Die Sumpfloch-Saga Bd. 1 - Feenlicht und Krötenzauber
Kapitel 1: Die Festung Sumpfloch
An einem stürmischen Septembermorgen vor ungefähr elf Jahren spielten drei kleine Mädchen auf einem Spielplatz. Der Spielplatz ist ganz bei dir in der Nähe, ich glaube, du musst nur um die Ecke gehen und die Straße entlang, dann bist du da. Wie du weißt, ist das ein ganz normaler Spielplatz. Doch an diesem Tag kam ein blauer Wind, sehr plötzlich, und er wirbelte über den Spielplatz hinweg. Als er fort war, waren auch die drei Mädchen verschwunden. Sie verschwanden so vollkommen, als wären sie nie da gewesen. Selbst ihre eigenen Eltern vergaßen, dass es die drei Mädchen einmal gegeben hatte.
Der blaue Wind brachte die Mädchen in eine Welt namens Amuylett, in der es Froschmenschen, Zauberbücher und Gartenzwerge wirklich gibt. Damit meine ich, dass die Zwerge dort lebendig sind und nicht mal im Traum daran dächten, sich im Garten eines Menschen mit einer roten Mütze und einer Gießkanne aufzustellen.
Die drei Mädchen – sie waren erst ein oder zwei Jahre alt – schauten sich verwundert an. Da sie noch nicht viel reden konnten, sagten sie zueinander nur „Oh!“ und „Mama?“ und „Hui!“, um dann ihrer Wege zu krabbeln. Sie krabbelten in unterschiedliche Richtungen drei unterschiedlichen Schicksalen entgegen:
Das Mädchen, das später Lisandra genannt wurde, krabbelte einer Magd in die Arme. Die nahm es mit in den Haushalt ihres Dienstherrn, einem fetten, grässlichen Geldmorgul. Sie versteckte Lisandra so lange, bis Lisandra alt genug war, um selbst für den Geldmorgul zu arbeiten. Auf diese Weise konnte die Magd sicher sein, dass Lisandra vom Morgul nicht fortgejagt wurde.
Das Mädchen, das später Thuna genannt wurde, krabbelte in ein kleines Dorf mit lauter anständigen Leuten. Sie waren so anständig und ordentlich, dass sie über das schmutzige, elternlose Kind furchtbar entsetzt waren. Sie brachten es in das hässliche Waisenhaus außerhalb des anständigen Dorfes und dort blieb Thuna, bis man ihr anbot, die schlechteste Schule der Welt zu besuchen.
Das Mädchen, das später Maria genannt wurde, hatte vielleicht am meisten Glück: Sie krabbelte geradewegs in den großen, wunderschönen Garten der Familie Montelago Fenestra. Zu dem Garten gehörte ein riesiges Haus, nein, es war eigentlich ein Schloss. In dem Schloss lebte ein Ehepaar, das sich schon lange Kinder gewünscht, doch keine bekommen hatte. Du kannst dir vorstellen, wie sehr sie sich über Marias Ankunft freuten. Sie zogen sie auf wie ihre eigene Tochter und es fehlte ihr an nichts.
Elf Jahre später trafen sich die drei Mädchen wieder. Es war ihr erster Schultag auf der Allgemeinen Schule für absonderliche Fähigkeiten. Diese Schule war in der Festung Sumpfloch untergebracht und weil der Name „Sumpfloch“ viel besser zu der Schule passte als der Name „Allgemeine Schule für absonderliche Fähigkeiten“, nannte man sie nur so. Sumpfloch hatte nämlich einen ausgesprochen schlechten Ruf. Eigentlich war Sumpfloch auch weniger eine Schule als ein Sammelbecken für all die Kinder, die man nirgendwo sonst gebrauchen konnte.
Da gab es diese Sorte Kinder, die ihrem Dienstherrn die Weinschleimsuppe über den fetten Bauch gegossen hatten – so wie Lisandra es getan hatte. Es gab die andere Sorte Kinder, die zu arm war, um irgendeine andere Schule zu besuchen, obwohl sie eindeutig begabt waren – so wie Thuna. Und dann gab es noch die Kinder, die bisher von allen anderen Schulen geflogen waren, weil sie in den Fächern Tiersprache, Praktische Wunder und Höhere Magie Jahr für Jahr durchfielen – so wie Maria. Lisandra und Thuna hatten übrigens keine Gelegenheit gehabt, sich in diesen Fächern zu versuchen. Außer Lesen und Schreiben hatten sie noch gar nichts gelernt. Die Wahrheit war: Keines der drei Mädchen konnte in diesen Fächern erfolgreich sein. Denn sie kamen aus unserer Welt und ihre Fähigkeit zu zaubern war daher unvorstellbar schwach.
Die drei Mädchen erkannten sich natürlich nicht, als sie sich an diesem ersten Schultag wieder begegneten. Sie waren noch zu klein gewesen, als sie gemeinsam entführt worden waren und sich wieder getrennt hatten. Dennoch schlossen sie am ersten Tag Freundschaft. Es war eine Freundschaft, die für ihr Leben, vor allem aber für die ganze Welt Amuylett noch von großer Bedeutung sein sollte.
Davon ahnte Maria nichts, als sie mit ihren vielen Koffern im Hof von Sumpfloch abgeladen wurde. Ihre Eltern hatten es sich nicht nehmen
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