Spiel mit der Liebe
1
London, England 1805
»Leichtsinnig, das ist sie. Das Mädchen ist einfach viel zu wild und leichtsinnig, als dass ein anständiger junger Mann sie heiraten könnte.« Dünne graue Augenbrauen zogen sich missbilligend in die Höhe, und Lady Dempsey blickte durch ihre mit Juwelen besetztes Lorgnette, um das rothaarige Mädchen zu betrachten, die neben der Schale mit dem Punsch stand. »Es hat einmal eine Zeit gegeben, müssen Sie wissen, da war sie der Liebling der gehobenen Gesellschaft. Ihr Vater muss schrecklich enttäuscht sein.«
»In der Tat«, stimmte Lady Sarah ihr zu. »Wirklich, die Gerüchte, die ich gehört habe ...« Sie schüttelte den Kopf. »Es ist schon gut, dass ihre Mutter - die liebe Frau - nicht mehr lebt, um das mit anzusehen.«
Über die Palme in dem Blumentopf im geschmückten Stadthaus des Grafen von Winston in Mayfair beobachtete Clayton Harcourt das Objekt der Verachtung der Frauen. Er kannte Kassandra Wentworth, er hatte sie vor vier Jahren kennen gelernt, als sie zum ersten Mal auf dem Heiratsmarkt eingeführt wurde. Jetzt war sie bereits beinahe einundzwanzig, und Kitt war schon viel zu lange in die Gesellschaft eingeführt, um noch begehrt zu sein, und ihr Vater, der Viscount Stockton, war entschlossen, die Geschichte zu beenden.
Clay beobachtete sie, wie schon ein Dutzend Mal in den letz-
ten Monaten, mit offenem männlichem Interesse und einem schwachen Gefühl der beunruhigenden Schwere in seinen Lenden. Sie war eine unglaubliche Mischung aus Mädchen und Frau, unschuldig verführerisch mit ihren üppigen Brüsten, den großen grünen Augen und dem herrlich roten Haar. Wenn sie lachte, so klang das nicht geziert. Ihr Lachen hatte einen ein wenig rauen Ton, der ihre erwachende Fraulichkeit verriet, und eine Offenheit, die er irgendwie erfrischend fand.
Obwohl er ihr das niemals verraten würde. Von dem Augenblick an, als sie sich begegnet waren, waren sie beide wie Wasser und Öl gewesen. Wie Lady Dempsey schon gesagt hatte, das Mädchen war viel zu leichtsinnig und störrisch unabhängig. Was sie brauchte, war ein Mann, der stark genug war, um sie unter Kontrolle zu halten.
Leider, da er nicht die Absicht hatte, sich eine Frau zu suchen, würde er dieser Mann nicht sein.
»Sie ist schon ein tolles Mädchen, nicht wahr?«
Clay erkannte die Stimme seines Vaters, doch nahm er den Blick nicht von dem Mädchen. »Sie ist toll, das stimmt. Störrisch und eigensinnig. Verdammt viel zu direkt, als dass es gut für sie wäre.«
»Ja, das ist sie. Vielleicht ist das der Grund, warum ich sie gemocht habe, vom ersten Augenblick an, als ich ihr begegnet bin.«
Clay sah den Mann an, der ihn gezeugt hatte, Alexander Barclay, der sechste Herzog von Rathmore. Der Vater, der in seiner finanziellen Unterstützung immer großzügig gewesen war, in gewisser Weise auch in seiner Zuneigung, der sich jedoch weigerte, ihm die Legitimität seines Namens zu geben.
»Du hast schon immer ein Auge für Schönheit gehabt, und eine Schönheit ist dieses Mädchen ganz sicher.«
»Das und noch viel mehr«, stimmte der Herzog zu. Er trank einen Schluck Brandy aus dem Schwenker, den er in seiner kräftigen Hand hielt. »Stockton möchte sie verheiratet sehen.«
»Ich glaube, das hast du bereits erwähnt.«
»Ich nehme an, das habe ich getan.«
»Und da ich sehe, dass du und der Viscount miteinander Geschäfte macht und auch politisch im House of Lords miteinander verbunden seid, würdest du ihm natürlich gern einen Gefallen tun.«
»Ich nehme an, dass du damit auf die Tatsache anspielst, dass ich dir vorgeschlagen habe, um ihre Hand anzuhalten.«
Clay zog einen Mundwinkel hoch. »Du nimmst richtig an, ja.«
»Ich mag dieses Mädchen, verflixt! Für den richtigen Mann würde Kassandra Wentworth eine wundervolle Frau sein.«
»Ich glaube, auch das hast du bereits erwähnt.«
»Da du so verdammt gut darin bist, dich an das zu erinnern, was ich erwähnt habe, erinnerst du dich dann auch noch an meinen Vorschlag, den ich dir vor ein paar Monaten gemacht habe -an den sehr lukrativen Vorschlag, betreffend eine Heirat zwischen euch beiden?«
»Wie könnte ich das vergessen?« Clay nahm einem vorübergehenden Diener ein Glas mit Champagner vom Tablett. Der Diener in einer blau-silbernen Livree verschwand in der Menge. »Du und Stockton, ihr beide bemüht euch, sie unter die Haube zu bringen?«
»Verflixt, ist es denn nicht wenigstens ein Mal möglich, dass ich nur das Beste für dich beabsichtige? Du
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