Das Auge Aldurs 3 - Der Riva Kodes
todbringenden Kälte unter den Sternen von Rauhreif und Eis. Und Belgarath der Zauberer nahm die Gestalt eines großen dunklen Wolfes an und schlich auf lautlosen Pfoten durch die dunklen, schneebedeckten Wälder des Nordens, wo in der schneidenden Kälte die Bäume krachten und barsten.
In jenen Tagen färbte der Frost Nacken und Schultern des großen Wolfes Belgarath silbern, und hinfort waren Haar und Bart des Zauberers Belgarath silbergrau.
Die Gefährten wandten sich schließlich südwärts nach Mallorea und näherten sich unerschrocken der Stadt der Finsternis, Cthol Mishrak, in welcher der entstellte Gott hauste, der König der Angarakaner war. Und unermüdlich leitete sie der Wolf Belgarath, der mit seinen vom ewigen Frost silbernen Schultern und Nacken, den Bauch tief am Boden, vor ihnen lief.
Schließlich erreichten sie die Stadt der Nacht, wo Kal-Torak und sein Volk wohnten, die Angarakaner. Und der Wolf Belgarath führte sie lautlos in die dunkle Stadt bis an den Fuß des ehernen Turmes.
Dann erklommen sie mit umwickelten Sohlen geschickt und leise die rostigen eisernen Stufen, auf die seit zwanzig Jahrhunderten kein Gott oder Mensch mehr getreten war. Und Cherek mit den breiten Schultern, der einem Bären ähnlicher sah als sogar der Bärengott, ging voran, gefolgt von Algar dem Flinken, und Riva dem Unerschütterlichen, und den Rücken deckten ihnen Dras mit dem Stiernacken und der Wolf Belgarath.
Und sie stiegen hinein in die schwelende Finsternis des Turmes und kamen zu der eisenbeschlagenen Kammer des entstellten Gottes, in der Torak schmerzgepeinigt schlief.
Sein Gesicht war bedeckt von einer Eisenmaske, die vor Menschen und Göttern das geschmolzene Fleisch und das verbrannte Auge verbarg, die er dem Juwel verdankte.
Als sie durch die Kammer schlichen, regte sich der Gott im Schlaf und öffnete hinter der eisernen Maske das Auge, das verbrannt war vom Juwel. Und so gewaltig war die Macht des entstellten Gottes, daß das Auge, das nicht war, rot glühte, und der eherne Turm glühte gleichermaßen in schwelendem, rußigem Rot.
Angst vor dem entstellten Gott erfaßte die sonst so furchtlosen Männer, als sie das Turmgemach durchquerten, erfüllt von schrecklicher Furcht vor dem entstellten Gott, der im Schlaf in seiner ewigen Pein sich regte.
In der Kammer dahinter stand die eherne Truhe, in der Tausende und Abertausende von Jahren bereits das Auge Aldurs ruhte. Und voller Furcht blickten sie auf die Truhe; denn sie wußten von der Macht des Juwels.
Und Cherek Bärenschulter, König der Alorner, sprach zu Belgarath, dem Zauberer: »Nehmt Ihr das Auge und bringt es dem rechtmäßigen Besitzer zurück, Eurem Meister.«
Da entgegnete Belgarath, der Jünger Aldurs: »Nein, König der Alorner. Ich wage nicht, es zu berühren, ja nicht einmal, es zu erschauen. Es wäre mein sicheres Ende. Niemand darf das Auge mehr berühren, es sei denn, er ist ohne jedes Arg. Nur von einem, der es nicht benutzt, läßt es sich in die Hand nehmen. So beschützt das Auge sich selbst und die Götter und die Menschen und die ganze Welt. Denn wisset, dereinst wurde es benutzt, die Erde zu spalten, und das wird es nie mehr dulden. Wenn einer hier selbstlos und von reinem Herzen ist, ohne einen Gedanken an Gewinn oder Macht, der nehme das Auge und trage es bis ans Ende unserer Reise, auf eigene Gefahr.«
Cherek Bärenschulter sprach mit düsterer Miene: »Wer kann sicher sein, daß seine Seele ganz und gar rein ist?« Er streckte eine Hand aus, und als sie der ehernen Truhe nahe war, fühlte er die große Hitze des Auges in ihrem Inneren, und er mußte sich eingestehen, daß er unwürdig war. Bitter war diese Erkenntnis. Und er wandte sich ab.
Dras Stiernacken, sein ältester Sohn trat vor und streckte beide Hände aus und legte sie auf die Truhe. Dann zog er sie zurück und weinte.
Algar Flinkfuß trat vor und streckte seine Hand aus. Und auch er zog sie zurück und wandte sich ab.
Riva Eisenfaust jedoch trat an die Truhe, öffnete sie, griff hinein und holte das Auge heraus. Und wisset, das Feuer des Auges leuchtete zwischen seinen Fingern – ja selbst durch das Fleisch seiner Hand – und es verbrannte ihn nicht.
»Hört!« sprach Belgarath, der Zauberer zu Cherek Bärenschulter. »Euer jüngster Sohn ist rein und ohne Arg. Und sein Los wird es sein, und das Los aller, die nach ihm folgen, das Auge zu tragen und vor dem Bösen zu bewahren.«
»So sei es«, bestätigte Cherek, König der Alorner, »und ich
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