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Darwin und die Götter der Scheibenwelt

Darwin und die Götter der Scheibenwelt

Titel: Darwin und die Götter der Scheibenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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die Finken entwickeln werden. Aber wir können das Klima nicht gut genug vorhersagen, und es gibt Gründe für die Annahme, dass dies vielleicht niemals möglich sein wird.
    Das hindert die Evolution nicht daran, ›vorhersagbar‹ zu sein, also eine Wissenschaft, ebenso wenig, wie es die Meteorologie daran hindert. Doch die evolutionären Vorhersagen hängen vom Verhalten des Klimas ab. Sie sagen, was unter welchen Umständen geschehen wird, nicht, wann es geschieht.
    Man kann fast sicher sein, dass Darwin als junger Mann Paleys Meisterwerk gelesen hat und es im späteren Leben durchaus als Prüfstein für seine eigenen, radikaleren und viel indirekteren Ansichten benutzt hat. Paley hat in knapper Form viele der wirksamsten Einwände gegen Darwins Ideen ausgedrückt, lange bevor Darwin sie entwickelt hatte. Die intellektuelle Ehrlichkeit erforderte, dass Darwin überzeugende Antworten auf Paley fand. Solche Antworten tauchen in Darwins umfangreichem Traktat Die Entstehung der Arten immer wieder auf, obwohl Paleys Name nicht erwähnt wird.
    Insbesondere hielt es Darwin für notwendig, der heiklen Frage des Auges nachzugehen. Seine Antwort lautet, dass zwar das menschliche Auge ein vollkommener Mechanismus mit vielen voneinander abhängigen Teilen zu sein scheint, es im Tierreich eine Menge unterschiedliche ›Augen‹ gibt, von denen viele verhältnismäßig rudimentär sind. Sie können sogar ungefähr in einer fortschreitenden Folge vom einfachen lichtempfindlichen Fleck über Lochkameras zu komplexen Linsenaugen angeordnet werden (obwohl diese Anordnung nicht als tatsächliche Evolutionsabfolge interpretiert werden darf). Statt eines halben Auges finden wir ein Auge, das halb so effektiv Licht wahrnimmt. Und das ist viel, viel besser als überhaupt kein Auge.
    Darwins Herangehensweise an das Auge wird von Computerexperimenten vervollständigt, die Daniel Nilsson und Suzanne Pelger* [* ›A pesimistic estimate of the time required for an eye to evolve‹ (Pessimistische Abschätzung der zur Entwicklung eines Auges notwendigen Zeit), in: Proceedings of the Royal Society of London B, Jahrg. 256 (1994), S. 53–58.] 1994 veröffentlicht haben. Sie untersuchten ein einfaches Modell für die Evolution eines lichtempfindlichen Flecks von Zellen, dessen Geometrie sich in jeder ›Generation‹ geringfügig ändern konnte und der über die Fähigkeit verfügte, Zubehör wie eine Linse zu entwickeln. Bei ihren Simulationen genügten lediglich 100 000 Generationen, um einen lichtempfindlichen Fleck in etwas zu verwandelt, was einem Menschenauge nahe kommt, einschließlich einer Linse, deren Brechungsindex von Ort zu Ort variiert, um die Fokussierung zu verbessern. Das menschliche Auge verfügt über genau so eine Linse. Und das Entscheidende: Bei jedem dieser 100 000 Schritte verbesserte sich das Wahrnehmungsvermögen des Auges.
    Diese Simulation ist unlängst mit der Begründung kritisiert worden, dass sie herausbekommt, was sie hineinsteckt. Sie erklärt nicht, wie diese lichtempfindlichen Zellen überhaupt erst einmal auftauchen können oder wie sich die Geometrie des Auges verändern kann. Und sie benutzt ein ziemlich vereinfachtes Maß für die Leistungsfähigkeit des Auges. Das wären wichtige Einwände, wenn das Modell benutzt würde, um zu beweisen, dass sich Augen entwickeln müssen, um genau zu beschreiben, wie das geschah. Das war jedoch nie der Zweck der Simulation. Sie verfolgte zwei wesentliche Ziele. Das eine Ziel bestand darin, im vereinfachten Zusammenhang des Modells zu zeigen, dass die Evolution unter dem Zwang natürlicher Auslese schrittweise Verbesserungen hervorbringen und zu einem Ergebnis führen konnte, das einem wirklichen Auge ähnelt. Dass sie also nicht irgendwo unterwegs in eine Sackgasse geriete, wo das Auge nur noch weiter vervollkommnet werden könnte, indem es verworfen und von vorn begonnen würde. Das zweite Ziel bestand darin, die Zeit abzuschätzen, die für solch einen Vorgang notwendig wäre (wie der Titel des Artikels sagt), vorausgesetzt, dass die notwendigen Bestandteile verfügbar waren.
    Einige der Annahmen des Modells sind durchaus leicht zu rechtfertigen. Licht transportiert Energie, und Energie beeinflusst chemische Bindungen; daher nimmt es nicht wunder, dass viele Chemikalien auf Licht reagieren. Die Evolution verfügt über eine riesige Auswahl an Molekülen, auf die sie sich stützen kann – Proteine, die von den DNS-Sequenzen in Genen festgelegt werden. Die

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