Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
 Das Abkommen

Das Abkommen

Titel: Das Abkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kyle Mills
Vom Netzwerk:
und eine fünfseitige Aktennotiz losgelassen, in der ich detailliert die Vorteile schilderte, die eine Ernennung Pamela Andersons zur Sprecherin der Tabakindustrie haben würde. Ich für meinen Teil war jedenfalls bereit, alles zu glauben, was Miss Anderson mir vorbetete.
    Erstaunlicherweise hatte es keinerlei Reaktion auf meinen durch und durch vernünftigen und erschöpfend recherchierten Vorschlag gegeben.
    »Es wäre naiv von uns zu glauben, dass die Politik keinen großen Einfluss auf die Wissenschaft hat«, fuhr Viasanto fort. »Dafür könnte ich Ihnen unzählige Beispiele nennen, angefangen bei der katholischen Kirche, die steif und fest darauf bestanden hat, dass die Sonne sich um die Erde dreht.«
    Um ein Haar hätte ich ihn ausgepfiffen, aber meine Hündin zerrte immer noch an ihrem Halsband, und ich musste mich am Sessel festhalten, um nicht auf den Boden gezogen zu werden. Es war ein wenig versteckt, aber Viasanto spielte eindeutig auf einen katholischen Priester an, der erst gestern zugegeben hatte, mindestens dreißig der ihm anvertrauten Jungen missbraucht zu haben. Für die Medien war es ein gefundenes Fressen, und Viasanto war sich offenbar nicht zu schade dafür, diesen Skandal zu nutzen, um den Zorn des Publikums in eine andere Richtung zu lenken.
    »Es ist gerade Mode, die Tabakindustrie für alles und jedes verantwortlich zu machen, angefangen bei Lungenkrebs bis hin zum Defizit im Staatshaushalt. Wenn das so weitergeht, haben wir es bald mit einer McCarthy-Ära des einundzwanzigsten Jahrhunderts zu tun.«
    Nun war er ein wenig über das Ziel hinausgeschossen. Das nahm ihm niemand so richtig ab. Aber immerhin, er hatte es versucht.
    »Jetzt will ich Ihnen mal eine Geschichte erzählen, Mr Viasanto«, sagte Scalia, während die Kamera sich wieder auf ihn richtete. Sein feistes Gesicht war vor Wut so verzerrt, dass es aussah, als würden die winzigen runden Brillengläser auf seiner Nasenspitze gleich von den Fettmassen verschluckt werden.
    »Nach dem Ersten Weltkrieg starb ein Soldat, der Zigaretten – die damals noch recht selten waren – von der US-Army erhalten hatte, an Lungenkrebs. Bevor einer der damals bekanntesten Ärzte die Autopsie durchführte, rief er einige seiner Kollegen an und lud sie zu der Untersuchung ein. Er sagte, und ich zitiere wörtlich: ›Einen Fall wie diesen werden Sie nie wieder sehen.‹ So selten war diese Krankheit früher einmal.«
    »Ups«, entfuhr es mir.
    »Ein perfektes Beispiel für das, was ich meine«, entgegnete Viasanto. Scalia machte nicht oft einen Fehler, und Viasanto stürzte sich sofort darauf. »Wenn es um Lungenkrankheiten geht, ist nie die Rede von Luftverschmutzung durch die Industrie und die Abwanderung der Bevölkerung von ländlichen in städtische Gebiete.«
    Scalia wusste, dass er ins offene Messer gelaufen war. Seine Bolo-Tie schien plötzlich gefährlich eng zu sitzen. »Das ist doch lächerlich! Sie wissen genauso gut wie ich, dass Rauchen schädlich ist! Ich habe noch ein Zitat für Sie: ›Wir sind ebenfalls der Meinung, dass Rauchen abhängig macht und bei Rauchern Krankheiten verursacht.‹ Das hat einer Ihrer eigenen Vizepräsidenten gesagt.«
    Bevor Viasanto antworten konnte, schwenkte die Kamera zum Moderator der Nachrichtensendung, der eine kurze Werbepause ankündigte. Meine Hündin entspannte sich ein wenig.
    »Warum sehe ich mir so was überhaupt an?«, fragte ich laut.
    Es führte doch nur dazu, dass ich den Wert der menschlichen Rasse und insbesondere meine eigene prekäre Stellung darin anzweifelte. Außerdem war es schon halb sieben, und ich wusste, dass auf einem anderen Kanal Folgen von Herzbube mit 2 Damen wiederholt wurden.
    Die Sendung wurde fortgesetzt, und ich tat, als würde ich sie ignorieren, obwohl ich nicht so genau wusste, wen ich damit beeindrucken wollte. Mich vermutlich.
    »Mr Scalia«, begann der Moderator, »Berichten zufolge haben Sie gesagt, die Sammelklage in Montana sei der Anfang vom Ende für die Tabakindustrie. Aber ist eine solche Behauptung realistisch? Schließlich geht es hier um eine Industrie, die maßgeblich am Aufbau dieses Landes beteiligt war und inzwischen fast ein Prozent aller amerikanischen Arbeitsplätze stellt.«
    Dazu muss ich jetzt etwas weiter ausholen.
    In Montana war eine Sammelklage über zweihundertfünfzig Milliarden Dollar angestrengt worden, deren Kläger – zur Überraschung aller – behaupteten, die Tabakindustrie verkaufe ein todbringendes Produkt, ermuntere die

Weitere Kostenlose Bücher