Das Auge der Ueberwelt
hinausgeschleudert.
Ein Monat verging, und Cugel wurde in seiner Rolle als Usurpator des Hauses allmählich etwas zuversichtlicher. Bauern aus einem benachbarten Dorf brachten ihm Naturalien, und als Gegenleistung verrichtete er an kleinen Dienstleistungen, was er konnte. Eines Tages, als er die Glasröhre mit Iucounu auf einem Handkarren zum Haus zurücktransportierte, nachdem er den hilflosen Zauberer auf dem Jahrmarkt von Azenomai gegen Eintrittsgeld zur Schau gestellt hatte, begegnete ihm Fianosther, der in scherzhafter Überraschung von Cugel zur Röhre und zurück blickte. »Cugel!« rief er. »Cugel der Schlaue! Dann sind die Gerüchte also wahr! Sie sind jetzt Herr von Iucounus Haus und seiner großartigen Sammlung von Instrumenten und Seltsamkeiten!«
Cugel gab zuerst vor, Fianosther nicht wiederzuerkennen, dann gab er sich kühl und herablassend. »Ganz recht«, sagte er. »Wie Sie sehen, hat Iucounu beschlossen, sich aus den weltlichen Angelegenheiten weitgehend zurückzuziehen. Nichtsdestoweniger ist sein Haus ein Labyrinth aus Fallen und tödlichen Zauberkräften; mehrere ausgehungerte Bestien umschleichen das Gebäude bei Nacht, und ich schütze die Eingänge durch einen besonders gewalttätigen Zauber.«
Fianosther schien Cugels abweisende Haltung nicht zu bemerken. Er rieb sich die fetten Hände und fragte eifrig: »Da Sie nun Besitzer einer umfangreichen Sammlung von Kuriosa sind, werden Sie einige der weniger kostbaren Artikel verkaufen?«
»Ich habe es weder nötig, noch bin ich dazu geneigt«, antwortete Cugel. »Das Gold in Iucounus Truhen wird reichen, bis die Sonne ausgeht.« Und beide Männer blickten, wie es die Gewohnheit ihrer Zeit war, zum Tagesgestirn auf, um seine Farbe zu prüfen.
Fianosther machte eine anmutige Handbewegung. »In diesem Fall wünsche ich Ihnen einen guten Tag, und das gleiche wünsche ich Ihnen.« Die letzten Worte waren an Iucounu gerichtet, der nur einen verdrießlichen Blick zurückgab.
Zu Hause angelangt, hängte er die Röhre wieder in die Halle, setzte sich zu Tisch und ließ sich die von seinen beiden anmutigen Dienerinnen Jince und Skiwee aufgetragene Mahlzeit schmecken. Nach dem Essen widmete er sich wieder seinen Studien. An diesem Abend galten sie dem Zauber der Fernverschickung, durch den Iucounu ihn in die nördlichen Einöden transportiert hatte. Es war ein Zauber von großer Kraft, der einer kühnen und absolut präzisen Beherrschung bedurfte, und Cugel fürchtete anfangs, er werde die erforderliche Sicherheit nie erreichen. Dennoch ließ er sich nicht entmutigen, und nach erneuerten Anstrengungen glaubte er diesen wie auch den Zauber der endgültigen Verkapselung je nach Bedarf wirksam anwenden zu können.
Zwei Tage später war es, wie Cugel erwartet hatte: es klopfte, und Fianosther stand vor der Tür. »Guten Tag«, sagte Cugel freudlos. »Ich bin indisponiert und muß Sie bitten, augenblicklich wieder zu gehen.«
Fianosther breitete die Arme aus. »Die Nachricht von Ihrer Erkrankung erreichte mich, und meine Sorge war so, daß ich gleich mit einem Opiat hierher eilte. Erlauben Sie mir, hereinzukommen« – damit drängte er sich an Cugel vorbei – »und ich werde Ihnen die passende Dosis abfüllen.«
»Ich leide an einer geistigen Krankheit«, sagte Cugel bedeutungsvoll, »die sich in Ausbrüchen von wütendem Jähzorn manifestiert. Ich rate Ihnen dringend, dieses Haus zu verlassen, damit ich Sie nicht in einem unkontrollierbaren Anfall mit dem Degen in Stücke zerteile oder durch Magie vernichte.«
Fianosther verzog unbehaglich das feiste Gesicht, fuhr aber in unerschütterlichem Optimismus fort: »Auch gegen dieses Leiden trage ich einen Trank bei mir.« Er brachte eine schwarze Flasche zum Vorschein. »Nehmen Sie einen einzigen Schluck, und Ihre Ängste und Bedrückungen werden von Ihnen weichen.«
Cugel umfaßte den Knauf seines Degens. »Es scheint, daß ich ohne Zweideutigkeit sprechen muß. Ich befehle Ihnen: gehen Sie und lassen Sie sich niemals wieder blicken! Ich kenne den Zweck Ihres Besuchs und warne Sie, daß Sie in mir einen weniger nachsichtigen Feind als Iucounu finden werden! Also verschwinden Sie jetzt! Oder ich füge Ihnen den Zauber des makroiden Zehs zu, worauf das betroffene Glied zu den Proportionen eines Hauses anschwillt.«
»So sieht es also aus!« schrie Fianosther wütend. »Die Maske ist gefallen! Cugel der Schlaue enthüllt sich als ein undankbarer Verräter! Fragen Sie sich selbst: wer drängte Sie, das
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