Das Alabastergrab (Krimi-Edition)
selbst durch Tabakkonsum einen Krebs zu erzeugen. Da fragen Sie mal besser Ihren impertinenten Hilfssheriff Schmitt, der ist bald so weit, Ihnen in dieser Frage anschauliche Auskunft erteilen zu können.«
»Ich werd’s ihm ausrichten, wenn ich ihn sehe«, Haderlein schielte besorgt zu Lagerfeld hinüber. »Aber jetzt bitte die Fakten auf den Tisch, ich bin gleich in der Dienststelle.«
»Also gut. Kurz und knapp, nach meiner Analyse des Magen- und Darminhalts ist der Exitus durch eine Überdosis Nikotin herbeigeführt worden, welche in gelöster Form eingenommen wurde. Noch einfacher und zum Mitschreiben: Jemand hat ungefähr zwei Schachteln Zigaretten in Wasser aufgelöst und dem Kerl zu trinken gegeben. Ende des Fachvortrags.«
»Aber Moment mal!«, rief Haderlein. »So was schmeckt man doch, oder nicht? Das trinkt doch keiner freiwillig?«
Siebenstädter lachte wiehernd. »Da würde ich nicht drauf wetten, Herr Kommissar. Es gibt Biere, da können Sie reinschütten, was Sie wollen, und es würde den Geschmack sogar noch verbessern. Kennen Sie nicht den uralten Spruch? Nirgends schmeckt das Bier so bitter wie das der Herrn von Karmeliter! Dieser Mann hier hat jedenfalls nikotinverseuchtes Bier getrunken und sich deswegen auch ins Jenseits davongemacht, so viel steht fest.«
»Danke, Siebenstädter«, würgte Haderlein den Pathologen ab und klappte sein Handy zu. Er war einigermaßen perplex. »Das wirst du nicht glauben, Bernd. Da zieht aber jemand wirklich alle Register«, murmelte er vor sich hin.
*
Nikolai hatte lange genug Pause gemacht. Seine wenige persönliche Habe war schnell eingeräumt. Er hatte sich noch einmal das Dossier über die Zielperson eingeprägt und alles, was er brauchte, in den BMW geladen, mit dem er nun das ehemalige Katharinenkloster in der Nürnberger Straße durch den Großen Sandsteinbogen verließ. Nikolai steuerte den Wagen aus der Stadt hinaus auf die Autobahn Richtung Norden, und das fünfhundert Jahre alte hölzerne Standbild der heiligen Katharina blickte ihm wortlos hinterher.
*
Umweltminister Kolonat Schleycher stand mit seiner Staatssekretärin in einem leeren Seminarraum auf Kloster Banz.
»Was wollten die denn hier?«, fragte er nervös. Er glaubte nicht, dass ihm dieser Kommissar alles abgekauft hatte.
»Ich würde sagen, der Mann hat nur seine Arbeit gemacht«, meinte Gabi Haier in entspanntem Ton. »Natürlich hat er sich über die Person Kolonat Schleycher informiert, deshalb hat er dir auch Fragen zu deinem ungewöhnlichen Lebenslauf gestellt. Und er wusste Bescheid über die Tatsache, dass Edwin Rast dich als Umweltminister kannte. Das war’s aber auch schon. Wir haben ihm eine plausible Erklärung geliefert, und er wird keine weiteren Indizien finden, die ihn zum eigentlichen Kern der Sache führen. Ende der Geschichte.«
»Wie kannst du eigentlich immer so cool bleiben?«, wunderte sich Kolonat Schleycher kopfschüttelnd.
»Es kann ja nicht jeder so jähzornig und kompromisslos sein wie du. Irgendjemand muss in diesem Chaos doch die Ruhe bewahren.« Sie sah ihn an. Er grinste unsicher und misstrauisch.
»Warum tust du das eigentlich alles für mich?«, wollte er jetzt wissen.
Ihr Gesicht zuckte und erstarrte dann zu einer selbstbeherrschten Maske. »Weil ich dich liebe, Kolonat.« Das war ja das Schlimme. »Weil ich dich liebe«, wiederholte sie. Sie presste die Lippen aufeinander, die Akten, die sie in der Hand hielt, fest an ihre Brust und flüchtete aus dem Seminarraum.
Kolonat Schleycher war das eigentlich sogar recht. Verliebt. Na, das war doch gut. Damit konnte er arbeiten. Seine Mundwinkel zuckten. Relativ zufrieden ging er wieder zum Tagesgeschäft über und verließ mit festem Schritt die Räumlichkeiten.
*
Clemens Martin und Peter Nickles kamen als Letzte zum Treffpunkt für die Busabfahrt, dem Haupteingang des Ottonianums. Alle Augen der CADAS waren auf sie gerichtet, als sie sich zum Rest der Klasse gesellten, aber niemand stellte Fragen. Beide sahen aus, als hätte man sie eine Stunde lang durch den Fleischwolf gedreht.
Natürlich hatten sich alle gefragt, was die mysteriösen Andeutungen von Clemens zu bedeuten hatten, und jeder hatte gemerkt, dass zwischen dem Regens und den beiden eine ganz üble Nummer ablief, die Unheil bringen würde. Eine imaginäre große, dunkle Wolke hing über dem Ottonianum, und es schien, als sollten sich aus dieser Wolke bald gefährliche Blitze für sie alle entladen. Für die Mitglieder würde es ganz
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