sache betraf. Vielleicht hatte er einfach angenommen, dass jeder Elhalyn, solange er nicht offenkundig geistesgestört war, der Aufgabe gewachsen war. Dass die wahre Macht in Hasturs Händen verblieb, stand sowieso außer Frage, aber je mehr Mikhail darüber nachdachte, desto weniger gefiel es ihm.
Mit plötzlicher Klarheit erkannte er, dass Darkover einen richtigen König verdient hatte, nicht einen behelfsmäßigen, nur weil es die Tradition verlangte und weil man Leute wie seinen Vater damit zufrieden stellte. Und es sollte sich um eine fähige Person handeln, nicht um einen leicht beeinflussbaren Schwächling. Andernfalls konnte man genauso gut auf einen König verzichten.
Wenn er allerdings um den Tisch sah, sank ihm augenblicklich der Mut. Auch ohne die Kinder auf Laran und andere Eigenschaften zu prüfen, konnte er behaupten, dass der einzige männliche Anwesende, der gesund und vernünftig genug war, um König zu werden, er selbst war. So wie die Dinge jedoch hier liefen, war er sich neuerdings selbst seines eigenen Verstandes nicht mehr allzu sicher. Es trieb ihn schier zur Verzweiflung, dass er dazu gezwungen sein könnte, den Elhalyn-König zu spielen, eine Attrappe auf einem Thron ohne wirkliche Macht, nur mit hohlem Respekt ausgestattet. Doch er durfte keine voreiligen Schlüsse ziehen! Wenn Vincent nicht geeignet war, lagen immer noch die Hoffnungen auf Emun. Und wer konnte schon wissen, wie sich die Knaben entwickeln würden, wenn sie erst einmal von Priscilla getrennt waren? Vielleicht wurden sie ja angenehmer, ruhiger. Andererseits konnten sie natürlich auch noch schlimmer werden. Der unbändige Appetit, den er beim Kampf mit der Stechpuppe verspürt hatte, schwand dahin.
Sein Pflichtgefühl stand ihm aber auch ständig im Weg! Mikhail lud sich mechanisch zerkochtes Wurzelgemüse auf den Teller und wütete innerlich. Er mochte seinen Vetter Danilo Hastur sehr, aber er konnte den Charakter des jungen Mannes gut genug einschätzen, um zu wissen, dass er nicht so stark war wie er selbst. Mikhail konnte den Thron der Elhalyn nicht besetzen, ohne das eher zarte Selbstwertgefühl seines Vetters zu verletzen. Er wusste, dass er schlussendlich versuchen würde, die Dinge in die Hand zu nehmen, und dass sich Danilo darüber ärgern würde. Das wäre nicht gut für Dani, und es wäre vor allem nicht gut für Darkover, wenn das Gleichgewicht der Macht in eine so bedenkliche Schieflage geriete. »Wann bringt Ihr mir endlich bei, wie man mit einem Schwert umgeht?«, schrie Vincent in Mikhails Grübeleien hinein. Sein Gesicht war gerötet, wie so oft, wenn er seinen Willen nicht bekam, und die Augen schienen aus den Höhlen zu treten. Mikhail sah, wie die Mädchen zusammenzuckten, obwohl sie Vincents Spektakel inzwischen gewöhnt waren.
»Sobald du gelernt hast, deinen Tonfall zu mäßigen, wenn du im Haus bist«, fuhr ihn Mikhail an.
Vincent öffnete den Mund, doch dann überlegte er es sich offenbar anders. Er funkelte Mikhail nur zornig an und zwickte Val so fest in den Arm, dass sie aufschrie.
Mikhail war
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