Das Auge der Wüste: Das Geheimnis von Askir 3 (German Edition)
mit Euch, Havald.«
Sie sah mich kurz prüfend an. »Folgt mir.« Ich hätte schwören können, dass sie hinter ihrem Schleier lächelte.
»Aber Herrin …«, protestierte Hahmed vom Boden aus. Sie warf ihm nur einen vernichtenden Blick zu. Ich folgte.
»Wisst Ihr«, sagte sie, als wir einen langen Säulengang entlang gingen, »hättet Ihr Euch gefügt, wäre ich enttäuscht gewesen.«
Ein Dienstbote sah uns, verbeugte sich tief und eilte ohne aufzusehen weiter.
»Es hat wenig mit Fügen zu tun«, sagte ich höflich. »Ich kann mein Schwert nicht allein lassen.«
»Das ist nicht der Grund. Ihr seid erbost und empfandet die Behandlung als eine Unverschämtheit«, sagte sie mit einem amüsierten Unterton in der Stimme.
»Ja.« Wenn sie direkt sein wollte, kam mir das entgegen.
Sie steuerte auf eine Tür zu, vor der zwei Wachen standen. Als sie mich bemerkten, straffte sich ihre Haltung, und ihre Hände fanden die Griffe ihrer Schwerter.
Die Essera beachtete sie nicht im Geringsten und ging einfach weiter. Einer der Wächter warf mir einen fast panischen Blick zu, entschied sich aber, die Tür zu öffnen, bevor die Mutter des Emirs dagegenlief.
Ich folgte ihr in den Raum hinein.
Es war definitiv kein Audienzzimmer, dazu war es zu gemütlich. Auch hier sprudelte ein kühlender Springbrunnen; in einem großen Käfig flatterten ein halbes Dutzend farbenprächtige Vögel auf. Ein niedriger Tisch mit bequemen Kissen lud zum Sitzen ein, und durch die offenen Fenster sah ich auf einen grünen Garten.
Aber meine Aufmerksamkeit galt einer jungen Frau, die sich erhob und vor mir verbeugte.
Zuerst erkannte ich sie nicht wieder, trotz der ausgeprägten Ähnlichkeit mit Marinae. Dann erinnerte ich mich an Blut und eine fürchterliche Wunde. Nichts war mehr davon zu bemerken, nur ihr Gesicht erschien mir zu ernst für jemanden ihres Alters.
»Ich begrüße Euch, Saik Havald. Möget Ihr Frieden auf Euren Wegen finden«, sagte sie mit einer Stimme, um die sie jeder Barde beneidet hätte.
Sie war, wie ich schon bemerkt hatte, in Größe und Statur ihrer Schwester ähnlich, jedoch etwas schlanker. Aber ihr Verhalten wirkte anders, ruhiger, überlegter, und ihre dunklen Augen waren traurig. Erst als ich einen Blick in diese Augen tat, erinnerte ich mich daran, dass ihre Familie den Verlust einer Tochter, Enkelin und Schwester beklagte.
Ich verneigte mich. »Mögen Euch die Götter schützen und Euch Weisheit für Euren Weg gewähren«, sagte ich und war nicht viel weniger überrascht von meinen Worten als sie. Sie zog eine Augenbraue hoch und sah dann fragend zu ihrer Großmutter herüber.
»Dein Vater ist unterwegs«, sagte Essera Falah, dann wurde auch schon die Tür aufgestoßen und der Emir stürmte herein. Er sah mich und erbleichte, wich einen Schritt zurück, bevor er sich fasste. »Also seid Ihr ein Mann aus Fleisch und Blut«, sagte er dann.
»Hoheit, Ihr habt …«, setzte ich an, wobei ich mich wiederum verbeugte.
Er hob die Hand. »Vergesst es. Setzt Euch. Ich bin Erkul, das ist meine Mutter Falah und dies meine Tochter Faihlyd. Wir werden uns die Titel denken.«
Ich glaube, mir fiel meine Kinnlade herunter.
Für einen Moment sah ich Heiterkeit in den Augen der drei, dann schwand sie wieder.
Als ich mich setzen wollte, nahm ich Seelenreißer in die Hand, um es aus dem Schwertgehänge zu lösen, und alle drei zuckten zusammen und starrten mit Angst in den Augen auf mein Schwert. Aber keiner sagte etwas. Langsam legte ich es auf dem Boden neben einem der Sitzkissen ab, so weit entfernt, dass ich es gerade noch ergreifen konnte.
»Verzeiht«, sagte Falah mit einem etwas unsicheren Lächeln. »Ich glaube, es war noch nie ein Schwert in diesen Räumen.«
Ich setzte mich, und die Herrscherfamilie tat es mir nach. Ich schloss die Augen und massierte mir die Schläfen. »Was ist hier los? Ich bin es nicht gewohnt, dass Herrscher mich so familiär empfangen oder warten, bis ich mich setze. Ich befürchte, es liegt eine Verwechslung vor.«
»Ihr wart im Tempel des Soltar«, sagte Falah. Es klang Beunruhigung in ihrer Stimme, aber auch Stahl.
»Ja.«
»Faihlyd«, sagte ihr Vater, »erzähl ihm, was du gesehen hast.«
Die Prinzessin ließ ihren Blick einen Moment auf mir verweilen, bevor sie der Aufforderung ihres Vaters nachkam.
»Ich starb an jenem Tag auf dem Platz der Ferne«, sagte sie mit ihrer weichen Stimme. Ihre Augen sahen nun an mir vorbei. »Ich sah, wie der Greif mich zerfleischte, wie die
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