Das Alabastergrab (Krimi-Edition)
nach ein paar Metern ein Joggen, und bald rannte er, so schnell er konnte.
*
Die beiden Kommissare hatten sich an Haderleins Schreibtisch in der Dienststelle gesetzt.
»Und? Wie geht’s jetzt weiter?«, wollte Lagerfeld wissen.
Haderlein verzog seinen Mund, während er überlegte. »Ich sag dir mal was, Bernd, ich trau diesem Minister nicht. Hast du bemerkt, wie der zusammengezuckt ist, als ich seine Zeit im Kloster erwähnt habe?«
»Ich würde sagen, er hat sich einfach nur wie ein typischer Politiker benommen. Die reden sich doch dauernd wegen allem raus. Das ist bei denen doch ganz normal. Außerdem find ich den Schleycher gar nicht so unsympathisch, der macht wenigstens gute Gesetze.« Mit diesen Worten grinste Lagerfeld breit und legte seine Schuhe auf den Schreibtisch.
»Füße runter!«, befahl Haderlein geistesabwesend. »Ich könnte mir vorstellen, dass bei dieser Anglergemeinde noch irgendwas anderes dahintersteckt. Ist nur so ein Gefühl.«
Lagerfeld nahm seufzend die Krokolederstiefel vom Tisch und betrachtete seinen Chef stirnrunzelnd. Wenn Haderlein ein Gefühl hatte, meinte er meistens Verdacht. Und wenn er Verdacht meinte, lag er damit meistens richtig. Fast immer hatte er den richtigen Riecher. Nur ein Mal hatte er völlig danebengegriffen, als er einen mutmaßlichen Mörder festnehmen ließ, der sich im Nachhinein als eine an Demenz erkrankte Rentnerin entpuppte, die einfach nur phantastische Geschichten erzählte hatte. Sie hatte ihren eigenen Unsinn so überzeugend vorgetragen, dass der Kommissar alles geglaubt hatte. Erst beim Verhör hatte sich herausgestellt, dass die gute Frau nicht mehr ganz dicht gewesen war. Letztendlich hatte es in diesem Fall nicht mal eine Leiche gegeben, sondern nur einen blamierten Haderlein und ein Bamberger Revier, das sich königlich über seinen Hauptkommissar amüsierte. Sogar bis in die Sitte war die Geschichte gedrungen. Aber das war der einzige Lapsus, von dem Lagerfeld in all der Zeit wusste. Hinter dem konzentrierten Gesicht ihm gegenüber arbeitete es jetzt sichtbar.
»Lagerfeld, du wirst dich wieder nach Coburg begeben müssen und den Schreibtisch von Graetzke untersuchen. Wer weiß, vielleicht ist da ja was zu finden. Außerdem muss ja jemand seinen Chefs dort Bescheid geben.«
»Wird sofort erledigt, Franz!«, rief der Kollege mit erfreuter Stimme, und Bilder von schlanken Frauenbeinen schwirrten durch seine Gedanken. Ihm wurde sogleich heiß in seinen Stiefeln.
»Und dann«, fuhr Haderlein spitzbübisch lächelnd fort, »wenn du wieder hier bist, wirst du dich auf deine Angelprüfung vorbereiten.«
»Auf meine was?« Bernd Schmitt glaubte sich verhört zu haben. Seine gute Laune trübte sich sofort wieder ein. »Was denn für eine Angelprüfung? Du verscheißerst mich doch, oder?«
Haderlein behielt den lächelnden Gesichtsausdruck weiter bei. »Nein, kein Witz. Ich muss wissen, was so in Anglerkreisen geredet wird. Und du wirst das – quasi undercover – herausfinden. Hast du nicht mal gesagt, dass du als Kind immer mit deinem Onkel geangelt hast?«
»Ja, schon«, versuchte Lagerfeld abzuwehren, »aber …«
»Fischerprüfung oder Siebenstädter, du hast die freie Wahl, liebster junger Kollege.« Haderlein machte sich gar nicht erst die Mühe, seinen Spott zu verbergen.
Lagerfeld nickte grimmig, sagte aber kein Wort. Stumm wandte er sich um und machte sich auf den Weg nach Coburg.
Kaum hatte er die Tür hinter sich geschlossen, trat Cesar Huppendorfer an Haderleins Tisch.
»Ich habe hier die Telefonverbindungen von Rasts Handy«, berichtete er.
»Zeigen Sie mal her«, forderte Haderlein und breitete die Computerausdrucke vor sich aus.
»Da gibt’s eine signifikante Auffälligkeit, Chef. Den Besitzer der Nummer hier konnten wir noch nicht ermitteln, es ist ‘ne Geheimnummer. Aber schauen Sie mal, wie oft Rast die gewählt hat.«
Auch Haderlein war das auf der Verbindungsliste schon aufgefallen. Bis Mitte Juli hatte Rast die Handynummer fast täglich angerufen. Dann war urplötzlich Schluss. Vier Wochen lang Funkstille. Anschließend hatte es nur noch ein einziges Telefonat mit der Nummer gegeben, und zwar an Rasts Todestag. Das stand klipp und klar auf dem Papier. Haderlein nahm sein Handy heraus und wählte kurzerhand die mysteriöse Nummer. Es klingelte am anderen Ende der Leitung. Dann wurde der Anruf angenommen. »Hallo?«, hörte er eine männliche Stimme sagen. »Wer ist da?« Haderlein legte auf.
»Warum haben Sie denn
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